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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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können Sie mir verraten, wie ich diesen Fluch kontrolliere?« Will dachte nach. »Die Schriftzeichen in der Kammer!«, sagte er schließlich. »Vielleicht verraten sie uns mehr über das, was der Maitre mit dir gemacht hat?« Er wandte sich an Justine, die mit ihrer Körperhaltung unmissverständlich machte, dass sie durchaus gewaltbereit war. »Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, was passiert ist. Davon profitieren wir doch alle!« Justine bedachte ihn mit einem falschen Lächeln. »Du bist ein kleiner Friedensengel, Will, oder? Kann man davon leben?«
    »Ich bin Florist«, antwortete er lahm - und Justine lachte laut auf: »Mon Dieul Das erklärt es natürlich«, gluckste sie. »Un marchand de fleurs - c'est chou!« Sie warf den Zigarillorest auf die Dielen und trat ihn mit dem Absatz aus. »Also los. Sehen wir uns an, was die Schrift an der Wand verkündet. Sehr biblisch, n'est-ce pas?«
    Sie verließen das Haus durch das Fenster. Will nahm sein Handy heraus, um die Polizei sicherheitshalber vorab in Kenntnis zu setzen, dass er sich zu Hause umsehen wollte; irgendwie musste er es hinbekommen, dass sie ihn danach nicht sofort zum Verhör mitnahmen. Aber plötzlich hielt er sein Telefon nicht mehr in den Fingern - Justine hatte es mit einer blitzartigen Bewegung gestohlen.
    »Un moment«, bat sie und hob abwehrend die rechte Hand, als er protestieren wollte, während sie mit der anderen bereits wählte. »Ich muss nur meine ...« Sie stockte, lauschte und drehte sich weg. Offenbar war der gewünschte Gesprächspartner nicht zu erreichen; sie tippte eine weitere Nummer ein.
    Diesmal wurde es ein längeres Gespräch. Justine wanderte auf dem Plattenweg auf und ab, rauchte ein Zigarillo nach dem anderen und gestikulierte, als stünde sie leibhaftig vor einem Menschen und müsste ihn damit beeindrucken.
    Will sah verstohlen zu Saskia, die sich gegen den Zaun gelehnt hatte und auf ihre Fußspitzen starrte. Er wusste nicht, was in ihr vorging. Verarbeitete sie das Geschehen? Trauerte sie? Stand sie kurz davor, den Verstand zu verlieren? Den Gedanken verwarf er wieder; sie machte einen starken Eindruck.
    Er wunderte sich selbst, wie er das, was mit ihm geschah, wegsteckte. Womöglich war es der konstante Stress. Würde er, sobald ein bisschen Ruhe einkehrte, unter der Last des Erlebten zusammenbrechen?
    Will stellte sich neben Saskia. »Frag nicht, ob alles in Ordnung ist«, warnte sie ihn mit spröder Stimme.
    »Tue ich nicht. Ich wollte gar nichts sagen«, gestand er.
    Sie wandte ihm langsam den Kopf zu; die graugrünen Augen suchten seinen Blick. »Wie machst du das?«, fragte sie.
    »Was?«
    »So ruhig und gefasst zu bleiben.« Saskia schauderte. »Ich kenne ein paar ordentliche Horrorfilme ... aber was ich gestern und heute gesehen habe, das übersteigt alles!« »Weil es echt war und du nicht einfach die DVD abschalten konntest, wenn es dir zu viel wird«, führte Will ihren Gedanken fort und zeigte ihr so, dass es ihm ähnlich ging.
    Sie fuhr sich mit der Linken über den Arm. »Ich war voller Blut! Blut meines Freundes!«, erzählte sie leise. Dann gab sie sich einen Ruck und atmete tief durch. Hastig wischte sie eine Träne weg. »Also, wie machst du das?«, wiederholte sie.
    Will versuchte ein aufmunterndes Lächeln, aber es fiel wahrscheinlich nicht so positiv aus, wie er hoffte. »Ich akzeptiere es«, gab er zur Antwort und roch plötzlich den Gestank aus dem Pestlazarett. Es war so echt gewesen! »Vielleicht habe ich auch einen Vorteil, weil ich eine andere Religion habe als du. Die Schar der Götter, Geister und Dämonen im Hinduismus ist nahezu unüberschaubar. Natürlich ist das, was uns geschehen ist, schrecklich, aber ... also ... es bestätigt auch das, an was ich seit vielen, vielen Jahren glaube.« Er konnte nicht verhindern, dass ihm dabei ein Schauer über den Rücken lief. Ganz so leicht fiel es ihm nicht, souverän mit dem Übernatürlichen umzugehen. Doch Will merkte, dass ihm das Reden darüber mehr von der Selbstsicherheit gab, die er jetzt brauchte. Und Saskia ebenso. »Wir haben es mit Mächten zu tun, die normale Menschen nie zu Gesicht bekommen. Was nutzt es, sich dem zu verschließen und sich eine vermeintlich rationale Erklärung aufzuzwingen? Ich konzentriere mich auf unser nächstes Ziel, die Kammer.«
    »Das sollte ich wohl auch tun.« Saskia atmete erneut durch und wirkte nun gefasster. Sie lächelten sich an und sahen einander in die Augen; Will wurde klar, dass sie gerade ein

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