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Blutsauger

Blutsauger

Titel: Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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sich selbstbewusst: »Vorschrift – oder? Ein Mann soll nie allein zur Vernehmung einer weiblichen Person gehen, heißt es.«
    Linkohr fühlte sich irgendwie geschmeichelt.
    Doch er blieb in der Schusslinie seines Kollegen, der grinsend anmerkte: »Sollten wir dann nicht lieber noch eine zweite Dame mitschicken, damit wirklich nichts passiert?« Gelächter erfüllte für einen Moment den Raum. Nur Schmittke hielt sich vornehm zurück.
    Linkohr, dessen glücklose und bisweilen sogar dramatische Beziehungen zu Frauen in der ganzen Polizeidirektion bekannt waren, ließ sich nicht beirren. »Und wie sieht’s mit dem Fahrzeug aus? Die Techniker sind hoffentlich am Werk.«
    »Sind sie«, bestätigte Schmittke. »Sie haben schon einiges gefunden und ins Labor geschickt.«
    Ein kurzes Klopfen an der Tür unterbrach die Gespräche. Revierleiter Manfred Watzlaff hatte ohne Aufforderung die Tür geöffnet und begrüßte mit einem freundlichen »Guten Morgen, die Dame, guten Morgen, die Herren« die Runde. »Ich hoff, ich stör nicht die morgendliche Versammlung, aber ich denk, euch beschäftigt die Klinik.«
    Schmittke nickte und bat den Uniformierten leicht genervt mit einer Handbewegung in den Raum.
    »Ich kenn natürlich die Obduktionsergebnisse«, sagte Watzlaff, »und ich will mich gar nicht in eure Konferenz einmischen, aber ihr solltet wissen, dass unsere Unfallermittler gewisse Zweifel haben.«
    »Am Unfall oder …?«, zeigte sich Schmittke pflichtgemäß interessiert, obwohl er natürlich längst wusste, dass Watzlaff mit zu den Zweiflern zählte.
    »Sowohl am Unfall als auch am Diebstahl des Autos. Zum einen kommt uns der Unfallhergang ziemlich seltsam vor und zum anderen scheint der Halter des Fahrzeugs – ein Medizinstudent – nicht gerade eine plausible Erklärung für den Diebstahl zu haben.« Er schilderte die Erkenntnisse, die der Beamte bei der gestrigen Vernehmung von Max Frenzel gewonnen hatte – insbesondere, wie dieser es mit den Autoschlüsseln angeblich handhabte.
    Verunsichertes Schweigen machte sich breit, worauf Watzlaff mit Entschlossenheit reagierte: »Ich halte es für dringend geboten, den jungen Mann genauer unter die Lupe zu nehmen. Seine Kontakte zur Klinik hat er zwar unumwunden zugegeben, aber so ganz sauber ist der Kerl nicht.«
    Schmittke spielte mit seinem Kugelschreiber und dachte nach. Die Kollegen sahen ihn dabei unschlüssig an.
    »Okay«, ließ Watzlaff eine gewisse Resignation durchblicken. Wahrscheinlich hatte er den Versuch, die Angelegenheit der Kripo zu übergeben, wieder einmal verloren. Da entschloss er sich zu einer knappen Bemerkung: »Ich hab jedenfalls meine Pflicht getan, falls die hohen Herren in Göppingen später irgendwelche unangenehmen Fragen stellen.« Er fügte an: »Guten Morgen, meine Damen und Herren« – und verließ den Raum.

27
    Brunhilde Brugger fühlte sich schlapp. Noch immer hing ihr das Faschingswochenende in den Knochen und im Gemüt. Das Wochenende ohne ihren Mann war turbulent gewesen. Dass sie sogar noch Zeit gefunden hatte, mit einigen Freundinnen zu der großen Faschingsveranstaltung nach Bad Überkingen zu gehen, empfand sie auch im Abstand von zwei Tagen noch als wahren Glücksfall. Jahre war es her, dass sie zuletzt ohne ihren Mann ausgegangen war. Ein Glücksfall auch, dass die Kinder während der Faschingsferien zu Onkel und Tante hatten gehen wollen.
    Nach all den Jahren der Ehe überkam sie immer häufiger das Gefühl, etwas zu verpassen. Zwar war Elmar gewiss ein treu sorgender und guter Familienvater. Doch ihrer beider Interessen hatten sich im Laufe der Zeit auseinanderentwickelt. Sie wäre viel lieber ins gesellschaftliche Leben von Ulm und Stuttgart eingetaucht, während er sich irgendwelchen wissenschaftlichen Dingen widmete, deren Erfolg ihr eher fragwürdig erschien. Seit Langem hatte sie den Eindruck, er fühle sich in seinem Job unterfordert. Immerhin hatte er bereits mehrfach versucht, sich an anderen Kliniken für besser dotierte Stellen zu bewerben, nur war es ihm bisher nicht gelungen. Sein innerer Tatendrang, der ihn dazu anstachelte, mehr aus seinem Leben zu machen, bescherte ihm eine geradezu beängstigende Unruhe. Und manchmal fragte sie sich, ob es ein Streben nach Macht, Ansehen und öffentlicher Anerkennung war, oder ob er einzig und allein das Ziel verfolgte, Reichtümer anzuhäufen. Ihr jedoch war alles davon zuwider. Und wenn tatsächlich stimmte, was sie von dieser Röntgenassistentin gehört hatte,

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