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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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Silke verschwinden plötzlich
    um die Ecke. Ich habe das unangenehme
    Gefühl, dass sie mich loswerden wollen, indem
    sie mich einfach abhängen. Mir doch egal. Ich
    will keinem meine Gesellschaft aufzwingen. Es
    läuft also darauf hinaus, dass ich alleine über
    das Gelände laufe und die Eindrücke in mich
    aufsauge. Die vielen Menschen, die krassen
    Hip-Hop-Typen, die lauten Bässe, das
    Graffitizelt und der legendäre Sprüher See –
    begeistert wandere ich mit offenen Augen und
    Ohren durch die Massen und kann nicht genug
    kriegen von dieser Stimmung. Nach ein paar
    Stunden merke ich dann doch, wie
    mitgenommen ich von der Fahrt und den vielen
    Eindrücken bin, und lege mich für heute
    schlafen.
    Am nächsten Tag kommt meine Mutter an,
    sie will ein paar Interviews für einen Artikel
    über Hip Hop führen. Ich will auf diesem Fest
    nicht so viel mit ihr zu tun haben und lieber
    meine Zeit als Teil des Publikums verbringen.
    Dies hier ist meine Welt, nicht ihre. Hier hat sie
    eigentlich nichts verloren.
    - 228 -

    Deshalb treffe ich sie auch nur kurz und
    verabrede mich mit ihr für die Rückfahrt am
    nächsten Morgen. Dann wandere ich den
    ganzen Tag allein über das Festivalgelände,
    höre verschiedenen Acts zu und genieße die
    Stimmung, die Sonne und das Kiffen. Ferris MC,
    Kool Savage, Samy Deluxe, Rhazel – alle
    großen Hip-Hop-Acts sind da. Ich stehe in der
    Masse vor der Bühne, singe laut mit, hüpfe im
    Takt der Musik mit Gleichgesinnten auf und ab.
    Ein berauschendes Gefühl der Freiheit
    durchströmt mich.
    Als ich gerade einem legendären
    Beatboxkünstler aus den USA zuhöre, fordert
    der auf einmal das Publikum wiederholt auf,
    «Amon Ra» zu brüllen. Da macht es plötzlich
    Klick, und ich verliere den klaren Verstand. Ist
    dieses Konzert nur eine für mich hergestellte
    Illusion? Wieso weiß der Künstler von mir und
    lässt die Menge meinen Namen rufen? Will er
    mich quälen? Ich gehe verwirrt durch die
    Menschenmenge. Von allen Seiten schauen
    mich Gesichter mit Joints im Mund an, als
    wüssten sie, wer ich bin und was ich denke.
    Mein Puls beginnt zu rasen, ich bekomme
    Panik, bahne mir den Weg durch die immer
    dichter werdende Menschenmasse – Luft!
    Endlich draußen. Schnell zum Zelt, ich muss
    schlafen, vergessen. Doch ich höre sie weiter
    meinen Namen rufen. Immer wieder. Ich gehe
    noch einmal zurück und gelange in ein zweites,
    - 229 -

    kleineres Zelt, in dem gleich Ferris MC auftreten
    soll. Alle tanzen auf verwirrende Art im
    Stroboskoplicht: eine außer Kontrolle geratene
    Masse. Hastig flüchte ich wieder zurück in mein
    Zelt. Ich begreife nicht, was das für Menschen
    sind, die sich so verhalten und gemeinsam Jagd
    auf mich machen, die sich in meine Gedanken
    einklinken. Es ist eine einfache Gleichung, eine
    Formel, die ich in meinem Kopf zu beweisen
    versuche: Wenn die mich denken hören
    können, sind das keine Menschen. Wenn das
    keine Menschen sind, ist die Realität nicht das,
    was sie scheint. Wenn die Realität nicht das ist,
    was sie scheint, ist sie nur eine Illusion. Und
    wenn sie nur eine Illusion ist – kann es dann
    nicht sein, dass ich in einem
    Computerprogramm lebe? Ich muss an das
    Torch -Album denken. In einem der Lieder geht
    es auch um die Irrealität der Wirklichkeit. Es
    wird angedeutet, dass wir nicht wissen können,
    ob Feuer, Wasser und Wind das sind, wofür wir
    sie halten. Gerade jetzt erscheint mir das
    durchaus möglich.
    Nach einer Weile falle ich in einen unruhigen
    Schlaf.
    Am nächsten Morgen fahre ich mit meiner
    Mutter zurück nach Hamburg. Zum Glück ist
    heute, am helllichten Tag, nichts mehr von
    diesem verrückten Film übrig.
    «Ja, Mama», lüge ich, ohne darüber
    nachzudenken, «das Konzert hat wirklich Spaß
    - 230 -

    gemacht. Mit meinen Freunden war es einfach
    super.»
    Schlägereien und Theater
    Florian und ich haben Stress. Das Ganze hat
    sich während der Ferien aufgestaut: Offenbar
    scheint Florian sich ein Beispiel an Dirk nehmen
    zu wollen und macht immer heftigere Sprüche
    über mich und die anderen. Dann haben wir
    uns darüber gestritten, wer bei wem
    Kifferschulden hat, und er hat sich von mir Geld
    für ein Konzert geliehen, ohne es mir
    zurückzugeben. Ich fühle mich an die
    Demütigung durch Dirk erinnert und sage mir:
    diesmal nicht. Diesmal bekomme ich mein Geld
    zurück. Aus mir macht ihr niemanden, den ihr
    nach Belieben abzocken könnt.
    Als die Jungs und ich heute bei mir kiffen,
    bedrohe ich Florian,

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