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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Dann entdeckte sie drei Polizisten, die am Rand der Piazza patrouillierten und entschied, dass es keine gute Idee wäre, ausgerechnet hier auf Anmache zu gehen. Eine Verhaftung wäre nicht nur äußerst unangenehm - sie könnte tödlich enden.
    Sie öffnete ihren Rucksack und kramte fieberhaft darin herum. Vielleicht war da irgendwo noch ein Bündel Scheine, das sie vergessen hatte, vielleicht rollten ja ganz unten noch ein paar lose Münzen herum. Eine sehr vage Hoffnung - wo sie doch jeden Cent zweimal umdrehte. Sie fand eine Rolle Pfefferminz, einen Kuli, aber kein Geld.
    Was sie allerdings fand, war eine Visitenkarte mit dem Namen Filippo Cavalli. Sofort hatte sie sein Gesicht wieder vor Augen. Der Lastwagenfahrer mit den lüsternen Augen. »Wenn du eine Unterkunft brauchst«, hatte er gesagt, »ich habe eine Wohnung in der Stadt.«
    Ob du's glaubst oder nicht - ich brauche tatsächlich eine Unterkunft.
    Sie saß auf der Treppe und rieb stumpfsinnig die Karte zwischen den Fingern, bis sie ganz geknickt und verbogen war. Sie dachte an Filippo Cavalli und seine gemeinen Augen, sein unrasiertes Gesicht. Wie furchtbar konnte es sein? Sie hatte in ihrem Leben schon Schlimmeres getan. Weit Schlimmeres.
    Und ich büße noch immer dafür.
    Sie zog den Reißverschluss des Rucksacks zu und sah sich nach einer Telefonzelle um. Gemeine Augen hin oder her, dachte sie, der Mensch muss schließlich essen.
    Sie stand im Flur vor der Wohnungstür von Nummer 4G, zupfte nervös ihre Bluse zurecht und strich ihr Haar glatt. Dann fragte sie sich wieder, warum sie sich überhaupt die Mühe machte, wenn sie sich daran erinnerte, wie abgerissen der Typ ausgesehen hatte, als sie ihm das erste Mal begegnet war. Lieber Gott, mach, dass er wenigstens keinen Mund geruch hat , dachte sie. Sie hatte ja kein Problem damit, wenn einer fett oder hässlich war. Da konnte sie einfach die Augen schließen oder wegsehen. Aber ein Mann mit stinkendem Atem …
    Die Tür ging auf. »Komm rein«, sagte Filippo.
    Nach dem ersten flüchtigen Blick hätte sie am liebsten auf der Stelle kehrtgemacht und die Flucht ergriffen. Er war genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte, mit seinem stoppligen Kinn, dem gierigen Blick, der sie schon zu verschlin gen schien. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich für ihren Besuch etwas Anständiges anzuziehen, sondern empfing sie in einem ärmellosen T-Shirt und einer ausgebeulten Hose. Wieso hätte er sich auch herausputzen sol len? Sicherlich wusste er, was sie hergebracht hatte - und es war weder sein wohlgeformter Körper noch sein sprühender Witz.
    Sie betrat seine Wohnung, in der die Gerüche von Knoblauch und Zigarettenrauch um die Vorherrschaft wetteiferten. Abgesehen davon war es gar nicht so schlimm, wie sie gedacht hatte. Sie sah eine Couch und Sessel, ordentlich gestapelte Zeitungen, einen Beistelltisch. Der Blick aus der Balkontür ging auf einen anderen Wohnblock. Durch die Wände hörte sie den Fernseher des Nachbarn plärren.
    »Ein Glas Wein, Carol?«
    Carol. Fast hätte sie vergessen, welchen Namen sie ihm genannt hatte. »Ja, bitte«, antwortete sie. »Und … hättest du vielleicht auch was zu essen?«
    »Essen? Ja, natürlich.« Er lächelte, doch der lüsterne Blick wich nicht aus seinen Augen. Er wusste, dass dies alles nur das höfliche Geplänkel vor dem eigentlichen Geschäft war. Er stellte ihr Brot, Käse und eine kleine Schüssel mit eingelegten Pilzen hin. Nicht gerade ein Festmahl, eher ein Imbiss. Das war sie ihm also wert. Der Wein war billig, herb und sauer, aber sie trank dennoch zwei Gläser davon zum Essen. Bei dem, was danach kam, wäre es besser, betrunken zu sein als nüchtern. Er saß ihr am Tisch gegenüber und beobachtete sie, während er an seinem eigenen Weinglas nippte. Wie viele Frauen waren vor ihr schon in diese Wohnung gekommen, hatten an diesem Küchentisch gesessen und sich innerlich für das Nachspiel im Schlafzimmer gewappnet? Sicherlich war keine von ihnen freiwillig gekommen. Wie Lily hatten sie wahrscheinlich ein Glas oder auch zwei oder drei gebraucht, bevor es zur Sache gegangen war.
    Er streckte die Hand nach ihr aus. Sie verharrte regungslos, als er die beiden obersten Knöpfe ihrer Bluse öffnete. Dann setzte er sich zurück und genoss grinsend den Blick in ihren Ausschnitt.
    Sie versuchte, ihn zu ignorieren, und nahm sich noch ein Stück Brot. Dann leerte sie ihr Weinglas und goss sich noch einmal ein.
    Er stand auf, ging um den Tisch herum und

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