Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
waren, oder wie sie selbst mit geschlossenen Augen spürte, wenn er einen Raum betrat. Deshalb hatte sie die Schutzschilde um ihr Herz verstärkt.
Heute Nacht jedoch brachte sie ein einziger Gedanke zum Einsturz: Rafe hätte sterben können.
Sie wollte keine großen Gefühle für Rafe Cooper empfinden, nicht allein in diesem Hotelzimmer mit ihm sein, seine Arme fest um ihren Leib geschlungen, während sie gierig seine salzige Haut liebkoste. Gefühle erhöhten den Einsatz, machten sie verwundbar. Nein, sie wollte nicht, dass er ihr etwas bedeutete. Oder dass sie sich verliebte.
Nur wusste sie nicht, wie sie das verhindern sollte.
Und heute Nacht gab sie jeden Widerstand auf. Sie berührte Rafe, wie sie es sich seit Wochen ersehnte. Über seine Bemerkung, dass er nie mit einem One-Night-Stand zufrieden wäre, dachte sie nicht nach. Dazu blieb morgen noch Zeit.
Sie küsste seine Brust, seine Oberarme, die zarte Haut in seiner Ellbogenbeuge. Jeden einzelnen seiner Finger küsste sie, wollte seinen Körper Millimeter für Millimeter erkunden. Sie küsste seinen Bauch und verharrte, als ihr Mund seinen Verband streifte.
»Ich will dir nicht wehtun«, hauchte sie. »Vielleicht …«
Er packte ihre Arme, zog sie nach oben und erstickte jeden Einwand mit einem Kuss. Dann rollte er sie herum, sodass sie auf dem Bett und er über ihr lag. Seine Stimme kam einem tiefen Knurren gleich. »Falls ich blute, flickst du mich später wieder zusammen.«
Es waren die letzten Worte, die zwischen ihnen fielen. Nun gab es nur noch die Hitze, die sich in ihnen aufgestaut hatte, bis sie beinahe explodierten.
Rafe schob sämtliche Zweifel beiseite, alle Ängste vor dem, womit sie es aufgenommen hatten, und jenen Schrecken, denen sie sich noch stellen müssten. Er dachte nur noch an Moira unter ihm und küsste sie, auf dass sie nicht reden konnte, ihm nicht sagte, dass er aufhören, es langsamer angehen oder es sich gar noch einmal überlegen sollte. Er wollte nicht darüber nachdenken, ob es richtig oder falsch war, Moira zu lieben; es konnte nicht falsch sein. Sonst hätte es wohl kaum sein kaltes Herz erwärmt. Moira schenkte ihm neuen Lebenswillen, einen Grund, gegen den Schmerz der Erinnerungen zu kämpfen, die nicht seine waren, wie auch gegen die unausgesprochenen Traumata seiner fernen Vergangenheit.
Solange er bei ihr war, schreckte ihn nichts, keine Schlacht, zu der die Unterwelt sie nötigte.
Er musste kämpfen. Für Moira. Für sie beide.
Rafe wollte alles von Moira, und er wollte jede Sekunde, jeden Kuss, jede Berührung genießen. Er küsste sie sanft, federleicht, doch sie zog ihn dichter an sich, öffnete ihren Mund und bot ihm bereitwillig an, ihre weichen Lippen zu kosten. Er hatte darauf gewartet, dass Moira nicht bloß akzeptierte, wie sehr sie sich zueinander hingezogen fühlten, sondern auch die echten Gefühle annahm, die von Anfang an existiert hatten. Er hätte sie früher haben können, wollte sie schon an der Kommode, auf dem Boden, irgendwo lieben, aber er hatte gewusst, dass sie nicht ganz bei ihm gewesen wäre, und er wollte ihr auf keinen Fall mehr zumuten, als sie aushalten konnte.
Nun, heute Nacht, wagte sie den Sprung. Sie mochte es noch nicht wissen, redete sich womöglich ein, dies hier würde keine Beziehung, doch er wollte sie vom Gegenteil überzeugen. Und er würde sie nicht wieder gehen lassen.
»Rafe«, murmelte sie mit erstickter Stimme. »T-Shirt.«
Er stützte sich auf seinen Ellbogen auf. Hastig streifte sich Moira ihr T-Shirt über den Kopf und warf es zur Seite. Rafe betrachtete ihre Haut, ihre wunderschöne zarte Haut, gezeichnet von einer langen zackigen Narbe quer über ihrem Bauch. Zorn brodelte in ihm auf, so kochend und unerbittlich, dass er nach etwas schlagen wollte. Stattdessen beugte er sich nach unten und malte die Narbe mit unzähligen Küssen nach. Moira erschauderte unter ihm und klammerte sich an seinen Oberarmen fest.
»Ein Dämonenangriff?«, fragte Rafe leise, ehe er die obere Spitze der Narbe küsste.
»Nein, die heilen bei mir ziemlich gut. Diese Narbe stammt von meiner Mutter, nachdem ich das erste Mal weggelaufen war.«
Fiona O’Donnell hatte Moira physisch und psychisch misshandelt. Ihre sadistischen Grausamkeiten hätten die meisten anderen Menschen gebrochen, Moira nicht. Sie war außerordentlich widerstandsfähig und willensstark – eine Überlebenskünstlerin erster Güte.
»Denk nicht daran, Rafe!«, flehte sie.
»Tue ich nicht. Ich denke an dich
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