Brenda Joyce
aufgesucht.«
Francesca
setzte sich gerader hin. »Wie heißt es?«
»Du bist der letzte Mensch, dem ich den Namen verraten würde«,
entgegnete er nüchtern. »Es ist wahrhaftig kein Ort, an dem du dich jemals
blicken lassen solltest.«
Sie sah im Geiste einen
düsteren, verrauchten Raum vor sich, in dem üppige, halb nackte, schöne Frauen
umherliefen. »Was hast du herausgefunden? Was ist passiert?« Ihr Unbehagen
wuchs, und sie vermochte ihren Blick nicht von ihm zu wenden.
Ein verächtliches Lächeln umspielte Calders Lippen. »Im
Allgemeinen fällt es mir nicht schwer, Menschen zu durchschauen, Francesca.
Aber die Bordellwirtin dort, eine gewisse Solange Marceaux, ist zweifellos
eine meisterhafte Pokerspielerin. Madame Marceaux war nicht begeistert über
meinen Besuch, was an sich schon seltsam ist. Außerdem hat sie behauptet, sie
könne meinen Wunsch nach einem schönen, unschuldigen Mädchen von dreizehn oder
vierzehn Jahren nicht erfüllen.«
»Und?«, hauchte Francesca, die sich Madame Marceaux als eine
ältere Frau mit orangefarbenem Haar und greller Schminke vorstellte.
»Nun ja«, sagte Hart nüchtern. »Ich vermag nicht zu entscheiden,
ob sie die Wahrheit gesagt hat oder nicht. Möglicherweise hat sie mir nur
nicht vertraut und wollte mich auf die Probe stellen. Selbst wenn sie selbst
keine Kinder anbietet, hätte sie mir gewiss zumindest ein Bordell nennen
können, in dem mein Wunsch erfüllt werden könnte. Es ist nur so, dass ihr Haus
in dem Ruf steht, die Vorlieben seiner Gäste zu befriedigen – wie auch immer
diese Vorlieben geartet sein mögen.«
Francesca hatte die Arme vor
der Brust verschränkt. »Hör auf, um den heißen Brei herumzureden, Calder, und
komm endlich auf das zu sprechen, was du mir wirklich sagen willst.« Er verzog
das Gesicht. »Sie hat mir eine weniger ausgefallene Form der Unterhaltung
angeboten.«
Francesca richtete sich kerzengerade auf. »O nein!« In ihrer
Phantasie sah sie sogleich einen nackten, kraftvollen, erregten Calder im Bett
irgendeiner gesichtslosen Frau vor sich. Er hob eine Hand. »Francesca, du
glaubst doch jetzt nicht ernsthaft, ich hätte eine Stunde mit einer Hure im
Bett verbracht? Das wollte ich damit nicht sagen.«
Erleichtert bat sie ihn,
fortzufahren.
»Rose war
da.«
Francesca schnappte erschrocken nach Luft. Rose hasste Calder aus
tiefstem Herzen, da sie seine Mätresse, Daisy, liebte. Calder hielt Daisy noch so lange aus,
bis die vereinbarte Zeit abgelaufen war, auch wenn er sie nicht mehr
besuchte. Francesca kannte sowohl Daisy als auch Rose.
Sie konnte Daisy sogar gut leiden und hatte Verständnis für Roses
Not. Aber dass Rose in diesem Bordell arbeitete, konnte nichts Gutes heißen.
»Hat sie etwa verraten, dass du mit mir verlobt bist?«
»Nein.« Er seufzte. »Ich steckte in der Klemme. Ich habe nach
einer Gelegenheit gesucht, Rose beiseitezunehmen und allein mit ihr zu
sprechen, um herauszufinden, ob sie etwas über die Kinder weiß. Als Madame
Marceaux mir eine der Huren anbot, habe ich ihr erzählt, dass ich Rose kenne,
und gefragt, ob sie frei sei.«
»Und was hat Rose gesagt?« Francesca beugte
sich eifrig vor.
Hart fasste ihre Hand. »Madame Marceaux ist äußerst raffiniert.
Sie bat mich zu warten, um Rose zu holen. Das durfte ich natürlich nicht zulassen.
Ich traue Rose nicht und wollte unbedingt vermeiden, dass die beiden unter vier
Augen über mich sprechen. Daher musste ich mir etwas einfallen lassen, um es zu
verhindern.«
Francesca gefiel die ganze Angelegenheit nicht. Sie entzog Hart
ihre Hand und starrte ihn an. Was würde er ihr wohl gleich beichten? Vielleicht
war es doch keine so gute Idee gewesen, Hart in ein solches Etablissement zu
schicken – erst recht nicht, wenn es dort Frauen wie die schrecklich verführerische
Rose gab. »Was hast du getan?«, flüsterte sie. »Ich habe ihr gesagt, die
Unterhaltung, die mir vorschwebte, bestünde darin, Rose im Bett mit einer
anderen Frau zuzusehen – mit Madame Marceaux selbst.« Ein Anflug von Belustigung
stahl sich auf sein Gesicht, sein Blick jedoch ruhte unbeirrt wachsam auf
Francesca.
Nun begannen ihre Alarmglocken tatsächlich zu
schrillen. Calder Hart war der verführerischste Mann, den sie kannte –
Francesca war noch niemals einer Frau begegnet, die gegen seinen Charme, sein
Aussehen, seine Aura der Macht immun gewesen wäre. »Bis jetzt habe ich mir Madame
Marceaux als eine fette, alte Frau mit orangefarbenem Haar vorgestellt. Aber so
sieht sie in
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