Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
widersprechen, als er sich zu ihr drehte. »Du weißt, dass wir es nicht mit Sicherheit sagen können! Ich glaube an einen Gott, der nicht zulässt, dass unschuldige Seelen in die Hölle wandern.«
Dies war ein Punkt, über den Moira höchst ungern stritt, deshalb schwieg sie.
»Wo befindet sich dieser verdammte Dämon jetzt, und kann ich Georges Seele zurückholen?«
»Sie können George nicht wieder lebendig machen«, entgegnete Moira.
»Das war nicht meine Frage. Ich will seine Seele an einem sicheren Ort wissen. Sie soll in Frieden ruhen. Ich will nicht, dass er bis in alle Ewigkeit leidet!« Nina schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass ich das gesagt habe! Aber das ist es doch, was Sie meinen, oder nicht?«
»Seine Seele ist bei dem Dämon, der sie sich genommen hat«, erläuterte Moira. »Und bis er in die Hölle zurückgeht, bleibt sie dort gefangen. Der Dämon nährt sich an ihr, denn sie gibt ihm Kraft.«
»Können wir sie zurückholen?«
»Weiß ich nicht«, antwortete Moira.
»George hat nichts Böses getan!«
Rafe sagte: »Wir müssen daran glauben, dass Gott die Unschuldigen beschützt.«
»Glauben. Vertrauen. Blödsinn!«, empörte Nina sich. »Ich will wissen, dass Georges Seele wohlbehalten ist! Ich will ihn richtig beerdigen, und wenn Sie meine Hilfe wollen, dann verraten Sie mir, wie ich das anstelle!«
Nina hatte recht. George verdiente ein faires Urteil der Mäch te dort oben, die darüber entschieden, ob er ins Paradies durfte. In der Welt von St. Michael stellte George einen Kollateralschaden dar, einen traurigen Fall, für den sie beteten, sonst nichts.
Moira konnte so nicht leben. Sie konnte nicht einfach untätig dastehen, wenn auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass sie etwas tun konnte. Sie war nicht überzeugt, dass ihre Gebete irgendeine Wirkung hatten, obwohl sie täglich auf ihre eigene Art betete. Sie hatte gesehen, dass Dämonen die Seelen, die sie sich nahmen, nicht wieder hergaben. Und sie hatte noch nie von einem hinabfahrenden Racheengel gehört, der die unschuldigen Opfer rettete. Wäre das schon einmal vorgekommen, hätte Rico es ihr sicher erzählt, denn gerade über dieses Thema stritten sie fortwährend.
Was sie hier und jetzt noch wütender machte, war die Tatsache, dass Rafe nicht automatisch auf ihrer Seite stand. Aber was hatte sie erwartet? Er war in St. Michael aufgewachsen, hatte den Glauben auf seiner Seite. Den Glauben, dass die Unschuldigen am Jüngsten Tag gerettet würden.
Und was war mit den Jahrzehnten, Jahrhunderten, Jahrtausenden bis dahin? Moira gestand: »Es gibt einen Weg, doch der ist gefährlich.«
»Raus damit!«, forderte Nina. »Egal wie gefährlich. Ich tue alles!«
»Moira, nein …«, begann Rafe.
»Ich kann George Erickson genauso wenig länger leiden lassen wie du«, wandte Moira sich an Rafe. »Er hatte nichts mit alldem zu tun, und ich will verdammt sein, wenn ich abwarte bis zum Ende der Welt, bevor er gerettet wird! Wir wissen, wie wir seine Seele zurückholen!«
Rafe stand abrupt auf und stieß gegen die Tischkante, sodass Moiras fast leerer Becher umkippte. Mit zusammengebissenen Zähnen raunte er: »Das erlaube ich nicht! Du kannst dabei sterben!«
»Du erlaubst es nicht? Seit wann bist du mein Schutzengel?«
Rafe war wütend und sehr verletzt. Von dem Moment an, als er Moira vor zwei Wochen erstmals gesehen hatte, wusste er, dass sie geschickt worden war, um ihn zu retten. Sie war sein Schutzengel und er ihrer. Das war so klar wie die Tatsache, dass sie vor ihm saß. Er musste sie beschützen, jeden Tag, jede Minute. Sie sorgte sich zu sehr um jeden außer sich selbst, und sie würde noch sterben, wenn sie nicht endlich einsah, dass sie nicht jeden retten konnte.
Der einzige Weg, eine Seele zurückzubekommen, die ein Dämon geholt hatte, führte über einen Exorzismus an dem betreffenden Dämon, solange er in einer Geisterfalle steckte. Dabei ging der Exorzist allerdings ein gewaltiges Risiko ein, denn er musste dem Dämon viel zu nahe kommen, um der Seele einen Fluchtweg zu bieten. Überdies war es durchaus möglich, dass sich die gefangene Seele, die ja losgelöst von ihrem Leib war, in ihrer Verzweiflung einen anderen suchte, und zwar den des Exorzisten. Was zur Folge hatte, dass der Exorzist von der malträtierten Seele besessen war und ein zweiter Exorzist herbeigerufen werden musste, der die Seele davon überzeugte, dass sie tot war, auf dass sie den Körper freiwillig verließ. Oder aber die
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