Blutrausch
der beiden Mädchen in sein Handy.
– Danke fürs Warten.
Ich stehe auf. Phil steht auch auf.
– Also, Jungs. Wo geht’s hin?
Ich lege eine Hand auf Philips Schulter und drücke ihn auf seinen Stuhl zurück.
– Du bleibst hier, Phil.
Er will wieder aufstehen.
– Aber...
– Genau hier.
Er bleibt. Wir gehen.
– Hey, Kleines. Nein, bin noch auf. Weiß noch nicht, bin gerade unterwegs nach Hause. Jetzt gleich? Wirklich gern, Kleines, bin aber im Moment wahnsinnig beschäftigt. Was? Nein, keine Sorge. So was würde ich nie tun. Ehrlich. Und wenn ich könnte, würde ich sofort zu dir kommen. Aha? Soso? Du bist aber ein schlimmes Mädchen, weißt du das? Ja, das bist du. Okay. Mach ich. Bis später.
Der Graf lässt sein Handy zuschnappen.
– Sorry. Sie ist nicht meine Freundin. Wär’s aber gerne. Ich könnte sie ja zum Teufel schicken, aber, hey, schade um den schnellen Fick, du verstehst?
– Klar doch.
– Hab ich mir gedacht. Hier sind wir.
Es ist ein altes Backsteingebäude gleich neben der El Iglesia de Dios auf der 6th zwischen der B und C. Das Gebäude ist mit Türmchen versehen, Dach und Giebel sind mit Kupfer verkleidet.
– Hier wohnst du?
– Ja, klar. Wirkt ein bisschen wie ein Schloss, oder? Darauf hatte ich es aber eigentlich gar nicht angelegt.
Durch die Glastür kann ich in die frisch renovierte Lobby sehen.
– Ich meinte auch eher, was das kostet.
Er zieht einen Schlüsselbund aus der Tasche.
– Ach so. Ich habe so eine Art Treuhandfonds im Hintergrund, aus dem ich mich bedienen kann. Geld spielt keine Rolle.
Ich schaue auf die Uhr. Gleich Viertel vor sechs. Mitte Januar. Sonnenaufgang kurz nach sieben. Der Himmel ist bedeckt. Selbst wenn ich erst um sieben hier rauskomme, sollten mich die paar UV-Strahlen, die durch die Wolkendecke dringen, nicht ernstlich beschädigen. Der Graf folgt meinem Blick.
– Keine Angst vor der Sonne. Du kannst den Tag über bleiben. Ich hab ein paar Mädels am Start. Die sind ganz wild auf ’ne Party.
– Danke, aber ich will nur kurz mit dir reden. Dann hau ich wieder ab.
– Wie du meinst.
Er öffnet die Tür.
Mit dem Aufzug fahren wir nach oben. Der Graf starrt auf die Stockwerksanzeige.
– Gut, dass du Philip losgeworden bist. Der Typ hängt manchmal an einem wie eine Klette.
– Ziehst du öfter mit ihm um die Häuser?
– Nicht wirklich. Aber irgendwie taucht er immer auf. Er kriegt sofort mit, wenn irgendwas abgeht. So ist er eben. Nicht, dass ich ihn nicht leiden kann. Aber er ist einfach so ein...
– Renfield.
– Ja, genau. Ich wollt’s nicht so deutlich sagen. Dachte, er ist vielleicht ein Freund von dir.
– Er ist kein Freund.
Der Aufzug hält an, und die Türen öffnen sich. Er führt mich durch das vierte Stockwerk bis zum Ende des Flurs. Als er gerade den Schlüssel ins Schloss stecken will, öffnet sich die Tür. Ein Mädchen Mitte zwanzig in einem pinkfarbenen Minirock und schwarzem Lederjäckchen, die sich ihr blondes Haar wie ein Schulmädchen zu Zöpfen geflochten hat, springt ihm in die Arme.
– Hey, Baby.
Sie schlingt ihre Beine um seine Hüfte und presst ihren Mund gegen seinen. Nach ein paar Sekunden Knutscherei befreit der Graf zumindest sein Gesicht.
– Hab einen Kumpel dabei.
Sie wirft mir einen Blick zu.
– Hey, Kumpel.
Ich nicke.
Sie springt von ihm herunter.
– Steht nicht einfach nur so rum. Wir haben ’ne Party am Laufen.
Sie wirbelt herum und hüpft davon.
Der Graf geht voraus. Sein Handy klingelt. Er sieht auf das Display.
– Da muss ich ran. Geh schon mal vor.
Er klappt das Handy auf und quasselt los. Ich trete ein, und die Tür schließt sich hinter mir.
Er wohnt in einem Loft, das in mehrere Schlafbereiche unterteilt ist. Einer ist durch spanische Wände abgetrennt, auf die Bilder aus Modemagazinen geheftet sind. Ein anderer verbirgt sich hinter Bambusjalousien. Der letzte befindet sich hinter ein paar alten Türen, die offensichtlich vom Sperrmüll stammen. Der eigentliche Wohnbereich besteht zu einem Drittel aus einer total verwüsteten Küche, der Rest aus einem Sammelsurium vergammelter Sofas, Sitzsäcken, einem Fernseher und einer Stereoanlage.
Das Mädchen mit den Zöpfen lässt sich auf einen der Sitzsäcke fallen. Styroporkügelchen quellen aus einer aufgerissenen Naht an der Seite.
– Vorsichtig!
Ein weiteres Mädchen, eine Brünette, in nicht viel mehr als beigefarbenen Moonboots, Höschen und einem scharlachroten Poncho taucht hinter den Türen auf.
–
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