Botschaften des Herzens: Roman (German Edition)
spürte förmlich die wütenden Blicke, die er ihr zuwarf.
»Nun, Laura« – es klang so persönlich, obwohl es auch an das Publikum gerichtet war – »tatsächlich gibt es ein paar neue Arbeiten.«
Laura hatte diese Antwort erwartet – es war seine übliche Ausrede –, deshalb beschloss sie nachzuhaken. Sie war so weit gegangen, jetzt konnte sie nicht mehr zurück. »Und, haben Sie sie dabei?«
»Das habe ich.« Er hob die Mappe auf und legte sie auf seinen Schoß.
»Oh.« Diese Antwort hatte sie ganz sicher nicht erwartet, doch jetzt kam die echte Herausforderung. Sie war neugierig, wie er reagieren würde. »Und würden Sie uns etwas daraus vorlesen? Oder sollen wir mit den Fragen aus dem Publikum weitermachen?«, meinte sie.
»Lesen!«, rief das Publikum.
Dermot lächelte sie an und wandte sich dann wieder an Laura. »Es ist eine Kurzgeschichte.«
»Das ist schön«, sagte sie, bemüht, ihre wachsende Aufregung nicht zu zeigen. Er schien wirklich etwas Neues zu haben. »Würden Sie sie uns vorlesen?« Sie fühlte sich, als spräche sie einem kleinen Kind Mut zu.
»Sind Sie sicher, dass Sie mir stattdessen nicht lieber noch ein paar Fragen stellen möchten?«, fragte er neckend.
War der Mann wahnsinnig? Er bot an, eine Kurzgeschichte zu lesen, und würde damit nicht nur die Qualen dieses Interviews für sie beenden, sondern gleichzeitig auch noch Literaturgeschichte schreiben!
»Na ja, fragen wir doch das Publikum, was es dazu meint?«, sagte sie, sicher, dass es auf ihrer Seite sein würde.
Das »Ja« aus dem Saal war ohrenbetäubend, doch Dermot sah weiter Laura an. Sie erwiderte seinen Blick, der nicht verriet, was in ihm vorging.
»Dann wäre das sehr schön«, sagte sie, als akzeptierte sie eine zweite Tasse Tee.
»Okay, also. Dann fange ich an. Es ist falsch, ein Spiel zu spielen, wenn der andere die Regeln nicht kennt, und doch stellen wir fest, dass wir es ständig tun. «
Seine Stimme war so wunderschön, so sexy, dass Laura es zuerst nur genoss, dem melodischen Klang jedes einzelnen Satzes zu lauschen, ohne wirklich darauf zu achten, was er da eigentlich vortrug. Aber mit der Zeit nahm die Geschichte in ihrem Kopf Gestalt an, und sie hörte genauer zu.
»Zu welchem Zeitpunkt des Spiels enthüllen wir den Betrug? In der Mitte? Oder am Ende, wenn der Erfolg sich wie eine Niederlage anfühlt? Und es unvermeidlich ist, dass jemand verletzt wird?«
Während er von Beziehungen sprach und darüber, wie man jemandem sanft den Laufpass gab, wurde Lauras Mund trocken, ihre Wangen färbten sich tiefrot, und sie fürchtete, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen. Redete er von ihr? Hatte er eine Kurzgeschichte über sie geschrieben, über ihre Beziehung, wenn man das eine Beziehung nennen konnte?
Der Rest der Geschichte flog an ihr vorbei, ohne dass ihr Gehirn sie wirklich aufnahm. Nur ein paar Worte blieben hängen. »Verrat … Leidenschaft« und, grausamerweise, »Heldenverehrung« .
Je mehr er las, desto kälter wurde ihr ums Herz. Er hatte über sie geschrieben, über sie beide, über unerwiderte Liebe und darüber, wie man jemanden verließ, ohne ihm wehzutun. Und er las ihre Geschichte einem ganzen Raum voller Leute vor. Warum hatte er sie ihr nicht per E-Mail geschickt? Dann hätte sie sie wenigstens allein lesen können.
Laura saß auf der Bühne und wartete darauf, dass ihre Qualen endeten. Zum Glück waren die Leute im Saal so bezaubert von Dermot, dass sie gar nicht auf sie achteten. Niemand brachte die Geschichte mit ihr in Verbindung, es gab ja auch keinen Grund dafür. Der Gedanke half ihr. Laura hatte das Gefühl, die Veranstaltung jetzt mit Würde beenden zu können, selbst wenn sie gern geflohen wäre und sich für immer vor dem Rest der Welt versteckt hätte. Ihr wurde klar, dass ein kleiner Teil von ihr noch immer gehofft hatte, Dermot und sie hätten eine Chance, aber er hätte es nicht klarer ausdrücken können. Wie sollte sie ihm je wieder gegenübertreten? Für Fragen blieb nun keine Zeit mehr, stellte sie bei einem Blick auf ihre Uhr fest. Dermot würde dankbar dafür sein.
Als die Geschichte zu Ende war, sprangen die Zuschauer auf und applaudierten, so laut sie konnten. Laura nahm vage wahr, dass Handykameras klickten und sogar Blitzlichter zuckten. Waren Presseleute da? Eigentlich hätte das nicht der Fall sein dürfen, aber wie sollte man sie daran hindern?
Dermot trat mit erhobenen Händen an den Rand der Bühne, um die Menge zu beruhigen. Laura schlich nach hinten
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