Brenda Joyce
rechtzeitig, ehe es zu
bedrückend wurde. »Sie scheinen mir gebildet zu sein, Miss Baron. Darf ich
fragen, ob meine Einschätzung zutrifft?«
Francesca
zögerte nicht eine Sekunde. »Ja.«
Solange
blickte sie fragend an.
Francesca zuckte mit den Schultern. »Ich stamme aus einer
vornehmen Familie, aber es liegt nicht in meiner Natur, zu heiraten, daher
wurde ich enterbt.«
»Verstehe. Das habe ich schon des Öfteren gehört. Sie sind deshalb
nicht verbittert?«
Francesca lächelte, blickte zur Seite. »Nein. Ich mag meine
Arbeit«, behauptete sie und Bilder der vergangenen Nacht schossen ihr durch den
Kopf.
»Wie alt
sind Sie?«
»Dreiundzwanzig«,
log Francesca.
Solange erhob sich. »Sie sind eine interessante Frau. Und ihre
Referenzen sind tadellos.«
Francesca stand ebenfalls auf. Offenbar war das Gespräch damit
beendet. War das Sarkasmus, was sie aus dem Mund von Solange Marceaux vernahm?
Es war schwer zu beurteilen, da sich der Gesichtsausdruck der
Bordellbetreiberin niemals veränderte.
»Ich bin bereit, es mit Ihnen
zu versuchen. Ich muss Sie allerdings warnen – unsere Gäste sind sehr
anspruchsvoll.« Francesca war ganz atemlos vor Aufregung. Sie hatte gewonnen. »Wie anspruchsvoll?«, hauchte sie.
Solange sah sie an. »Wie ich sehe, scheint Sie das zu erregen.
Das ist gut.« Sie lächelte sie zum ersten Mal an – ein Lächeln, das ihre
hellblauen Augen zum Strahlen brachte. »Wie anspruchsvoll?«, fragte Francesca
noch einmal. »Die Herren, die dieses Etablissement aufsuchen, sind auf der
Suche nach Vergnügungen, die ihnen in anderen, eher konservativen Bordellen
nicht geboten werden. Wir erfüllen jeden Wunsch. Sie werden sehr wagemutig
sein müssen, Miss Baron. Das Einzige, was wir nicht erlauben, ist extreme
körperliche Züchtigung. Ich ziehe es vor, wenn meine Damen am Leben bleiben«,
fügte sie hinzu.
Francesca hielt das für eine lobenswerte Einstellung. »Worauf
sollte ich mich vorbereiten?«
Solange antwortete, ohne zu zögern: »Kostümierung, Peitschen und
Ketten, mehrere Herren oder auch mehrere Damen zugleich, Orgien, ein gewisses
Maß an Brutalität, Perversität, Opium, Heroin, Kokain.«
Orgien, Brutalität, Perversität ... Francesca
nickte zustimmend und hoffte, dass sie nicht allzu bleich geworden war. Großer
Gott, Calder hatte recht gehabt: Dies war ein überaus schmutziger, verderbter
Ort.
Und was wäre, wenn heute Abend etwas passierte, etwas, dem sie
sich nicht entziehen könnte?
Francesca schob den Gedanken rasch von sich, doch zum ersten Mal
empfand sie Angst, obwohl sie Daisys Schlafmittel in der Handtasche bei sich
trug.
»Ich glaube, Sie werden sich amüsieren. Einige
unserer Gäste bevorzugen natürlich auch einfachen Sex oder wollen nur dabei
zusehen, wenn ihre Freunde es wild treiben.« Solange Marceaux zuckte mit den
Schultern, als könne sie das nicht recht begreifen. »Wann können Sie anfangen?«
»Heute Abend«, sagte Francesca und hoffte, dass es nicht wie eine
eifrige Frage klang.
Solange nickte. »Sie erhalten zehn Prozent von dem, was ich für
Sie verlange. Für die neuen Damen fordere ich immer exorbitante Summen. Nur
sehr wenige bringen auf Dauer solche Preise ein. Vorerst werde ich dreihundert
Dollar die Stunde für Sie verlangen – oder tausend Dollar für den ganzen Abend.
Wenn Sie mir beweisen können, dass Sie es wert sind, werde ich diesen Preis
beibehalten.«
Francesca blinzelte. Das war ein Vermögen! Doch sie antwortete
überheblich: »Ich bin es wert.«
»Das möchte ich bezweifeln. Seien Sie heute Nachmittag um vier Uhr
hier. Ich werde Ihnen Ihr Zimmer zeigen, und Sie haben genügend Zeit, sich auf
den Abend vorzubereiten. Wir öffnen um neun, haben allerdings einige Stammgäste,
die gelegentlich früher eintreffen.«
Francesca folgte der Madame in die Eingangshalle. Sie bebte vor
Aufregung und konnte ihr Glück kaum fassen. »Ich danke Ihnen«, sagte sie.
Solange nickte, und endlich trat ein belustigtes Funkeln in ihre
Augen. »Von jetzt an werde ich dich beim Vornamen anreden, und ich bin für dich
Madame Marceaux. Ich will dir einen guten Rat geben«, fuhr die
Bordellbetreiberin fort. »Du bist neu hier. Du kannst damit rechnen, den ganzen
Abend über gut beschäftigt zu sein. Die Neuen werden immer gierig
verschlungen.«
Ihre Wortwahl und der Ausdruck in ihren Augen waren eigenartig.
Francesca bekam es mit einem Mal mit der Angst zu tun. Aber sie zuckte mit
gespielter Lässigkeit die Schultern. »Ich bin immer sehr
Weitere Kostenlose Bücher