Bluttat
der letzten Woche?«
»Mal sehen.« Sie legte einen Finger an die Unterlippe. »Lauren arbeitet dienstags, donnerstags und freitags, und Freitag war es nicht, weil ich Freitag freihabe, und Dienstag war es nicht, weil sie sich am Dienstag krankgemeldet hat, weil ihr Freund Karten für das Konzert von Jason Mraz hatte.« Sie brach ab, um Luft zu holen. »Muss Donnerstag gewesen sein.«
»Um wie viel Uhr?«
»So gegen fünf. Wow, ist das eine richtige Ermittlung?«
»Ja.«
»Und Sie können mir nicht sagen, was sie getan haben?«
»Tut mir leid, Heather.«
»Das ist okay, ich verstehe schon.«
»Also sind sie nur zweimal hier gewesen.«
»Das ist alles, was ich gesehen habe.«
»Wie lange arbeiten Sie hier schon?«
»Drei Jahre mit Unterbrechungen.«
»Wie haben sie sich am Donnerstag verhalten?«
»Genauso. Deshalb erinnere ich mich daran. Lauren sagte, sie hätten nicht miteinander geredet, nur dagesessen. Er aß, sie nicht.«
»Fünf Prozent Trinkgeld.«
»Tatsächlich noch weniger.« Sie grinste. »Liegt wohl an meinem Charme.«
Ich dankte ihr und gab ihr noch einen Zehner.
»Oh, wow, das muss nicht sein«, sagte sie, aber sie machte keine Anstalten, das Geld zurückzugeben. »Wenn Sie wollen, kann ich die Augen offen halten, und falls sie wiederkommen, rufe ich Sie an.«
»Ich wollte Sie gerade darum bitten.« Ich gab ihr meine Karte.
»Psychologe«, sagte sie. »Geht’s um verrückte Verbrecher wie Hannibal Lecter?«
»Es ist nicht immer so aufregend.«
»Meine Schwester ist zu einem Psychologen gegangen. Sie war ziemlich verkorkst, hatte ein paar wirklich schlimme Freunde.«
»Hat es ihr etwas gebracht?«
»Nicht richtig. Aber zumindest ist sie ausgezogen, und ich muss mir nicht mehr ihr Geschrei anhören.«
»Das kann man wohl als Teilerfolg bezeichnen«, erwiderte ich.
»Ja«, sagte sie geistesabwesend. Als sie zurück zur Kasse schlenderte, sah ich, wie sie ihr Geld nachzählte.
Ich fuhr wieder auf den Highway 134 West und hörte meine Nachrichten ab, als der Verkehr zäher zu fließen begann.
Eine von Olivia Brickerman. Ich verließ den Freeway am Laurel Canyon, fuhr zum Ventura Boulevard, fand einen Parkplatz gegenüber einem Motel für Erwachsene und rief sie im Büro an.
»Dein Ehepaar Daney ist ziemlich gut im Spiel mit den Papieren«, sagte sie. »Sie kommen als Pflegeeltern insgesamt auf sieben Riesen pro Monat. Sie nehmen seit etwas mehr als sieben Jahren Kinder bei sich auf und haben keinen Versuch unternommen, die Tatsache zu verbergen, dass sie das Limit um zwei Pflegekinder überschreiten. Das verrät mir, dass es sich um Veteranen handelt, die wissen, dass das System am Ende ist. Mrs. Daney hat sich außerdem um eine Bescheinigung als Erziehungstherapeutin beworben, was sie dazu berechtigen würde, zusätzliche Gelder für eine Behandlung zu bekommen. Im Allgemeinen ist dazu der Nachweis einer Lehrbefähigung erforderlich, aber die Bestimmungen sind ein bisschen gelockert worden, weil Leute mit entsprechender Befähigung Mangelware sind. Hilft dir das?«
»Sehr. Das System ist am Ende?«
»Die Genies in der Legislative des Staates haben gerade die Forderung nach mehr Sozialarbeitern abschlägig beschieden, und die Countys sind bereits personell ernsthaft unterbesetzt. Das heißt, dass niemand irgendetwas nachprüft. Noch zwei Sachen zu den Daneys: Sie nehmen nur Teenager mit Lernbehinderungen zur Pflege. Was ich wirklich interessant fand, ist, dass ihre Pflegekinder ausnahmslos weiblich waren. Was ungewöhnlich ist, es herrscht kein Mangel an Jungen im System.«
»Können Pflegeeltern sich die Kinder nach Alter und Geschlecht aussuchen?«, fragte ich.
»Es sollte ein Konsens zwischen dem Jugendamt und den Pflegeeltern herrschen. Im Interesse des Kindes.«
»Also kann man um ein Mädchen bitten.«
»Alex«, sagte sie, »falls du weiß bist, zur Mittelschicht gehörst und keine Vorstrafen hat, kannst du im Moment um so gut wie alles bitten, und du wirst es bekommen.«
Ich dankte ihr und bat sie um eine Liste der Pflegekinder der Daneys.
Sie sagte: »Ich habe bis jetzt nur die letzten paar Jahre gefunden. Sobald ich hier freihabe, faxe ich sie dir. Grüß bitte Allison von mir. Ich hoffe, ich war nicht zu vorwitzig mit der Schneewittchengeschichte.«
»Ganz und gar nicht«, sagte ich. »Brillanz hat ihre Privilegien.«
»Du schmeichelst mir, Darling.«
Der einzige Martin Boestling, den ich im Telefonbuch finden konnte, war ein »Süßwarenhändler« auf der
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