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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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übersetzt hatte. Chiara war geschwächt und fahl wie bei seinen letzten Besuchen, aber ihr Blick erschien Leo um einiges wacher, und zwischendrin meinte er sogar ein winziges Lächeln auf den welken Lippen zu erkennen.
    »Du nimmst deine Aufgabe sehr ernst, das gefällt mir«, ließ sie ihn durch den Mund von Suor Regula wissen. »Gott liebt die Gewissenhaften, wenngleich er ihre Mühe auch nicht immer und überall mit Erfolg belohnt. Sieh dich in Ruhe um – wir haben nichts zu verbergen!«

    Leo neigte den Kopf.
    Nur zu gern hätte er an ihre Unterstützung geglaubt. Doch war die Einwilligung nicht eine Spur zu widerstandslos erfolgt? Und was verbarg sich hinter dem ruhelosen Spiel der Hände auf der fadenscheinigen Bettdecke?
    »Regula und Benedetta werden dich begleiten.« Da war sie, die Einschränkung, auf die er gewartet hatte! Nicht einen Moment würden sie ihn also aus den Augen lassen, so viel war gewiss. »Du kannst dich in allen Fragen an sie wenden.«
    Madre Chiara wusste, wie sie die Schwestern und ihren Konvent zu führen hatte, das bewiesen ihre Worte. Aber wusste sie auch etwas über Giorgio, das wichtig für seine Ermittlungen sein konnte?
    Leo entschloss sich, behutsam vorzufühlen: »Ein Bruder ist unter schrecklichen Umständen ums Leben gekommen«, fuhr er fort und achtete darauf, dass Regula auch jedes seiner Worte an die Äbtissin weitergab. »Der alte Eremit oben auf dem Monte Subasio, Giorgio, noch ein Gefährte Francescos, der als Letzter die Carceri gehütet hat. Durchaus möglich, dass du ihn sogar persönlich gekannt hast.«
    Chiaras Lider begannen zu flattern. Obwohl sie bewusst seinen Blick mied, konnte er die Anspannung in ihrem geschundenen Körper deutlich spüren.
    »Man hat ihn nicht nur hinterlistig vergiftet«, fuhr Leo fort, »sondern auch einen Pfeil durch seine Hand gejagt …«
    Chiara schien etwas zu murmeln. Die Finger hatte sie inzwischen zu Fäusten geballt.
    »Was hat sie gesagt?«, wandte sich Leo an Regula. »Ich muss alles wissen!«
    »Gott wird sich seiner annehmen. Wir alle sind Seine Kinder. In Ewigkeit – Amen.«

    Ganz und gar nicht die Antwort, die er sich erhofft hatte.
    »Hast du ihn gekannt, Madre Chiara?«, drang Leo weiter in sie. »Bitte sag es mir! Oder gab es möglicherweise eine Verbindung zwischen Fra Giorgio und Suor Magdalena? «
    »No, no, impossibile …« Chiara verstummte.
    »Ganz und gar unmöglich!«, übersetzte Regula mit bebender Stimme. »Siehst du nicht, wie sehr dein Gefrage sie aufregt? Wenn du so weitermachst, wirst du sie noch in den Tod treiben.«
    Leo erhob sich von seinem Hocker. Er würde nichts mehr erfahren, zumindest nicht heute, das verriet ihm Chiaras Mund, der zum Strich geworden war, so fest hatte sie die Lippen aufeinandergepresst.
    »Dann werde ich die Durchsuchung jetzt angehen. Eigentlich dürfte …« Leo zögerte kurz, dann aber entschied er sich, es auszusprechen. »Eigentlich dürfte ich selbst deine Kammer nicht von meiner Nachforschung ausnehmen.« Die Frau auf dem kargen Krankenlager lag steif und regungslos wie eine Tote. »Doch angesichts deines geschwächten Zustands und weil du mir ja ohnehin niemals die Unwahrheit sagen würdest, will ich Abstand davon nehmen.«
    Noch immer keinerlei Reaktion. Chiaras aderblaue Hände hatten offenbar ihren Frieden gefunden, ruhten jetzt wie zum Gebet gefaltet auf der eingefallenen Brust.
    Da bewegten sich ihre Lippen, Leo vernahm kaum mehr als einen Hauch.
    »Wieso eigentlich du?«, übersetzte Suor Regula. »Diese Frage beschäftigt mich, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe.«
    Ausnahmsweise konnte Leo die greise Äbtissin gut verstehen,
denn er hatte sich diese Frage unzählige Male selbst gestellt.
    »Johannes von Parma hat mich dazu auserwählt«, sagte er bedächtig. »Der Generalminister unseres Ordens. Und ich habe mich dazu bereit erklärt, ohne lange nachzudenken. Gehorsam ist, wie du weißt, eine der höchsten, wenngleich auch der schwierigsten franziskanischen Tugenden. In ihr, wie in vielem anderen, bin ich noch meilenweit von jeglicher Vollkommenheit entfernt, das muss ich leider einräumen. Daher bin ich froh, wenn ich Gelegenheit zur Bewährung erhalte.«
    Chiara ließ sich reichlich Zeit mit einer Antwort, bis sie schließlich erneut zu reden begann: »Ma perchè tu? Un monaco tedesco?«
    Ausgerechnet ein deutscher Mönch, der kaum verstand, was sie zu sagen hatte – ihre kluge Frage brachte alle seine Zweifel direkt auf den Punkt.
    Jetzt war er es,

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