Breed: Roman (German Edition)
Stimme.
»Nein, darüber spreche ich nicht.«
»Aber der ganze Zweck dieses Interviews …«
»Hören Sie mir bloß mit irgendwelchen Zwecken auf«, sagt Kiš. Mit einem Mal hat er die herrische Attitüde wieder angenommen, an die Alex und Leslie sich von ihrem Besuch bei ihm so lebhaft erinnern.
»Nichts über die von Hunden stammende Komponente?«, sagt die Stimme ziemlich traurig. Der Doktor schüttelt den Kopf. »Und nichts darüber, dass ein Bestandteil von Bären stammte?« Wieder schüttelt Kiš den Kopf. »Was ist mit den Füchsen?«
»Mein Serum enthält nichts vom Fuchs. Füchse sind nur einmal im Jahr befruchtungsfähig. Was für ein Blödsinn!«
»Und die Wölfe?«
Eine lange Pause. Dann: »Ist doch egal.«
»Das ist dir egal?«, schreit einer der Jungen ungläubig.
»Uns ist das überhaupt nicht egal, Doc!«, schreit der andere Junge.
»Wenn wir überleben, kommen wir zu dir und machen dich alle«, sagt der erste Junge. Die Kamera zoomt den Bildschirm heran, wodurch das Gesicht von Kiš näher rückt und körniger wird.
»Halt das doch mal einen Moment an«, sagt Leslie.
Alex tut, worum sie ihn gebeten hat.
»Kann er uns kurieren?«, fragt Leslie.
»Wollen wir das überhaupt?«, fragt Alex zurück.
»Bist du wahnsinnig?«
Er öffnet den Mund, um etwas zu sagen, schweigt jedoch.
»Kann er uns kurieren, Alex? Sagt er irgendwas darüber?«
»Das kannst du selbst hören«, sagt Alex und startet den Clip wieder.
»In meinem Serum«, sagt Kiš, räuspert sich und strafft die Schultern, »verwende ich viele verschiedene Arten an genetischem Material. Was ist mein Verbrechen? Der Versuch, Menschen Glück und Erleichterung zu verschaffen? Vitalität. Das ist das Schlagwort.« Er ballt die Fäuste, schüttelt sie, bleckt die Zähne. »Kraft. Allzu viele dieser unfruchtbaren Paare warten zu lang, sie leben zu weichlich, sie machen sich Sorgen, sie sind besessen von irgendwelchem Blödsinn. Sie werden fett. Sie erschlaffen. Ich gebe ihnen Kraft zurück. Und Gesundheit. Gutes Blut, Wildheit. Verstehen Sie? Ich pflanze ihnen die Wildnis ein.«
»Wahnsinn«, murmelt einer der Jungen, der das alles offenbar nicht mehr komisch findet.
Der Junge mit der Kamera schwenkt diese vom Bildschirm weg und richtet sie auf seinen Bruder, der bis zu den Schultern reichendes Haar, struppige Koteletten und die ersten Anflüge eines Schnurrbarts hat. Er sieht hohläugig und verängstigt aus, muss sich jedoch vor der Kamera produzieren. Er hebt den Zeigefinger und den kleinen Finger und streckt die Zunge heraus, so weit er kann, als wäre er ein Heavy-Metal-Star, der bei einem Konzert sein mit Headbanging beschäftigtes Publikum grüßt.
»Ach, dieser Junge. Dieser arme Junge«, sagt Leslie.
»Moment«, sagt Alex. »Jetzt kommt das, was du unbedingt hören musst.«
»Um Kraft und Vitalität zu fördern«, sagt Kiš, »habe ich bestimmte Sorten Fischöl verwendet. Ja. Verstehen Sie?«
»Wir sind doch nicht bescheuert, du verfluchter Spinner!«, schreit einer der Jungen.
»Ich glaube an Fischöl, ganz unabhängig von meiner Fruchtbarkeitsforschung. Für die allgemeine Gesundheit, zur Senkung der Triglyzeride, gegen Depression. Selbst für den Hauttonus.« Er blickt unglücklich auf seine eigenen Hände und legt sie dann in den Schoß, wo sie nicht mehr zu sehen sind. »Vielleicht habe ich einen Irrtum begangen …«
»Einen Irrtum?«, fragt die freundliche Stimme.
»Ja.«
»Können Sie mehr darüber sagen?«
»Ist das erforderlich?«, fragt Kiš.
»Es wäre hilfreich«, sagt die Stimme.
»Wir werden dich finden!«, bellt einer der Jungen, dessen jugendliche Energie zurückgekehrt ist.
»Und dich in Fetzen reißen, Mann«, fügt sein Bruder hinzu.
»Und die verstreuen wir dann im Wind!«, brüllen beide im Chor. Ihre Stimmen hören sich nun an wie ein Geheul.
Leslie greift nach Alex’ Hand und sieht mit sehr, sehr angstvollem Blick zu ihm hoch.
»Ich habe Öl von einem ganz gewöhnlichen Fisch genommen«, sagt Dr. Kiš leise. »Es ging mir dabei um die Verfügbarkeit. Deshalb habe ich mich schließlich für die Familie der Gobiidae entschieden.«
»Kein Latein, bitte, Doktor.«
»Für die Grundel. Einen Allerweltsfisch. Kaltwasser, warme Meere, Aquarien.«
»Und damit gab es ein Problem?«, erkundigt sich die Stimme.
»Jetzt kommt’s!«, ruft einer der Jungen. Seine Stimme klingt so, als ob er in einer Achterbahn säße, die langsam die erste Steigung hochkriecht.
»Ja, ein Problem. Dieser Fisch
Weitere Kostenlose Bücher