Blutspur in East End
zugeben. Aber er war mindestens 15 Jahre älter als Tricia oder als sie selbst!
Früher hatte Tricia nie auf ältere Typen gestanden. Sollte sich ihr Geschmack in London so sehr geändert haben? Oder schämte sie sich, mit Ken zusammen zu sein? Hatte sie ihn deshalb vor ihrer besten Freundin Carol verheimlicht?
Oder irrte sich Jordana? Hatte sie vielleicht sogar jemand anderen gemeint? Nein, das konnte nicht sein. Jordana hatte eindeutig in seine Richtung gezeigt. Andere Männer standen nicht in seiner Nähe. Ken war umgeben von einer Schar Asiatinnen, die es offenbar sehr aufregend fanden, in London zu sein. Sie fotografierten sich alle gegenseitig, während Ken nur trübselig auf die Tanzfläche starrte. Er machte keinen besonders glücklichen Eindruck.
Kein Wunder! dachte Carol düster. Vielleicht hat er ja Gewissensbisse wegen des Mordes, den er begangen hat.
War dieser Ken wirklich der Täter? Sie wollte nicht noch einmal so voreilig sein wie bei Jeanie Wilde und Eric Ulmer. Momentan schmerzte es sie nur, dass Tricia nicht ehrlich zu ihr gewesen war. Aber vielleicht gab es ja Gründe dafür? Hatte Tricia sich vor Ken gefürchtet? Wurde sie ihn nicht wieder los?
Carol neigte sich zu Brent hinüber und brachte ihn auf den neuesten Stand.
„Soll ich mal zu Ken hinübergehen und ihn unauffällig aushorchen? Von Mann zu Mann sozusagen?“, fragte er.
„Nein, auf gar keinen Fall. Er darf keinen Verdacht schöpfen, Brent. Wir müssen ihn verfolgen und alles über ihn herausbekommen. Falls er Tricia wirklich getötet hat, dann wird es doch ein überzeugendes Motiv geben.“
Ken bemerkte Carol und Brent nicht. Er schien ohnehin kaum mitzubekommen, was um ihn herum vorging. Ken machte auch keine Versuche, eine der vielen jungen Frauen anzubaggern. Er stand nur gegen eine Marmorsäule gelehnt da und trank Whisky.
Carol wurde ungeduldig. Ken stand einfach nur da wie eine Statue. Wenn Jordana sich nun getäuscht hatte? Oder wenn sie Tricia mit einer anderen Frau verwechselte? Aber das war nicht möglich, denn die Barkeeperin hatte ja Tricias Namen gewusst.
Plötzlich setzte Ken sich langsam in Bewegung. Carol war alarmiert. Ob er bemerkt hatte, dass sie und Brent ihn beobachteten? Aber nichts deutete darauf hin. Er schob sich durch die feiernde Menschenmenge zum Ausgang, ohne die beiden zu beachten.
Carol und Brent verfolgten ihn sofort, was in dem Gedränge nicht einfach war. Aber irgendwie gelang es ihnen doch. Sie eilten hinter ihm her auf die Straße. Inzwischen hatte es zu regnen begonnen. Der Asphalt war nass. Die Leuchtreklame des Wilfox spiegelte sich in den Pfützen.
„Da ist er!“, rief Brent. „Er steigt in ein Taxi.“
Einen Steinwurf von der Disco entfernt befand sich ein Taxistand. Der große schwarze Wagen mit dem Taxi-Schild auf dem Dach rollte langsam vorwärts. Carol und Brent rannten zum Taxistand, so schnell es mit Carols hohen Absätzen möglich war. Dort wartete noch ein anderer Wagen. Sie rissen die hinteren Türen auf und schoben sich rasch auf den Rücksitz.
„Folgen Sie dem anderen Taxi!“, rief Carol dem Fahrer zu, der sich zu ihnen umdrehte.
„Ich will keinen Ärger“, brummte der Inder, der einen Turban trug.
Brent steckte ihm eine Fünf-Pfund-Note zu. „Das ist für Sie. Und nun fahren Sie bitte los.“
Der Inder drehte den Zündschlüssel. Von Kens Taxi waren nur noch die Rücklichter zu sehen. Aber Carols und Brents Fahrer machte seinen Job gut. Er holte auf und blieb in einem konstanten Abstand hinter dem schwarzen Fahrzeug seines Kollegen. Carol hatte eigentlich immer schon davon geträumt, in einem dieser altmodischen Londoner Taxis zu fahren. Aber nun konnte sie es nicht wirklich genießen, denn die Anspannung, unter der sie stand, war zu groß.
Schon nach kurzer Zeit verlor Carol völlig die Orientierung. Das nächtliche London war für sie eine völlig fremde Welt. Sie wusste überhaupt nicht mehr, wo sie sich befand. Als sie Brent einen hilflosen Blick zuwarf, drückte er beruhigend ihre Hand.
„Wir sind jetzt in Fulham. Sieht so aus, als ob die Reise bald zu Ende wäre“, meinte er.
Kens Taxi bog von einer vielbefahrenen Hauptstraße ab und glitt langsam in eine Nebenstraße mit Reihenhäusern. Sie ähnelte der, in der Carol lebte. Allerdings waren die Häuser etwas größer und vermutlich auch teurer. Kens Taxi hielt. Der Wagen des Inders war noch etwa hundert Meter dahinter.
„Wir steigen hier aus“, sagte Brent. Er und Carol legten für den
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