Blutstein
Koch wurde, habe ich ab und zu für Ihren Vater
gearbeitet.«
Sein Gesicht war verschwitzt, wahrscheinlich von der Hitze in der
Küche. Aber sein Blick war offen und ungeniert.
»Ich weiß«, sagte Per. »Jerry hat Sie Markus Lukas genannt?«
Jesslin nickte schweigend.
»Aber damit ist schon lange Schluss«, sagte er dann. »Es wird doch
kaum noch ein Porno in Schweden produziert ... Fast alle Filme kommen
mittlerweile aus den USA ,
aus Kalifornien.«
»Haben Sie ein bisschen Zeit? Ich würde mich gerne mit Ihnen
unterhalten. Ich hätte ein paar Fragen zu den Geschäften, die mein Vater da
betrieben hat.«
»Klar, kommen Sie mit, wir gehen in den Aufenthaltsraum.«
Per legte Geld für den Burger auf den Tisch und folgte Jesslin.
In der Küche hing der Essensgeruch schwer in der Luft, aber der
gekachelte Fußboden sah sauber aus. Tobias Jesslin führte ihn in einen kleinen
Raum im hinteren Teil des Gebäudes. Darin befanden sich Spinde, eine Dusche und
ein Tisch mit Stühlen. Das Fenster rahmte die Wellen ein, die sich dahinter am
Strand brachen.
»Ich soll Sie von Ulrica Ternman grüßen«, sagte Per, nachdem Tobias
Jesslin die Tür hinter sich zugezogen hatte.
»Von wem?«
Jesslin setzte sich und zog eine Zigarettenschachtel aus der
Hosentasche.
»Eines der Mädchen, mit denen Sie gedreht haben. Sie hat mir auch
Ihren Namen verraten.«
»Ach ja? Ich kann mich nicht erinnern!« Er zündete sich eine
Zigarette an und blies den Rauch zur Decke. »Ich weiß ja noch nicht einmal, mit
wie vielen Mädels ich insgesamt gedreht habe ... hundertundzwanzig vielleicht
oder hundertundfünfzig?«
Per wusste, dass ihm das eigentlich schwer imponieren müsste, so von
Mann zu Mann. Aber das tat es nicht.
»Wie war das denn?«
»Was glauben Sie?« Jesslin lächelte. »Schon merkwürdig. Als würde
man an einem Fließband stehen und die Bräute kommen vorbeigefahren. Aber das
ist Jahre her, ich habe schon lange nichts mehr damit zu tun.« Er zog an seiner
Zigarette. »Wie geht es Ihrem Vater?«
»Nicht gut.«
»Nicht?«
»Nein, er ist tot.«
»Oh, wie ist das denn passiert?«
»Ein Autounfall.«
Per musterte ihn eingehend, aber Jesslins Erstaunen wirkte
aufrichtig.
»Das ist aber bedauerlich«, sagte er. »Ich mochte Jerry, er war
immer er selbst, hat sich nie für etwas geschämt.«
»Wie lange waren Sie denn bei ihm angestellt?«
»Na ja, angestellt und angestellt ... ich bin ab und zu vor die Kamera
gesprungen und habe dafür Cash bekommen.«
»Haben Sie auch im Moulin Noir gearbeitet?«
Jesslin nickte.
»Dort hat Jerry mich entdeckt. Er hat mich tanzen sehen und mir
gesagt, dass ich für ihn arbeiten könne. Warum nicht, habe ich geantwortet.
Dann hat er mich in ein ziemlich gutes Restaurant in Malmö eingeladen, wir
haben gegessen und getrunken und gequatscht. Und als der Kaffee auf dem Tisch
stand, kam ein fröhliches Mädchen vorbei, küsste Jerry auf die Wange, und Jerry
rief: ›Wollen wir jetzt loslegen, Kinder?‹ Erst da begriff ich, dass ich mit
ebendieser jungen Dame noch am selben Nachmittag Sex haben würde.« Er lachte
auf: »In dieser Branche geht es schnell zur Sache, aber man gewöhnt sich mit
der Zeit daran.«
Per hörte ihm genau zu, konnte aber sein Lächeln nicht erwidern.
»Wie viele Markus
Lukas gab es eigentlich?«
»Ach, ein paar, soweit ich weiß, vielleicht zwei oder drei? Mit dem
Job kommen nicht so viele Typen klar.«
»Nicht klarkommen mit was?«
Jesslin machte eine eindeutige Geste.
»Na, Sie wissen schon: Ihn auf Kommando zum Stehen zu bringen, wenn
die Kamera läuft.«
»Kannten Sie einen der anderen Typen?«
»Nur einen. Der war auch aus dem Moulin Noir und hieß Daniel.«
»Und weiter?«
»Daniel Wellman.«
»Wie schreibt der sich?«
Jesslin buchstabierte den Namen, und Per notierte ihn. Er hoffte,
dass er dem Troll Markus
Lukas immer näher kam.
»Und Sie haben viel zusammen gedreht?«
»Klar. Wir sind jedes Wochenende in dieses Filmstudio gefahren, das
Jerry oben in Småland hatte.«
»Das gibt es nicht mehr«, sagte Per.
»Echt nicht?«
»Die ganze Anlage ist vor ein paar Wochen abgebrannt.«
»Wie kam das denn?«
»Brandstiftung und Mord. Jemand hatte Brandbomben mit Zeitzünder im
Haus deponiert.«
Jesslin schien über etwas nachzudenken.
»Das klingt mir ganz nach Bremer, er liebte Pyrotechnik. Im Sommer
haben wir manchmal draußen im Wald ein paar Szenen gedreht. In einer Lichtung,
die Bremer mit einem Haufen Benzinkanistern bestückt hatte:
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