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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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keine Waffe.
    Rator hörte, wie lange Krallen sich vom Felsen abstießen. Sofort schnellten seine Arme in die Höhe und versuchten, den Wolf zu packen. Die Tiere waren nicht dumm, wenn es um das Jagen ging. Sie wussten, dass sie einen Gegner von der Größe eines Ogers nur besiegen konnten, wenn sie ihn an der Kehle zu packen bekamen. Sich in seinem Bein zu verbeißen oder nach den Armen zu schnappen, in der Hoffnung, den schweren Krieger umzureißen, war sinnlos. Wölfe brauchten einen schnellen sauberen Tod, wenn sie sich einen Gegner suchten, der ihnen überlegen war, die Kehle war der einzig richtige Punkt dafür. Im Gegensatz dazu reichte ein einziger Hieb eines Ogers auf das Rückgrat oder den Schädel des Wolfes aus, um ihn zu töten.
    »Sie kommen«, schrie Trumbadin in der Hoffnung, den Oger rechtzeitig warnen zu können.
    Beinahe hätte der Wolf Rator doch umgerissen. Der Oger hatte die Größe und das Gewicht des Tieres unterschätzt. Der Frostriese hatte ihm zwar einen erlegten Schattenwolf in die Höhle geworfen, doch Rator hatte nur wenig Zeit damit verbracht, die fremdartige Bestie zu untersuchen. Eine Stunde nachdem er das unverhoffte Geschenk erhalten hatte, war der Wolf gehäutet, ausgenommen und zerkleinert worden und röstete über den bläulichen Flammen.
    Das geschmeidige Fell des Leitwolfs glitt durch Rators Finger, und der nach hinten schmaler werdende Brustkorb schlüpfte durch seinen Griff. Erst an den Hinterläufen bekam er das Tier richtig zu packen. Die gierige Schnauze schnappte nach seinem Hals, doch der Oger drehte noch rechtzeitig den Kopf weg. Dafür bohrten sich ihm die langen spitzen Fangzähne in Kinn und Wange.
    Rator löste eine Hand von den Hinterläufen des Wolfes und packte den Schädel des Tieres. Seine Hand legte sich über die Schnauze und drückte die Lefzen auseinander. Jaulend öffnete der Wolf seine Kiefer. Die freien Pfoten schlugen wild um sich und bohrten ihre scharfen Krallen in Rators Unterarm.
    In der Zwischenzeit hatte sich ein Tier des Rudels in die Wade des Ogers verbissen und versuchte, einen Fetzen Fleisch aus dieser herauszureißen. Ein anderes Tier näherte sich von vorn, bekam Rators Bein aber nicht zu fassen, sondern nur die Lederbänder der hochgeschnürten Sandalen, und zerrte unverdrossen daran herum. Einer der Wölfe jaulte auf, als Trumbadin ihm das bronzene Kurzschwert durch die Brust bohrte. Das Tier stürzte sich im verzweifelten Todeskampf auf den bärtigen Gelehrten und begrub ihn mit seinem ganzen Gewicht unter sich.
    Trumbadin versuchte, sich gegen die Attacken eines weiteren Wolfes zu wehren, indem er mit dem Kurzschwert nach den Beinen des Tieres schlug. Rator umfasste mit beiden Händen den Kopf des Leitwolfes und schleuderte ihn zu Boden. Immer wieder riss er den Wolf in die Höhe, um ihn sofort danach abermals auf die schroffen Felsen zu schlagen. Fünf-, sechsmal wiederholte er die Prozedur, bis er keine Gegenwehr mehr spürte. Dann zog der Kriegsoger das Bein in die Höhe, in das sich die andere Bestie verbissen hatte. Er stampfte wieder auf und begrub die Hinterläufe des Wolfes unter seinem Fuß. Mit einem Griff nach hinten packte er den Kopf der Bestie und riss diesen mit Gewalt herum. Knirschend brach das Genick des Wolfes. Ein anderes Tier jaulte hinter Rator auf, als Trumbadin sein Kurzschwert über die Vorderläufe des Schattenwolfes schlug.
    »Die Klinge«, rief der Gelehrte mit erstickter Stimme. »Nimm sie. Sie liegt an deinem Fuß.«
    Rator hatte das Klirren nicht gehört, mit dem das Bronzeschwert des Zwerges zu Boden gefallen war. Er tastete im Dunkeln umher und fand die Waffe. Mit einer Hand packte er den Schweif des Wolfes, der weiterhin an seinen Beinbänder zerrte, und stieß die kurze Klinge zwischen dessen Hinterläufe. Mit Gewalt drückte er die Schneide weiter hinein, bis sie sich durch Fell, Fleisch und Knochen gebohrt hatte. Dann war der Spuk plötzlich vorüber.
    »Sie fliehen. Wir haben es geschafft«, rief Trumbadin. »Wir haben sie in die Flucht geschlagen.«
    Rator tastete im Dunkeln nach dem Zwerg und befreite ihn von dem Leib des getöteten Wolfes. Sofort kramte Trumbadin zwei Flintsteine aus der Tasche hervor und entzündete mit einigen geschickten Funkenschlägen die zertretene Fackel neu. Aufrecht hüpfte der Zwerg umher und focht mit seinem Bronzeschwert gegen einen unsichtbaren Gegner.
    Rator hatte schon fast vergessen, wie es war, seinen ersten Sieg nach Hause zu tragen - so viele Jahre war es her,

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