Brenda Joyce
über die Näherin gleiten, was diese jedoch
nicht bemerkte, da sie sich bereits abgewandt hatte. Francesca fand, dass sie
nervös wirkte. »Nein, nicht nötig. Ich bringe sie gleich runter.«
»Hätten Sie nicht Lust, sich uns anzuschließen? Das heißt, wenn
Sie nichts anderes vorhaben?«
Maggie stolperte und drehte sich abrupt zu ihm um. »Wie bitte?«
Er trat lächelnd auf sie zu.
»Bitte kommen Sie doch mit uns, Mrs Kennedy. Heute ist kein schöner Tag für ein
Picknick, darum habe ich mir eine Überraschung für die Kinder einfallen
lassen. Ich glaube, Sie hätten auch Spaß daran.« Sie blinzelte. »Ich kann doch
unmöglich ...«
»Aber
warum denn nicht?«
»Ich ... ich hab schon was anderes vor. Tut mir leid«, behauptete
sie.
Evan lächelte immer noch, aber Francesca kannte ihn gut und
wusste, dass er enttäuscht war. Sie sah es in seinen Augen, die sich plötzlich
verdüsterten. Und was Maggie betraf, so sagte sie ganz gewiss nicht die Wahrheit.
Francesca beobachtete die
beiden irritiert. Dies war nicht das erste Mal, dass ein Wortwechsel zwischen
ihrem Bruder und Maggie Kennedy sie verwirrte. Ihr Bruder war ein Gentleman.
Er würde niemals leichtfertig mit einer so ordentlichen, anständigen Frau wie
Maggie schäkern. Außerdem entsprach sie ganz und gar nicht seinem Geschmack.
Seine letzte Mätresse war eine bekannte Bühnenschauspielerin gewesen, eine
schöne und temperamenttvolle Frau. Evan bevorzugte Frauen dieses Typs – Frauen
wie die verwitwete Gräfin Benevente.
Und zurzeit war er bis über beide Ohren in die Gräfin verliebt.
Oder etwa nicht?
Maggie war eine zurückhaltende, ehrliche, hübsche Frau, aber sie
war eine arme, verwitwete Näherin, die allein vier Kinder großzog. Sie war
einfach nicht die Sorte Frau, an der Francescas Bruder interessiert war, und
selbst wenn er es sein sollte, so würde er niemals mit ihr schäkern und sie
ganz gewiss nicht mit nach Hause bringen. Selbst Francesca, die eine wahre
Liberale war, wusste, dass Evan niemals eine einfache Näherin mit nach Hause
bringen konnte.
Andererseits hatte er sich von seinem Vater losgesagt, war aus dem
Familienunternehmen ausgeschieden und hatte eine Stelle in einer mittelmäßigen
Anwaltskanzlei angenommen. Francesca war sehr stolz auf ihren Bruder, weil er
getan hatte, was ihm sein Gefühl sagte. Aber was sollte dies hier? Was ging da
vor sich?
Francesca hätte schwören können, dass sich etwas anbahnte. Evan
akzeptierte Maggies Ausrede mit einem Nicken, und sie hastete davon wie ein
verschrecktes Schulmädchen. »Evan?«, setzte Francesca neugierig an.
Doch der wandte sich an Joel.
»Ich habe es arrangiert, dass wir unser Picknick im Naturkundemuseum
veranstalten können. Ich glaube, das würde deiner Mutter Freude bereiten. Was
denkst du?«
Joel grinste ihn an. »Ich werde sie schon dazu bringen, mitzukommen«,
versprach er, dann warf er Francesca einen fragenden Blick zu. »Miss Cahill?«
Sie
lächelte zustimmend. »Geh nur und versuch es«, sagte sie.
Er rannte davon.
Francesca sah Evan an. »Und wie
vertreibt sich die Gräfin den heutigen Tag?«
»Sie schläft gern lang«,
entgegnete er gelassen. »Das hier ist nicht so, wie du denkst.«
»Und was
denke ich?«
»Mrs Kennedy ist eine
vortreffliche, gütige und fleißige Frau, Fran. Ich vergöttere ihre Kinder. Sie
hat sich einmal einen vergnüglichen Tag verdient.«
Francesca starrte ihn mit
offenem Mund an. Dann sah sie Calder Hart auf sich zukommen, und ihr Herz
schlug schneller. Sie war so froh, ihn zu sehen.
»Hallo,
Liebling«, begrüßte er sie lächelnd und beugte sich vor, um sie auf die Wange
zu küssen. »Guten Morgen.«
»Gott sei
Dank bist du hier!«, rief sie erleichtert aus. »Bonnie Cooper ist tot. Ich habe
heute Morgen ihr Grab gefunden.«
Sein Lächeln erstarb
augenblicklich, und sein Gesicht wurde tiefernst. »Das sind schlimme
Neuigkeiten«, sagte er. Sie blickte ihn forschend an und empfand ein leichtes
Unbehagen. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Wir müssen miteinander
sprechen«, sagte er. »Unter vier Augen.«
Das klang
gar nicht gut.
Als sie in
der Kutsche einander gegenübersaßen, lächelte er sie an. Sie fragte
argwöhnisch: »Was ist los? Du schaust so seltsam.«
Er seufzte.
»Immer mit der Ruhe, mein Schatz.«
Sie blinzelte. Sie konnte die Alarmglocken praktisch schrillen
hören. »Nun sag schon. Was ist los?«
»Ich habe gestern Abend wie versprochen ein überaus verrufenes
Etablissement
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