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Blutrausch

Blutrausch

Titel: Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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das Klappmesser.
    Er deutet auf einen Stuhl. Ich setze mich. Er zieht seinen Mantel aus und hängt ihn an einen Haken an der Küchentür. Er blickt mich an. Ich blicke ihn an.
    Er verdreht die Augen.
    – Also?
    – Also, was?
    – Hast du keine Fragen?
    – Doch. Was willst du?
    Er schüttelt den Kopf.
    – Dämliches Weißbrot. Hast du das immer noch nicht kapiert?
    Ich schüttle den Kopf.
    – Ich bin Percy, Arschloch.
    Er macht große Augen und streckt die Finger nach mir aus.
    – Der irre einarmige Neger im Kellerloch ist dein Kontakt!
    Er bringt seine Augen wieder auf Normalgröße.
    – Hast du jetzt ein paar Fragen?
    – Hast du eine Zigarette?
     
    – Komische Sache, das mit den Zigaretten.
    Percy steckt sich eine Pall Mall zwischen die Lippen. Er fischt ein Streichholzbriefchen aus seiner Brusttasche, faltet eines der Hölzer um, so dass der Zündkopf auf dem angerauten Papier zum Liegen kommt, und reißt es mit dem Daumen an. Dann hält er mir die Flamme hin. Ich beuge mich vor und zünde meine Pall Mall daran an. Percy gibt sich selbst Feuer, schüttelt das Streichholz aus, reißt es aus der Packung und wirft es in den rot-weißen Blechaschenbecher zwischen uns.
    Ich nehme einen Zug und atme aus.
    – Wieso?
    – Mit den Zigaretten und dem Vyrus ist es ’ne komische Sache. Das Vyrus geht auf alles los, was man sich nur reinpfeifen kann. Schnaps, Junk, Rattengift, was auch immer. Nichts kann dir was anhaben. Bleibt einfach nicht in deinem Körper. Es gibt keinen einzigen Vampyr-Säufer. Keinen, der auf Drogen ist. Nur die Zigaretten.
    Er formt einen Rauchring.
    – Die schmecken immer. So gut wie damals, als ich noch süchtig nach Nikotin war. Bin ich jetzt nicht mehr, ist klar. Trotzdem brauch ich meine Kippen. Und die schmecken immer.
    Ich nehme einen Zug.
    – Darüber hab ich noch nie nachgedacht.
    – Echt?
    Ich nehme noch einen Zug.
    – Aber du hast recht.
    – Jep. Komisch, oder?
    – Ja. Stimmt.
    Wir rauchen.
    – Also, was willst du hier oben?
    Ich rauche meine Zigarette so weit herunter, dass mir die Glut die Lippen verbrennt. Dann drücke ich sie aus.
    – Der Scheiß, den sie den Hunden und dem Schläger gespritzt haben.
    – Ja?
    – Was geht da vor?
    Er stippt seine Zigarette aus.
    – Das ist ’ne gute Frage.
    An der Decke über dem Spülbecken befindet sich ein großer, brauner Wasserfleck, den er anstarrt.
    – Echt gute Frage. Aber lass mich dich erst mal was fragen.
    – Okay.
    – Hast du den Typen am Becken gesehen? Papa Doc?
    – Ja.
    – Was hältst du von ihm?
    – Sieht nach Konkurrenz für Digga aus.
    Er öffnet den Kühlschrank, zieht zwei Dosen Schaefer heraus und trägt sie zum Spülbecken.
    – Ich will dir mal was über Konkurrenz erzählen.
    Er nimmt zwei Gläser aus dem Küchenschrank.
    – Digga war Luther Xs Mann fürs Grobe. Als sie X das Licht ausgeblasen haben, hat Digga das Kriegsrecht ausgerufen und seine Rhinos aufmarschieren lassen. Wir befinden uns im Belagerungszustand, hat er gesagt. Agenten der Koalition haben unseren furchtlosen Anführer gemeuchelt. Das ist jetzt zwei Jahre her.
    Er öffnet eine der Bierdosen und gießt sie in ein Glas.
    – Und das hat er auch bewiesen. Hat die Köpfe von zwei Koalitionsleuten angeschleppt und behauptet, die beiden hätten Luther die Messer in die Augen gestochen. Das reichte, um alle davon zu überzeugen, die Grenze dichtzumachen und den Gürtel enger zu schnallen. Der ganze Hood stand hinter Digga. Harlem, Washington Heights, Spanish Harlem, Scheiße, sogar die Typen aus der Dominikanischen Republik, die in Inwood daheim sind. Sie alle sind zusammengekommen und haben sich mit Digga verbündet. Aber, wie gesagt, das ist inzwischen zwei Jahre her.
    Er füllt das zweite Glas.
    – Die Zeit vergeht, und die Leute stellen Fragen. Wann wird das Kriegsrecht aufgehoben? Wann finden Wahlen statt? Wann gibt’s einen gewählten Präsidenten? Die Leute fingen an, unruhig zu werden, vor allem ganz bestimmte Leute: Papa Docs ton tons macoute . Die Jungs mit den Sonnenbrillen.
    Er trägt die Gläser zum Tisch und stellt eines vor mich hin.
    – Das läuft jetzt schon fast ein Jahr so. Sie provozieren Digga, schubsen ihn rum und gucken, wie weit sie’s treiben können. Aber Digga lässt sich nicht verarschen. Er spürt, wie der Druck wächst, und sucht nach Gelegenheiten, bei denen die Leute Dampf ablassen können. Manchmal hält er’s für einen schlauen Einfall, Hunde in den Ring zu schicken. Besser, die Viecher bluten zu lassen

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