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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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über uns. Seine schwarzen Augen schienen aus den Augenhöhlen
     zu fallen. Es war der kahle Hund vom Wackesberg. Petrus.
    Zum Glück lag das Biest an einer schweren Kette. Doch es schien diese aus der Verankerung reißen zu wollen. Zwischen mir und
     ihm waren noch ein, zwei Meter, das Tier machte mich nervös.
    Ich rief erneut nach Hagenau. Nichts.
    Straßer rührte sich nicht. Ich musste etwas unternehmen, ich konnte mich nicht durch einen Hofhund von meinen Ermittlungen
     abhalten lassen. Aber der Köter bellte sich die Seele aus dem Leib. Seine stumpfen Augen wurden immer größer. Er war in dem
     Feuer auf dem Wackesberg irre geworden.
    Ich ging ein paar Schritte um das Haus herum und rief noch mehrmals nach Hagenau.
    Straßer stand derweil neben dem Auto auf dem Waldweg und wartete. Er ließ mich machen. Das war die Quittung dafür, dass ich
     ihn zur Vernehmung des alten Hagenau mitgeschleppt hatte. Obwohl Pierre Brück ihm die Überwachung der Familie ans Herz gelegt
     hatte, hätte Louis die Angelegenheit lieber mir überlassen.
    Hinter dem Haus stieß ich auf einen trostlosen Pferch, in dem Schweine, Hühner und Gänse im Matsch herumirrten. Die Tiere
     waren schmutzig und ausgehungert. Dem Geflügel fehlten Federn. Das Vieh fand in dem Morast nichts mehr zu fressen.
    An der Rückfront entdeckte ich eine Hintertür. Ich hatte sie noch nicht erreicht – da wurde sie aufgerissen.
    Eine junge Frau erschien. Sie trug ein schmuddeliges Kleid, das einmal grün gewesen sein mochte. Ihre Beine waren nackt, und
     sie war barfuß. Ihr langes blondes Haar lag strähnig auf ihren Schultern.
    |60| Die Frau rannte an mir vorbei zu dem Pferch. Die Gänse und Hühner flatterten auf, die Schweine liefen quiekend davon.
    Luc, der ältere der beiden Hagenau-Söhne, kam aus dem Haus. Ohne auf mich zu achten, jagte er hinter der Frau her.
    Die Frau flüchtete in Richtung Wald. An der Grundstücksgrenze blieb Luc stehen. Er ballte die Faust.
    »Bleib stehen!«, brüllte er. Dann flehend: »Lauf nicht weg!«
    Sie aber rannte weiter. Sie war in Panik – wie sonst wäre sie auf die Idee gekommen, barfuß und mit nackten Beinen das Gestrüpp
     zu durchqueren, das hier am Waldrand wucherte?
    Luc spurtete los. Er holte die Frau bei den ersten Buchen ein. Er riss sie herum. Er flehte, sie solle bleiben. Die Frau schlug
     ihm ins Gesicht. Luc erstarrte.
    Plötzlich stand Joseph Hagenau neben mir.
    »Was wollen Sie hier?«, fuhr der Alte mich an.
    »Ich will mit Ihnen über den Wackesberg sprechen.«
    »Verschwinden Sie!«
    Ich versuchte, ruhig zu bleiben. »Warum wollen Sie verhindern, dass das Gelände verkauft wird?«
    Der Alte schaute mich böse an. »Das verstehen Sie nicht, Sie kommen aus Deutschland ...«
    »Was ist mit Ihrem Hund? Waren Sie mit ihm dort?«
    Der alte Hagenau musterte mich, dann grinste er hämisch und pfiff kurz und laut.
    Instinktiv wandte ich mich um – und erstarrte vor Schreck: Der verrückte Hund erschien in der Hintertür. Ohne Kette. Der Alte
     musste ihn vorne ins Haus gelassen haben.
    Ich war wie gelähmt: Ich sah nur die irren Augen des Tieres. Es bückte sich zum Sprung. Ich schützte meine Hoden, für meine
     Waffe war es zu spät. Ich schloss die Augen.
    Ein Schuss fiel. Ich riss die Augen auf. Der Hund lag vor mir auf der Erde. Blut floss aus seinem Maul. Er röchelte. Es dauerte
     zwei, drei Sekunden, dann war er verendet.
    An der Ecke des Hauses stand Louis Straßer. Seine Dienstpistole mit ausgestreckten Armen im Anschlag.
    |61| Der alte Hagenau brüllte und ging auf Straßer los. Straßer schwenkte die Pistole nur leicht. Er zielte jetzt auf den Alten.
     Joseph Hagenau blieb sofort stehen. So eine Pistole wirkt Wunder. Vor allem, wenn schon ein Schuss gefallen ist und man in
     ihre Mündung schaut.
    Ich trat vorsichtig den Rückzug an. Als ich auf Straßers Höhe war, flüsterte ich: »Danke!«
    »Los«, sagte er, »wir verschwinden hier, bevor die durchdrehen. Ich bin sicher, sie haben Waffen im Haus. Und der Alte hing
     an dem Köter.«
    Straßer hatte gerade den Motor gestartet, als die Frau an die Scheibe klopfte.
    Ich kurbelte die Scheibe herunter. Sie zeigte aufgeregt auf den Rücksitz – sie wollte mitgenommen werden.
    »Steigen Sie ein!«
    »Sind Sie wahnsinnig?«, zischte Straßer. »Das geht doch nicht.«
    »Sollen wir sie etwa hier zurücklassen?«
    »Was die Barbaren untereinander treiben, geht uns nichts an.«
    Doch da war sie schon eingestiegen.
    Straßer wendete und schoss

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