Breed: Roman (German Edition)
Slowenien, und Dr. Kiš sitzt an seinem Schreibtisch. Durch das Fenster hinter ihm strömt Sonnenlicht. Er trägt einen feinen, neuen blauen Anzug. Er ist frisch rasiert und frisiert, und er sieht entspannt, fast glücklich aus.
Vor ihm steht ein guter Bekannter mit der Filmkamera. »Also«, sagt der Bekannte, »dann erzählen Sie uns mal, was Sie sich ausgedacht haben.«
»Auf Englisch?«
»Ja. Anschließend machen wir es in ein paar anderen Sprachen. Aber fangen wir mit Englisch an.«
Kiš räuspert sich. »Jetzt?«
»Sobald Sie bereit sind, Doktor.«
»Hallo, dies ist Dr. Slobodan Kiš. Ich spreche zu Ihnen aus dem freien und unabhängigen Land Slowenien.« Kiš räuspert sich erneut, diesmal kräftiger.
»Wie manche von Ihnen bereits wissen, biete ich seit fast fünfzehn Jahren Fruchtbarkeitsbehandlungen an. Hunderte von Menschen sind zu mir gekommen, viele ohne Hoffnung. Es ist mir nicht gelungen, allen Patienten ein Kind zu schenken, aber meine Erfolgsquote ist in der modernen Fruchtbarkeitsmedizin unerreicht. Es sind Artikel in der französischen Zeitschrift
Paris Match
, im deutschen
Spiegel
, in der russischen
OK
!, in der amerikanischen
Town & Country
und natürlich in zahlreichen medizinischen Fachzeitschriften erschienen. Es ist keine Frage, überhaupt keine Frage, also täuschen Sie sich nicht, meine Freunde – ich bin in aller gebotenen Bescheidenheit der führende Fruchtbarkeitsspezialist in Europa und der ganzen Welt.
Hat es Irrtümer gegeben? Natürlich gab es die. Waren manche davon … bedauernswert? Ja, ohne Frage. Aber zweierlei muss im Vordergrund stehen.
Erstens: Beklagen sich meine Patienten, meine Behandlung sei unwirksam und würde nicht funktionieren? Nun, die Antwort darauf ist ein überwältigendes
Nein
.«
Plötzlich verstummt Kiš. Er holt tief Luft und kneift sich in die Nase.
»Stimmt etwas nicht?«, fragt der Mann mit der Kamera.
»Ich muss mich bloß ausruhen.«
»Es läuft sehr gut, Dr. Kiš. Ganz ehrlich. Fangen Sie einfach wieder an, wo Sie abgebrochen haben.«
»Die zweite Frage«, fährt Kiš fort, »ist natürlich äußerst wichtig, und sie lautet: Wie steht es mit der Gesundheit, der kurz-und langfristigen Gesundheit meiner Patienten? Nun, ich kann mit völliger Gewissheit feststellen, dass meine Bilanz perfekt und makellos ist. Vor allem, wenn man die Kiš-Methode mit künstlicher Befruchtung, In-Vitro-Fertilisation und Fruchtbarkeitsmedikamenten vergleicht – nun, dann ergibt sich wirklich ein rosiges Bild. Meine Patienten leiden an keinerlei Infektionen, keinen Harnwegsproblemen, keinem Energieverlust; sie erleben nur frische Kraft und die Freuden der Elternschaft.«
Kiš schiebt sein Kinn vor, und plötzlich sind seine Augen so grimmig kalt wie die eines Adlers, der sein Nest bewacht. Seine Lippen biegen sich trotzig nach unten, und er verschränkt die Arme vor der Brust, sodass er das Bild eines Mannes abgibt, der niemandem Rechenschaft schuldig ist.
»Äh … Dr. Kiš? Ich dachte, der Grund, weshalb wir dies machen …«
»Torheit«, sagt Kiš.
»Hat es nicht gewisse … Probleme gegeben? Probleme, die angesprochen werden müssen? Menschen, die beruhigt werden sollten? Denen man Hoffnung machen müsste?«
»Ach«, sagt Kiš und winkt ab. »Na gut. Das wollen Sie also hören, ja? In einigen sehr seltenen Fällen – höchstens vielleicht zwei von zehn –, war die unseren Patienten verabreichte Mischung stärker als … Ach nein, das will ich natürlich nicht sagen. Was ich sagen will, ist dies. Das andere lassen Sie raus, okay?«
»Sprechen Sie einfach weiter, Dr. Kiš.«
»Den ganz wenigen Patienten, die womöglich wünschen, dass einige der Nebenwirkungen der Behandlung beseitigt werden, völlig ausgelöscht, paff, verschwunden, denen möchte ich sagen, dass ich mich mit diesem Problem beschäftigt und eine einfache Lösung gefunden habe. Wenn Sie mich also aufsuchen wollen, sind Sie natürlich willkommen, zu äußerst geringen Kosten. Schließlich will ich nicht reich werden. Ich bin schon sehr reich – zu reich! Und falls Sie sich Sorgen machen sollten, dass Ihre Kinder während der Pubertät womöglich exzessive Energie, Sexualität, was auch immer entwickeln könnten … Also, die meisten dieser Befürchtungen sind grundlos. Diesen Kindern geht es gut, und Ihnen auch. Viel Lärm um nichts, wie der gute alte Shakespeare es ausgedrückt hat. Aber wenn Sie irgendwelche Nebenwirkungen loswerden wollen, dann können wir das gerne tun. Es ist
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