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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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zusammengerollter und mit Isolierband fixierter Teppich, den man aus irgendeinem Grund unter dem Bett deponiert hat.
    »Ich glaube, das hat zu meinem Traum gehört«, sagt Adam.
    »Komm«, sagt Alice. »Es ist besser, wenn wir schlafen.«
    Adam lässt sich zum Bett zurückführen. Die beiden schlüpfen hinein, und Alice knipst die Lampe aus. Die Dunkelheit breitet über ihnen ihre Flügel aus und erfüllt den ganzen Raum.
    Bald ist Alice wieder eingeschlafen, und auch Adam spürt die Nähe des Schlafs, so wie man den Ozean riechen kann, lange bevor man ihn sieht. Er spürt, wie seine Beine schwer werden, wie sein Herzschlag sich beruhigt, wie seine Gedanken sich langsam auflösen. Seine Augenlider flattern und schließen sich.
    Ein furchtbarer Gedanke. Sie haben nicht im Bad nachgeschaut. Die Person, die er im Zimmer gespürt hat, könnte sich dort verstecken.
    In Zimmer 404 gelangt man vom Eingang direkt in einen großen, rechteckigen Schlafbereich mit Bett, Kommode und Fernseher. Von der südöstlichen Ecke dieses Rechtecks geht ein kleiner Flur ab, der zum Bad führt. Adam tastet sich dort an der Wand entlang, wobei er hofft, nicht urplötzlich von etwas berührt zu werden. Endlich spürt er die geschlossene Tür des Bads und fährt mit der Hand am Holz entlang, bis er das kühle Metall der Klinke berührt. Er drückt sie nieder und öffnet die Tür. Dann streckt er die Hand in die Dunkelheit des Badezimmers und flüstert dabei: »Fass mich nicht an, fass mich nicht an.« Er tastet die Wand nach dem Lichtschalter ab, bis ihm einfällt: Die Lampe ist über dem Waschbecken. Er muss das Bad betreten, den Weg zum Waschbecken finden und an der kleinen Kette ziehen, die von der an der Wand befestigten Lampe hängt.
    An der Türschwelle zögert er. »Mom?«, sagt er. »Bist du da drin?«
    Schweigen. Aber es gibt bestimmte Formen des Schweigens, die sich selbst verraten und dich wissen lassen (selbst wenn du es lieber nicht wüsstest), dass dies nicht das echte Schweigen der Abwesenheit oder Leere ist, sondern das falsche Schweigen der Unterdrückung, das angespannte, bebende Schweigen von jemandem, der den Atem anhält, und wenn du das Licht anschaltest, dich umdrehst oder dich blind ein kleines Stück weit vortastest, wirst du definitiv wissen, dass Albträume tatsächlich wahr werden können.
    Adam muss das Licht jedoch gar nicht anschalten. Das tut Leslie an seiner Stelle.
    Sie steht neben dem Waschbecken. Ihre Haare sind zerzaust und hängen ihr so ins Gesicht, dass sie es verdecken. Mit der einen Hand klammert sie sich an den Rand des Waschbeckens, die andere hat sie sich oben auf den Kopf gelegt. Im ganzen Bad sind triefend nasse Handtücher verstreut. Der kleine, enge Raum stinkt nach Fleisch.
    »Raus hier«, sagt sie. Ihre Stimme ist tiefer, als er es je gehört hat.
    »Mommy …« Adams Brust hebt sich; seine Augen füllen sich mit Tränen.
    »Sag: Raus.«
    »Raus.«
    »Lauter …«
    »Raus! Los, raus hier!«
    Leslie fährt leicht zusammen und lässt das Waschbecken los. Sie schwankt, und einen Moment sieht es so aus, als würde sie zusammenbrechen.
    »Raus! Raus!«
, brüllt Adam aus voller Kehle, während Tränen sein Gesicht hinabströmen.
    »Adam?« Die Stimme von Alice kommt vom Bett her.
    Leslie presst sich die Hände auf die Ohren. Durch ihre Grimasse entblößen sich ihre Zähne. Sind die immer schon so groß gewesen?
    Im nächsten Moment ist Alice da und stellt sich neben Adam. Die beiden halten sich aneinander fest, während sie voller Entsetzen auf ihre Mutter starren.
    »Wie bist du hier reingekommen?«, fragt Adam.
    »Ich wollte euch bloß sehen. Nicht, um euch wehzutun.« Sie schlägt sich mit der flachen Hand auf die Brust. »Bloß um euch zu sehen. Und anzuschauen. Euch anzuschauen.«
    »Mom«, sagt Alice. »Bitte. Du machst uns unheimlich Angst.«
    »O … lieber Gott«, sagt Leslie und beginnt zu heulen. »O Gott, o Gott, o bitte hilf mir, hilf mir, bitte.« Sie sieht ihr Gesicht im Spiegel und rammt den Handballen an ihr Ebenbild, worauf der halbe Spiegel in das Waschbecken stürzt. In ihrer Hand ist eine große Glasscherbe stecken geblieben, die sie neugierig einen Moment betrachtet, als wüsste sie nicht recht, wie das Ding da hingekommen ist. Sie zieht es heraus, und durch die Wunde quellen Blutbläschen.
    »Raus, Mom«, sagt Adam. »Verschwinde.«
    Leslie nickt und deutet mit einer Geste an, dass die Kinder ihr aus dem Weg gehen sollen. Als sie an ihnen vorüberkommt, verlangsamt sie ihre

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