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Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
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Warum hat sie das gemacht?«
    Anne Grethe Junge-Larsen ließ die Luft durch ihre Zähne entweichen.
    »Ach ja, immer dieses Gerede«, sagte sie ärgerlich. »Cecilie war nicht allein. Wir haben schließlich an Deck gesessen und konnten sie von dort aus sehen. Cecilie ist ... oder ...«Anne Grethe Junge-Larsen schlug den Blick nieder und begann erneut zu weinen, bevor sie fortfuhr: »Cecilie war ein großes Mädchen. Sie kam wirklich allein zurecht. Außerdem konnte sie schwimmen, ich meine, falls sie ins Wasser fallen sollte.«
    Sie blickte auf und begegnete Livs Blick.
    »Dann waren Sie nicht der Meinung, dass sie eine Rettungsweste hätte tragen sollen?«
    »Nein, ganz sicher nicht«, sagte sie im Brustton der Überzeugung.
    »Sie haben mit ein paar jungen Osteuropäern gesprochen. Über was haben Sie geredet?«
    »Mein Mann hat mit denen gesprochen, ja. Ich weiß aber nicht, worüber. Ich habe nicht zugehört. Er hat mir hinterher gesagt, sie hätten über das Boot gesprochen.«
    »Haben Sie noch mit anderen Menschen geredet?«
    »Nur mit Erik Adelskov, er war hierher gesegelt, um seine Mutter zu besuchen. Unsere Nachbarin.«
    »Über was haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Über dies und das. Wie es mit seiner Investmentfirma läuft, und so. Die fallenden Aktienkurse und steigenden Zinsen betreffen uns ja alle. Immerhin mehren sich die Stimmen, dass ein Wirtschaftscrash nah bevorsteht. Ich verstehe ja nicht viel davon, aber ich höre zu, wenn die Männer reden.«
    Liv sah sie an. Anne Grethe Junge-Larsen war offensichtlich eine intelligente Frau. Um Hebamme zu werden brauchte man einen sehr guten Abiturschnitt. Natürlich verstand sie das alles. Sie stellte sich nur dumm. Aber warum? Um in ihre Rolle zu passen? Als Hausfrau, als die Frau des Direktors? Um wie die Nachbarn zu sein?
    »Wie lange sind Sie im Hafen geblieben?«
    »Wir waren ein paar Stunden auf dem Boot und sind am Spätnachmittag nach Hause gefahren.«
    »Alle zusammen? Wir haben ja auch schon mit Cecilies Freundin Astrid gesprochen, die ausgesagt hat, sie wäre am Abend mit ihr in der Reitschule gewesen.«
    »Ja, Cecilie ist allein losgefahren. Mit dem Rad. Sie hat uns nicht gesagt, wohin sie wollte.«
    »Warum hat sie Ihnen das nicht gesagt? Hatten Sie sich gestritten?«
    Anne Grethe Junge-Larsen schwieg.
    Im gleichen Moment ging Liv ein Licht auf.
    »Und dann ist sie nicht mehr zurückgekommen?«, fragte sie.
    Die Frau nickte, so dass ihr teurer Halsschmuck hin und her schwang.
    »Ja, wir dachten, dass sie schon wiederkommt. Dass sie wieder zu Hause auftaucht, wenn sie hungrig ist.«
    »Warum ist sie losgefahren, ohne etwas zu sagen? Worüber haben Sie sich gestritten?«
    Die Frau seufzte schwer, und ihre Augen wurden feucht.
    »Wir, das heißt, mein Mann und ich, hatten ihr verboten, abends mit Astrid in die Reitschule zu fahren. Deshalb ist sie wütend geworden. Wir sind dann davon ausgegangen, dass sie trotzdem gefahren ist. Gegen unseren Willen.«
    »Was wollte sie in der Reitschule? Wollten sie am Abend noch reiten?«
    »Ja, das haben wir uns auch gefragt. Wir fanden es auch seltsam, so spätabends, schließlich sollte sie am nächsten Tag in die Schule. Und nachmittags ins Aufnahmestudio. Da ist es nicht gut, wenn sie abends weg ist. Sie ist dann zu müde. Schließlich hat sie ein hartes Programm.«
    »Aber warum haben Sie gelogen? Warum haben Sie uns über ihr Verschwinden nicht die Wahrheit gesagt?«
    Anne Grethe Junge-Larsen sah Liv mit ihren grünbraunen Augen an.
    »Weil wir geglaubt haben, dass sie schon nach Hause kommt. Erst am nächsten Morgen ist uns klar geworden, dass sie nicht die ganze Nacht bei ihrer Freundin war. Als sie von der Schule hier anriefen, habe ich Astrid kontaktiert. Sie sagte, Cecilie sei tatsächlich zu ihr gekommen und gemeinsam mit ihr in die Reitschule gefahren, später dann aber wieder mit dem Rad nach Hause gefahren.«
    »Verdammt noch mal! Warum haben Sie nicht gleich die Polizei angerufen?«, fragte Max hörbar verärgert. »Ist Ihnen denn nicht klar, dass wir sie dann vielleicht noch hätten retten können? Wir hätten dann viel früher mit der Suche beginnen können, zu einem Zeitpunkt, als sie noch lebte.«
    Liv holte tief Luft und legte die Hand auf den breiten Arm ihres Kollegen. Sie mussten sich beide beherrschen, damit Anne Grethe Junge-Larsen nicht die Mitarbeit verweigerte.
    »Ja, warum haben Sie nicht angerufen? Wovor hatten Sie Angst?«, fragte sie freundlich.
    »Wir dachten doch, dass sie am

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