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Bluttat

Bluttat

Titel: Bluttat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Garage, die in einem passenden Blauton gestrichen war, das andere, das etwas weiter hinten lag, ein ungestrichener Würfel aus Zementblöcken. Der freie Raum war zum größten Teil gepflastert, hier und da unterbrochen von einem mit Lavasteinen eingefassten Beet mit Pflanzen.
    Cherish Daney saß in einem Liegestuhl links vom Haupthaus in der Sonne und las. Als sie uns sah, machte sie das Buch zu und stand auf. Ich war so nahe, dass ich den Titel lesen konnte: Lektionen des Lebens: Wie man Kummer bewältigt. Ein Stück Papiertaschentuch ragte zwischen den Seiten hervor.
    Ihre Haare waren immer noch weißblond und lang, aber an die Stelle der toupierten Mähne und der zurückgekämmten Seiten von vor acht Jahren war eine schlichte Ponyfrisur getreten. Sie hatte ein weißes, ärmelloses Top, eine blaue Hose und graue Schuhe an, dieselbe Silberkette mit Kruzifix, die sie an dem Tag vor dem Gefängnis getragen hatte. Die meisten Menschen legen an Gewicht zu, wenn sie älter werden, aber sie hatte abgenommen, wirkte beinahe abgemagert. Sie war immer noch eine junge Frau - Mitte dreißig meiner Schätzung nach -, aber Fett ist ein guter Faltenfüller, und in ihrem Gesicht hatten sich einige Furchen eingegraben.
    Derselbe bronzefarbene Teint, dieselben hübschen Gesichtszüge. Ihr Rücken war sichtbar gerundet, als ob ihre Wirbelsäule unter einem furchtbaren Gewicht nachgegeben hätte.
    Sie lächelte, ohne den Mund zu öffnen. Rot geränderte Augen. Falls sie mich wiedererkannte, sagte sie es nicht. Als Milo ihr seine Karte gab, warf sie einen Blick darauf und nickte.
    »Vielen Dank, dass Sie uns empfangen, Reverend.«
    »Das ist doch selbstverständlich«, sagte sie. Eine Fliegentür schlug zu, und wir drei drehten uns zu dem Geräusch um.
    Ein fünfzehn- oder sechzehnjähriges Mädchen war aus dem Haupthaus gekommen und stand auf der Eingangstreppe mit etwas in der Hand, das wie ein Arbeitsheft für die Schule aussah.
    »Was brauchst du, Valerie?«, fragte Cherish Daney.
    Der Blick, den das Mädchen zurückwarf, schien verärgert zu sein.
    »Val?«
    »Hilfe bei meinen Matheaufgaben.«
    »Natürlich, bring sie her.«
    Das Mädchen zögerte, bevor es herüberkam. Ihre welligen schwarzen Haare fielen ihr bis über die Taille. Pummelige Figur. Ihr Gesicht war dunkel und rund, ihr Gang steif und gehemmt.
    Als sie bei Cherish Daney ankam, sah sie uns abwechselnd an oder gab vor, es nicht zu tun.
    »Diese Männer sind Polizeibeamte, Val. Sie sind wegen Rand hier.«
    »Oh.«
    »Wir sind alle ziemlich traurig wegen Rand, nicht wahr, Val?«
    »Hmh-mhm.«
    »Okay«, sagte Cherish, »zeig mir, wo das Problem liegt.«
    Valerie öffnete das Heft. Arithmetik für das sechste Schuljahr. »Die hier. Ich mache sie richtig, aber ich bekomme nicht die richtigen Lösungen.«
    Cherish berührte das Mädchen am Arm. »Sehen wir uns das mal an.«
    »Ich weiß, dass ich sie richtig mache.« Valerie wiegte sich auf den Füßen hin und her. Warf Milo und mir einen Blick zu.
    »Val?«, sagte Cherish. »Konzentrieren wir uns.« Sie berührte Valerie an der Wange und lenkte ihren Blick auf das Buch.
    Val schüttelte die Hand ab, starrte aber auf die Seite. Wir standen dabei, während Cherish versuchte, die Geheimnisse der Bruchrechnung zu enthüllen, langsam sprach, die Worte deutlich artikulierte, die Grenze zwischen Geduld und Herablassung streifte.
    Sie verlor nicht die Geduld, während Valeries Konzentration nachließ. Was häufig vorkam.
    Das Mädchen klopfte mit dem Fuß auf den Boden, trommelte mit den Händen auf verschiedene Körperteile, zappelte, reckte den Hals, seufzte mehrfach. Ihr Augenkontakt war flüchtig wie der Flug eines Kolibris, und sie warf uns immer wieder Blicke zu, schaute zum Himmel hoch, dann wieder auf den Boden. Das Heft. Das Haus. Ein Eichhörnchen, das über den Redwood-Zaun huschte.
    Ich hatte zu lange studiert, um mich einer Diagnose enthalten zu können.
    Cherish Daney blieb am Ball, brachte das Mädchen schließlich dazu, sich auf eine einzelne Aufgabe zu konzentrieren, bis sich ein Erfolg einstellte.
    »Na also! Prima, Val! Machen wir noch eine.«
    »Nein, ist okay, ich hab’s kapiert.«
    »Ich glaube, noch eine wäre eine gute Idee.«
    Nachdrückliches Kopfschütteln.
    »Bist du sicher, Val?«
    Ohne zu antworten, rannte Valerie zurück zum Haus. Ließ das Arbeitsheft fallen und schrie frustriert, bückte sich und hob es auf, riss die Fliegentür auf und verschwand.
    »Entschuldigen Sie bitte die Unterbrechung«,

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