Bobby Z
fluchend. Die Cahuillas
lassen sich von seiner Wut anstecken und fangen an, mit Gewehrkolben um sich
zu schlagen, nicht auf Köpfe, aber auf Rücken und Hinterteile. Es dauert etwa
zehn Minuten, bis alle Illegalen verstaut sind und die Klappen der Planen
geschlossen werden können.
»Und sorgt dafür, dass sie hacer caller«, sagt
Johnson zu den Lastwagenfahrern. Sorgt dafür, dass sie die Klappe halten. Er
klettert hinten auf einen der Trucks.
»Früher hab ich Vieh zusammengetrieben«, sagt Johnson. »Jetzt treibe
ich Menschen zusammen.«
Der Konvoi macht sich auf den Rückweg. Johnson lässt den Humvee
vorausfahren, die Cahuillas fahren auf dem Trittbrett mit. Alles geht wie in
Zeitlupe - die Trucks kleben an den Gebirgshängen, wieder und wieder müssen die
Fahrer zurückschalten. Wenn Tim sich in den Kurven aus dem Fenster lehnt, kann
er mehrere hundert Meter tief in den Abgrund schauen und möchte am liebsten
kotzen. Besonders wenn es bergab geht und er den Schotter unter den Rädern
wegrutschen hört.
Johnson raucht eine Zigarette; ihm scheint die Fahrt nicht das
Geringste auszumachen. Er bietet Tim eine Zigarette an, und der ist auch
versucht, sie anzunehmen, aber schließlich hat er das Rauchen in der Einzelhaft
aufgegeben und will dabei bleiben.
Das einzige, was Johnson nervös zu machen scheint, ist seine
Armbanduhr. Immer wieder schaut er darauf, runzelt die Stirn. Nach etwa einer
Stunde sagt er zu Tim: »Wir müssen es schaffen, bevor die Sonne aufgeht.«
Das klingt so typisch nach Cowboy, dass Tim lächeln muss.
Johnson sagt: »Vor 'ner Weile ist mal ein Truck hier durch die Wüste
gefahren mit ner Fuhre Illegaler, 'n umgebauter Möbelwagen, der auf den Straßen
nicht zurechtkam. Bei Sonnenaufgang blieb er auf halber Strecke liegen, und die
INS kam mit Hubschraubern. Wissen Sie, was diese Schieberschweine mit ihnen
gemacht haben?«
»Nein.«
»Haben einfach die Türen abgeschlossen und sind abgehauen«, sagt
Johnson. »Die Illegalen können nicht raus, die Sonne knallt den ganzen Tag aufs
Dach. Die sind regelrecht gebraten worden da drin.«
Brian hat gesagt, dass Mexiko von einem Produkt immer Nachschub
liefert, fällt Tim wieder ein. Und das sind Mexikaner.
»Deshalb wäre ich auch ganz gern schon vor Sonnenaufgang wieder
zurück«, sagt Johnson.
Er funkt den Lastwagenfahrer vor ihm an, dass er einen Zahn zulegen
soll, und den anderen sagt er, sie sollen aufschließen. Jetzt rasen sie in
halsbrecherischem Tempo um diese verfluchten Kurven, dass die Räder auf dem
Schotter schlittern. Auf einmal wird Johnson gesprächig.
»Das hier ist eines der gottverlassensten Fleckchen Erde«, sagt er.
»Anza-Borrego. Und von hier aus geht's direkt runter an die Grenze. Ein Traum
für jeden Viehdieb. Seit die Regierungsfuzzis in San Diego härter durchgreifen,
hat sich die Action einfach ein bisschen nach Osten verlagert, das ist alles.
Könnte nicht besser sein für uns. Die Kojoten von drüben bringen die Illegalen
rüber und lassen sie in der Wüste laufen. Die machen sich natürlich in die Hose
vor Angst, und wir brauchen sie nur noch aufzulesen und die Ernte einzubringen.
Ist noch leichter als mit Vieh, wirklich, weil Rinder einfach nicht immer
kommen wollen.«
Der Konvoi fährt jetzt den Grat herunter und verlässt die Straße;
stattdessen kurvt er über den schrundigen Wüstenboden zu einem Flussbett, in
dem noch vom letzten Frühjahrsregen ein kleines Rinnsal fließt. Etwa eine
Stunde fahren sie das Bachbett entlang und biegen erst ab, als eine Felsplatte
ihnen den Weg versperrt und sie zurück auf den Wüstenboden müssen. Ein paar
Minuten später treffen sie auf eine alte Bergwerksstraße und schaffen es noch
in der schützenden Finsternis durch das Tor.
Brian watschelt in seinem weißen Kaftan auf sie zu.
Um sein Eigentum zu begutachten, denkt Tim.
Die Fahrer öffnen die Klappen und treiben die Illegalen zu den
überwucherten Rechtecken am Ende der Einzäunung. Johnson springt heraus und
gibt Tim ein Zeichen, ihm zu folgen.
Es sind keine Tennisplätze, das sieht Tim jetzt, sondern die Dächer
von unterirdischen Unterkünften. Er betritt eine davon und sieht die engen
Reihen von Pritschen auf Betonboden. In einem Raum weiter hinten gibt es ein
paar Plumpsklos und einige Brauseköpfe in der Decke. Aus einem Hahn in einer
der Betonwände tropft Wasser, das stark nach Schwefel riecht.
Der ganze Raum stinkt nach altem Schweiß und Lysol, aber das
Desinfektionsmittel hilft nicht mehr viel.
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