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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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während die Lehrerin, offenbar der Verzweiflung nahe, murmelt: »Mit euch gehe ich nie mehr irgendwohin, wo es was Schönes zu sehen gibt.«
    Alice schließt sich der Klasse an, die zur Haupttreppe marschiert. Sie geht neben einem Mädchen, das ein wenig größer ist als sie, einem Mädchen mit dicken Zöpfen und dunklen Augenbrauen. Es wirft einen Blick auf Alice und scheint zwar zu registrieren, dass sie nicht in ihrer Klasse und auch niemand ist, den es schon einmal gesehen hat, aber es ist so unglücklich darüber, aus dem Museum vertrieben zu werden, dass das nicht zählt. »Meinst du, das hier war früher ein Schloss?«, fragt es Alice.
    »Wahrscheinlich«, sagt Alice, obwohl sie es besser weiß.
    Trotz der Suche nach dem angeblichen Pädophilen und den angeblich entführten Kindern sieht es fast so aus wie an jedem anderen Tag im Metropolitan Museum, als die Klasse und Alice das Erdgeschoss erreichen. An den Ausgängen stehen Polizisten, doch deren Miene ist nur verhalten neugierig, und ihre Haltung ist entspannt. Unterdessen strömen Menschen hinein und heraus, allein, paarweise und in Gruppen, Touristen, Kunstliebhaber, einsame Menschen, jung und alt.
    Die Polizisten an der Tür nehmen kaum Kenntnis davon, dass die Sechstklässler und Alice an ihnen vorbei nach draußen marschieren. Alice zählt weiter ihre Atemzüge, als sie in den kalten, grauen Nachmittag hinaustritt.
     
    Auch Michael zählt: Bänke. Er geht rückwärts, damit er sehen kann, wenn Adam und Alice kommen. Aber wo sind die?
    Er ist an der Grenze dessen angelangt, was er ertragen kann. Seit Adam in seiner Wohnung aufgetaucht ist, befindet er sich in einem ständigen Zustand der Angst und Beklommenheit. Er ist in eine Welt geraten, die er sich nie vorgestellt hat. Eine unsichtbare Hand hat ihm den Teppich der Realität unter den Füßen weggezogen. Er fühlt sich allein, verlassen, der Aufgabe nicht gewachsen. Und Xavier:
Wo bist du nur, verdammt noch mal?
    An der fünfzigsten Bank bleibt er stehen und setzt sich mit dem Blick nach Osten hin. Vor ihm erhebt sich eine Statue von Jagiello, einem polnischen König des fünfzehnten Jahrhunderts und Großfürsten von Litauen, dem Einiger von Litauen und Polen und Sieger über das Heer des Deutschen Ordens in der Schlacht bei Tannenberg. Das Denkmal ist von den Polen für die Weltausstellung 1939 nach New York gebracht worden, und währenddessen wurde Polen von der deutschen Armee erobert, wonach an deutsche Niederlagen erinnernde Monumente dort nicht mehr willkommen waren. Deshalb ist die Statue damals in Amerika stehengeblieben, und nun steht sie immer noch da. Das gepanzerte Pferd des Königs sieht ziemlich bang drein; es neigt den Kopf zur Seite und blickt mit erschrocken aufgerissenen Augen seitlich zu Boden, als wollte es den Anblick des zu erwartenden Schlachtens meiden. Jagiello hingegen strahlt kühne Wehrhaftigkeit aus; seine Krone sitzt fest auf seinem fließenden Haar, seine Miene ist trotzig und voll königlichem Selbstvertrauen. Die Arme hat er v-förmig gehoben, und er hält in jeder Hand ein Schwert, sodass die Klingen ein X bilden, die eine Spitze nach Norden und die andere nach Süden gewandt.
    »Haben Sie wohl Feuer?«, fragt eine Stimme.
    Aus seiner Träumerei gerissen, setzt Michael sich auf. Irgendwie weiß er, dass er sich nicht umdrehen sollte. Einen donnernden Herzschlag später sitzt Alex Twisden neben ihm. Twisden riecht nach Erde und Wind, seine Schuhe sind mit Dreck bespritzt.
    »Machen Sie, dass Sie fortkommen«, sagt Michael mit ruhiger Stimme.
    »Wieso mischen Sie sich eigentlich ein?«, fragt Alex. Er verschränkt die Arme über der Brust und streckt die Beine aus. »Verdammt, wieso kenne ich Sie überhaupt?«
    Einige Nannys schieben ihre gut eingewickelten Schützlinge vorbei. Es ist kälter geworden, und wenn die Nannys den Mund aufmachen, um sich zu unterhalten, kommt eine Dampfwolke heraus und hängt in der Luft wie die Sprechblase in einem Comicstrip. Eine von ihnen wirft einen kurzen Blick auf Alex und flüstert etwas ihrer Freundin zu, die sich umblickt, während die beiden Frauen sich entfernen.
    »Ich werde die Polizei rufen«, sagt Michael.
    »Gut! Die Polizei sucht schon nach Ihnen. Nach dem ausgeflippten Schwulen, der zwei Kinder aus ihrem Elternhaus entführt hat.«
    »Die Kinder haben Angst vor Ihnen, Twisden. Furchtbare Angst.«
    Alex legt die Hand auf Michaels Knie. Tätschelt es. Drückt es. Tätschelt es wieder.
    »Sie sind ein guter Mensch«, sagt

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