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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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Leider
    habe ich mich verschätzt und fange heftig an zu
    husten.
    «Da hast du aber Glück gehabt, mehr Husten
    bedeutet mehr Flash. Leider funktioniert das bei
    mir aber schon nicht mehr», sagt Florian.
    «Wisst ihr, Leute, für mich ist das schon
    Routine. Meine Güte, wenn ich mich
    zurückerinnere, wie viele Joints ich schon
    geraucht habe», äfft Jan Florian nach.
    «Ich mein’ doch nur wegen der Ziesen, musst
    ja nicht gleich übertreiben, Jan.»
    Ich habe inzwischen meinen dritten und, weil
    die anderen abgelenkt waren, schnell noch
    heimlich einen vierten Zug genommen.
    «Es wird alles größer, Leute, dieses
    angenehme Gefühl zieht sich von meinen
    Zehenspitzen bis in meinen Kopf. Merkt ihr das?
    Das, genau das hat Bob Marley und 2Pac ihre
    Texte schreiben lassen. Fühlt ihr das? Spürt ihr,
    was ich spüre?»
    - 89 -

    Die drei sind in meinem Sofa versunken und
    nehmen nicht gerade viel Anteil an dem, was
    ich ihnen nahe zu bringen versuche.
    «Wir wissen genau, was du meinst, Monsen»,
    murmelt Jan, dabei ist offensichtlich, dass er
    gar nicht richtig hingehört hat.
    Ist mir aber auch egal. Wir liegen
    zurückgelehnt da, träumen vor uns hin und
    genießen den Flash. Nach einer Weile richtet
    Markus sich auf, weil er gelbe Post-its auf
    meinem Tisch entdeckt hat, und fängt an, sie
    sich überall ins Gesicht zu kleben. Wir alle
    müssen laut losprusten vor Lachen, und ich
    merke dabei, wie die Anspannung, die sich in
    den Sommerferien mit meiner Mutter
    aufgestaut hat, langsam von mir abfällt. Ich
    lache mich aus der Welt und fühle mich leicht
    und schwer zugleich. Leicht komme ich mir vor,
    weil meine Gedanken unaufhaltsam und wie
    Federn von einem Ort zum anderen fliegen
    können und ich mich an viele schöne Dinge
    erinnere, zum Beispiel geile Hip-Hop-Konzerte.
    Schwer komme ich mir vor, wenn ich auf
    meinen Körper achte, der mit mir bequem auf
    dem Sofa sitzt. Mir wird schlagartig bewusst,
    dass ich mir noch viel mehr vorstellen könnte,
    die Farben und Orte vor meinem inneren Auge
    noch viel leuchtender und detailreicher sein
    könnten. Ich könnte mit offenen Augen
    träumen und die großartigsten Dinge sehen und
    - 90 -

    erleben, ohne mein Sofa zu verlassen, wenn ich
    mehr kiffen würde.
    «Amon, lass mal jetzt eine von den
    Chinokkensuppen fraatzen.»
    «Na, haste ’n Fressflash, du alter Profikiffer?»
    «Ja, geht klar. Bleibt einfach hier, ich bring
    den Scheiß her.»
    Irgendwer dreht die Musik lauter. Ich
    erschrecke ein bisschen, als ich aufstehe und
    merke, wie unsicher mein Gang geworden ist.
    Der Raum scheint riesiger und riesiger zu
    werden. Der Eindruck wirkt verstärkt durch die
    vielen Spiegel, die hier überall hängen. Es gibt
    sie in allen Größen, kleine und große Kacheln
    und auch mannshohe Spiegel.
    Neben dem Spiegelschrank, in dem das
    Silber von meiner Großmutter liegt, führt eine
    Treppe zu einer kleinen Empore, wo meine
    Mam schläft. Von dort oben kann man auf alle
    runtergucken. Am Geländer hängen zwei große
    weiße Engel. Ich setze das Wasser auf und
    blättere ein bisschen in den Zeitschriften und
    Büchern meiner Mutter, die auf der Treppe
    rumliegen. Plötzlich habe ich das Gefühl, als
    hätte ich genau diesen Moment mit den Engeln,
    dem Wasser und der Treppe schon einmal
    erlebt oder ihn schon einmal genau so
    geträumt.
    «Was für ein geiler Flash», sage ich laut.
    Ich glaube, mir ist noch nie aufgefallen, wie
    schön die Spiegel in diesem großen, weißen,
    - 91 -

    hellen Zimmer wirken. Sie erzeugen den
    berühmten Blick in die Unendlichkeit. Ich
    schlage ein Gartenbuch auf. Wie cool, dass mir
    gerade dieser Band in die Hände gefallen ist.
    Ich entdecke darin das Bild einer zehn Meter
    hohen Pflanzenskulptur aus Büschen in Form
    eines Gesichts, aus dessen Mund Wasser
    spritzt. Die Büsche schillern in psychedelischen
    Farben. Vor allem die zackigen Haare des
    Pflanzengesichts leuchten besonders eigenartig,
    berauschend. Ich starre darauf und fange an zu
    träumen, stelle mir vor, wie mir das Wasser aus
    dem Mund des Pflanzenclowns auf den Kopf
    sprudelt…
    Klack. Das Wasser hat gekocht.
    «Hier, Jungs.»
    Während die anderen noch immer laut und
    hektisch über deutschen Hip Hop diskutieren,
    lehne ich mich zurück und träume weiter.
    Endlich ist es passiert. Endlich weiß ich, wie es
    ist, breit zu sein oder, wie Florian sagen würde,
    stoned. Ich habe es mir ein bisschen extremer,
    ekstatischer vorgestellt, aber eigentlich bin ich
    ganz

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