Borderlands
raus, wo er
gestern Abend war.«
»Aber die
beiden Fälle sind doch nicht miteinander verknüpft, oder?«, fragte Holmes.
»Soweit ich
weiß, nicht«, antwortete ich, »aber wenn wir zwei Fliegen mit einer Klappe
schlagen können …«
»Wir haben
sonst niemanden«, erklärte Costello. »Ich habe Unterstützung aus Letterkenny
angefordert, aber Sie scheinen die Pubs und so weiter ja zu kennen. Sie haben
vielleicht bessere Erfolgsaussichten als die meisten anderen.«
»Ich rufe
Hendry an, damit es wegen des Grenzübertritts keinen Ärger mit der
Zuständigkeit gibt«, sagte ich. »Caroline, bleiben Sie weiter an dem Goldring
da dran. Ich werde mal sehen, ob ich mit Johnny Cashell reden kann, auch wenn
es unwahrscheinlich ist, dass er es war; ich kann mir nicht vorstellen, dass er
seine eigene Tochter unter Drogen setzt und missbraucht. Außerdem«, fügte ich
hinzu, »glaube ich nicht, dass es ein sexueller Übergriff war.«
»Die
Rechtsmedizinerin äußert in ihrem Bericht die Vermutung, dass es
einverständlich war; das bedeutet nicht zwingend, dass es auch so war«, meinte
Williams.
»Stimmt. Aber
trotzdem. Größe, Drogen, Augenzeugen – alles scheint auf Whitey McKelvey
hinzudeuten.«
»Wenn der
kleine Scheißer sich nur mal blicken lassen würde«, fügte Williams hinzu.
»Vielleicht
hat er das ja schon getan«, erwiderte Holmes und klopfte auf das
Überwachungsvideo vor uns.
Wir bauten Videogerät und Fernseher im
Konferenzraum im hinteren Teil der Polizeiwache auf und spielten das Band von
Anfang an ab. Es begann am Donnerstag, dem neunzehnten Dezember um 18:00; Datum
und Uhrzeit erschienen in weißen Buchstaben am unteren Bildrand. Die Bilder
sprangen alle zwanzig Sekunden von einer Ansicht zur nächsten.
Williams
spulte das Band vor, bis gegen 19:20 Gäste eintrafen. Bei jedem Neuankömmling
hielten wir auf der Suche nach Angela und ihrer Begleitung – von der wir
annahmen, dass es sich dabei um Whitey McKelvey handelte – das Band an.
Um 21:30 wurde
es allmählich voll, aber die beiden waren noch immer nicht da; allerdings war
uns aufgefallen, dass ein junger Mann mit rasiertem Kopf und einer
Schultertasche auf die Herrentoilette gegangen, jedoch noch nicht wieder
herausgekommen war. Holmes kam zu dem Schluss, der Mann müsse entweder Drogendealer
oder homosexuell sein. »So oder so, wir schnappen ihn uns, wenn wir ihn auf
dieser Seite der Grenze sehen«, fügte er hinzu.
Irgendwann
wurde das Licht im Lokal gedämpft. Dann wechselte das Bild zur Eingangstür, und
ich erhaschte einen Blick auf ein blondes Mädchen, das unter der Kamera
hindurchging. Sie trug Jeans und ein blaues Oberteil, genau wie Johnny Cashell
Angelas Kleidung an jenem Abend beschrieben hatte. Gleich hinter ihr und halb
außerhalb des Blickfelds der Kamera ging eine dünne Person mit kurzem, beinahe
wasserstoffblondem Haar in Jeans und einem weißen Oberteil. Die Person sah
nicht zur Kamera hoch, deshalb konnten wir nur ihren Oberkopf mit dem hellen
Haar sehen. Holmes hielt das Band an, und wir beugten uns alle ein wenig näher zum
Bildschirm.
»Ist er das?«,
fragte Williams und starrte missbilligend auf den Bildschirm.
»Ich glaube
schon«, sagte ich.
Holmes klopfte
mit den Knöcheln gegen den Bildschirm. »Meine Damen und Herren: Whitey
McKelvey, nehme ich an.«
Die Aufnahme war nicht so scharf, wie wir es
uns gewünscht hätten, doch die Annahme erschien plausibel. Wir schauten uns
noch eine weitere Stunde des Bandes an und sahen Angela mehrfach: in der
Schlange vor der Theke, beim Tanzen, im Gespräch mit einer Gruppe Mädchen vor
der Toilette. Das Band war beinahe zu Ende, als ich ein Gesicht wiedererkannte
und alles sich zusammenfügte. Die Kleidung war logischerweise nicht dieselbe;
anstelle der rosafarbenen Uniform trug sie ein graues Satinoberteil, das jede
Kurve betonte. Sie trug Make-up und wirkte älter, doch es gab kein Vertun –
dies war Yvonne Coyle, die junge Frau, die tags zuvor Tommy Powell in seinem
Zimmer gefüttert hatte. Zugleich ging mir auch auf, wo ich ihr Gesicht schon
einmal gesehen hatte: Wange an Wange mit Angela Cashell auf dem
Passfotostreifen, der sorgfältig in jenem nicht zu Ende gelesenen Liebesroman
steckte, der unter dem Bett des toten Mädchens lag.
Ich rief beinahe unverzüglich in Finnside an,
während Holmes und Williams sich an die ihnen zugewiesenen Aufgaben machten.
Mrs MacGowan sagte mir ein wenig ärgerlich, Coyle habe sich telefonisch
krankgemeldet, nachdem sie am
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