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BLUTIGER FANG (German Edition)

BLUTIGER FANG (German Edition)

Titel: BLUTIGER FANG (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Pflock
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sei denn in Form eines afrikanischen Gewitters in der Nacht, das den Opfern die Sicht und vor allem die Witterung irritierten. Aber sonst waren Stille und Ruhe das Katzenmedium schlechthin. Licht, Lärm und Mordstheater wären Bronco jetzt deutlich lieber gewesen als diese gruselige Stille.
    Wie mechanisch zog er eine der Pistolen aus dem Gürtel und war dabei so in die Wahrnehmung der Umgebung vertieft, dass er nicht wusste, ob er eigentlich die geladene oder die ungeladene Waffe in der Hand hielt. Denn eines spürte er ganz deutlich: Er war bereits durch das Alleinsein in der Opferposition. Wäre noch ein anderer hier gewesen, so hätte sich die Chance, bei einem Angriff selbst dran zu sein, schon um fünfzig Prozent reduziert. Und das galt natürlich erst recht bei noch mehr Leuten. Bronco sah im Geiste große Herden afrikanischer Pflanzenfresser und jetzt ging ihm vor diesem Hintergrund ein Licht auf. Immer schon hatte er sich gefragt, warum diese meist so treudoof dreinblickenden Antilopen in diesen dämlichen Ansammlungen herumstanden. Herde bedeutete ganz einfach Schutz für das Einzeltier. Herde gleich Schutz, Alleinsein gleich Tod. Das war eine einfache Formel, deren Wirksamkeit er jetzt selbst zu spüren bekam, denn er war allein.
    Mit der Waffe in der Hand schlich er durch die Damenschuhabteilung und hielt auf den Hauptdurchgang zu. Auch der schien ihm jetzt sicherer zu sein als das Durchwandern irgendwelcher Regalwälder, wo hinter jedem Strauch ein Löwe sein konnte, der dann nur noch einen Satz zu machen brauchte. Der Hauptdurchgang hatte den Vorteil freier Bahn und eines gewissen Aktionsradius. Wenn ihn dort ein Löwe angriffe, so hätte er noch die Möglichkeit zu schießen. Das war bei einem Überraschungsangriff zwischen den Regalen kaum möglich, da wäre er gleich geliefert. Er hatte ja gesehen, wie schnell das gegangen war. Sein einziger Vorteil war, dass er im Gegensatz zu den Nachtwächtern um das Vorhandensein der Löwen wusste. Er hatte sie gesehen und traute seinen Sinnen – und das reichte ihm.
    Endlich war er am Hauptdurchgang.
    Bevor er hinaustrat, sichtete er nochmals alle Seiten ab und blickte zur Rolltreppe, auf deren Stufen irgendwo sein Handy liegen musste.
    Bronco ließ jedoch von dem Vorhaben ab, es gleich zu suchen. Viel wichtiger war ihm der Stand der Dinge bei Kramer und Linda. Das hatte Vorrang.
    Nun spürte er wieder ganz deutlich: Er hatte Angst. Eine gewaltige Angst, die ihm das Bedürfnis eingab, unter Menschen zu sein. Und zwar unter unversehrten Menschen, auch wenn einer davon Joel Kramer heißen sollte.                                  

27
     
    Linda legte Joel den Knebel wieder an und zog ihn ziemlich fest, weil sie von seinem Gerede genauso genervt war wie von dem Liebesgeständnis überrascht.
    Sie ertrug sein Geschwätz nicht mehr, gerade weil sie im Grunde wusste, dass er mit dem, was er sagte, so daneben nicht lag. Das Problem war nur, dass es ihr nicht in den Kram passte. Sie hatte nichts gegen Wahrheit oder tolle Einsichten. Doch sie mussten schon zu dem passen, was sie für richtig hielt. Und für richtig hielt sie, was Bronco machte.
    Da Joel geknebelt auf dem Boden saß, herrschte Ruhe in der Abteilung.
    Unbewegt stand Linda am Regal und blickte unablässig zu den Rolltreppen.
    Plötzlich löste sich aus der Dunkelheit eine Gestalt, die sie rasch identifizierte, wobei ihr Herz auf und nieder sprang.
    Bronco kam immer näher.
    Linda rannte ihm entgegen.
    Warum hatte er eine Waffe in der Hand? Sein geduckter Schleichgang wurde zunehmend aufrechter, bis er in eine normale Haltung überging.
    „Was ist denn, Honey? Gott, Bronco, wir haben Schüsse gehört! Was war denn?“    
    Bronco umarmte sie, hielt sie fest, atmete durch und sagte leise: „Meine Fresse, da war vielleicht was los. Das hättest du sehen sollen! Heilige Scheiße auch.“    
    Linda spürte die Heftigkeit seiner Umarmung, die sie so noch nicht gekannt hatte. Sie sah ihn an.
    „Es sind Löwen, Linda. Kramer hatte Recht: Es sind tatsächlich die Löwen aus dem Park im Restaurant drin.“
    „Löw en ? Du meinst, es sind mehrere?“    
    „Ja, drei. Einer wurde von dem Wächter niedergemacht.“    
    „Ist dir was passiert?“ Sie löste sich aus der Umarmung und sah an ihm hinunter und wieder hinauf. Er schien nicht verletzt zu sein.
    „Mit mir ist alles in Ordnung“, sagte er, „ich bin nicht verletzt. Sag: Wo ist Kramer?“    
    „Der

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