Blutrubin Trilogie - Band 2: Der Verrat (German Edition)
und Roberts Tod.
Rückblickend musste ich mir eingestehen, dass mein menschliches Leben dagegen der reinste Ruhepol gewesen war und ich eine Leiche höchstens einmal in den abendlichen Nachrichtensendungen zu Gesicht bekommen hatte. Zugegeben, noch vor einigen Monaten war alles wesentlich einfacher und auch um einiges stressfreier gewesen als jetzt, aber es war auch ein Leben ohne James. Mir vorzustellen, ihn nicht an meiner Seite zu haben, verursachte mir eine Gänsehaut. Lieber lebenslang auf der Hut, als einen Tag ohne ihn, dachte ich mir und griff nach einem Handtuch.
Frisch geduscht und umgezogen ging ich wieder nach unten. Aus dem Salon hörte ich aufgeregte Stimmen, die laut miteinander diskutierten. Ich hielt vor der Tür kurz inne und überlegte, ob ich eintreten sollte, entschied mich dann aber dagegen. Für hitzige Auseinandersetzungen hatte ich jetzt nicht die Nerven, also drehte ich mich um und ging nach draußen, an die frische Luft.
An der Einganstüre erblickte ich Bruce, unseren dauergeilen Geist und er zwinkerte mir auch sofort wieder lüstern zu, als er mich sah.
»Würdest du mich auf einen Spaziergang begleiten? Ich möchte nur ungern allein nach draußen«, bat ich ihn. Ich tat dies nicht, weil ich Gesellschaft brauchte, sondern damit James mir keine Vorwürfe machen konnte. Mit Bruce hatte ich schließlich einen mutigen Bewacher an meiner Seite und war nicht alleine. Außerdem musste ich mir eingestehen, dass ich mich selbst um einiges wohler fühlte, wenn er mit mir kam. Ich konnte mich noch zu gut an den Ubour erinnern, der mich vor einigen Tagen überfallen hatte und der immer noch irgendwo da draußen sein musste. Bruce antwortete nicht sofort, sondern sah ungeniert auf meine Brust. Ich schnaubte laut und verdrehte die Augen.
»Es ist mir wirklich sehr peinlich, dass meine Brüste deine Augen so anstarren, aber könnten wir jetzt bitte los?« Er wandte schnell den Blick ab und räusperte sich grinsend, dann nickte er kurz.
Es war schon ein Vorteil, wenn man Geister hatte, die einen beschützten, denn sie waren genauso stark wie Vampire, hatten jedoch einen ganz entscheidenden Vorteil. Egal ob sie materialisiert waren oder nicht, man konnte sie nicht umbringen, denn sie waren schon tot.
Es gab also keinen Weg sie auszuschalten. Sicher, ich als ihre Geisterwächterin konnte ihnen schon einige Unannehmlichkeiten bereiten, da sie meinen Worten Folge leisten mussten. Bisher hatte mir aber noch keiner von ihnen einen Grund dazu gegeben.
Als wir über den Burghof gingen, warf ich einen kurzen Blick auf den kleinen Burggarten und erschauderte. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte die Tür zu erkennen, die sich ganz hinten in der Burgmauer befand. Bruce bemerkte meine Reaktion und strich mir beruhigend über die Schulter.
»Du musst dir keine Sorgen machen, wir haben die Tür gleich nach eurer Abreise zugenagelt«, versicherte er mir. Ich bezweifelte, dass ein paar Nägel einen wild gewordenen Ubour aufhalten würden. Ruckartig blieb ich stehen und starrte auf den Eingang des Wehrturms. Dort unten befand sich der Ubour, den die anderen aus Spanien mitgebracht hatten.
Bruce, der meine Reaktion nicht mitbekommen hatte, lief noch einige Schritte weiter, bevor er bemerkte, dass ich nicht mehr neben ihm war. Dann drehte er sich um und folgte meinem Blick.
Ich biss mir auf die Unterlippe und dachte kurz nach, bevor ich direkt auf die massive Holztür zusteuerte, vor der zwei andere Geister Wache hielten. Sie versteiften sich, als wir auf sie zukamen, doch als sie Bruce erkannten, entspannten sie sich.
»Was hast du denn vor?«, rief Bruce hinter mir, der Schwierigkeiten hatte, meinen Schritten zu folgen.
»Ich will ihn sehen«, sagte ich mit entschlossener Stimme.
»Wen? Den Ubour?«, fragte er ungläubig und hielt mich am Arm fest. »Claire, das ist keine gute Idee. Morgen wird er befragt und vorher solltest du nicht in seine Nähe gehen«, widersprach er. Ich drehte mich zu ihm um und schenkte ihm ein unverfängliches Lächeln.
»Ich will nicht zu ihm in die Zelle, sondern nur einen Blick auf ihn werfen. Außerdem kann ich mich so gleich davon überzeugen, ob bei Balthasar alles in Ordnung ist«, warf ich ein.
Bruce runzelte die Stirn, dann zuckte er mit den Schultern und gab sich geschlagen. An der Tür zum Wehrturm wechselte er einige Worte mit den Wachen, winkte mich anschließend zu sich und gemeinsam stiegen wir die Treppen nach unten.
»Du hättest sie nicht überzeugen
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