Brenda Joyce
herabhing. Er stand am Fuß der Treppe und hielt den Revolver auf
Francesca und den Jungen gerichtet.
»Und was passiert jetzt? Sie werden wohl kaum so verrückt sein,
uns beide zu töten!«, sagte sie.
»Ich bin ganz und gar nicht verrückt«, erwiderte er. »Es ist
wirklich schade, dass Sie sich mit Joel eingelassen haben.«
»Und ich finde es schade, dass Sie ein Verbrecher sind«, erwiderte
sie. »Ist Jonny Burton am Leben? Was haben Sie ihm angetan? Wo ist er?«
Er zögerte. »Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob er noch am Leben
ist.«
Francescas Augen weiteten sich voller Erstaunen. »Für wen arbeiten
Sie denn?«, fragte sie.
Er grinste hämisch. »Für wie dumm halten Sie mich eigentlich,
Miss Cahill? Junge! Bring mir das Seil da!«
Francesca blickte zur Seite und sah dort ein zusammengerolltes
Seil liegen. Ihr wurde bang ums Herz. Wie sollten sie jemals entkommen, wenn er
sie fesselte?
»Den Teufel
werde ich tun.« Joel starrte ihn trotzig an. MacDougals Nasenflügel bebten. Er
trat einen Schritt auf Joel zu und hob die Waffe. In diesem Moment begriff
Francesca, dass er den Jungen schlagen wollte.
»Nein!«,
schrie sie.
Aber es war bereits zu spät. MacDougal ließ die Waffe auf Joels
Hinterkopf niedersausen. Der Junge ging zu Boden und blieb regungslos liegen.
»O Gott!«, schrie Francesca. Sie sank auf die Knie und nahm den
leblosen Jungen in den Arm. »Haben Sie ihn etwa umgebracht? Sie sind doch
verrückt!«
Joel rührte sich nicht. Mit Tränen in den Augen beugte sich
Francesca über ihn, in der Hoffnung, seinen Atem auf ihrer Wange zu spüren. Sie
fühlte nichts.
MacDougal ergriff grob ihren Arm und zog sie auf die Füße. »Es ist
mir ernst«, sagte er, zerrte sie zu einem kleinen Hocker, der vor einer
Werkbank stand, und versuchte, sie auf die Sitzfläche hinunterzudrücken.
Ohne nachzudenken trat Francesca ihm mit
aller Kraft gegen das Schienbein und griff nach der Waffe. Er schrie vor
Schmerz auf, und für einen Augenblick gelang es ihr tatsächlich, ihre Hände um
den Revolverlauf zu legen. Sie versuchte, ihm die Waffe zu entwinden, wodurch
sich plötzlich ein ohrenbetäubend lauter Schuss löste.
Francesca schrie auf und legte die Hände schützend über die Ohren.
MacDougal starrte sie wütend an.
»Sie hätten einen von uns töten können«, sagte
er mit scharfer Stimme. Ohne die Waffe aus der Hand zu legen, hob er das Seil
auf, und innerhalb weniger Sekunden hatte er ihr die Hände auf dem Rücken
gefesselt.
»Sie werden nicht ungestraft davonkommen!«, rief Francesca.
»Bragg ist Ihnen auf der Spur. Sie stehen auf seiner Liste der Verdächtigen!«
»Halten Sie die Klappe!« Er legte den Revolver zur Seite und zog
ihre Knöchel an die Hockerbeine.
Francesca starrte die Waffe an, die nur wenige
Zentimeter von ihren Füßen entfernt lag, und alle möglichen Gedanken jagten ihr
durch den Kopf. Sollte sie einen weiteren Versuch wagen, an den Revolver zu
gelangen? Würde ihr Verschwinden jemandem auffallen? Und wenn ja, wie lange
würde es wohl dauern, bis es jemand bemerkte? Wenn Bragg doch nur zu dem
Schluss kommen würde, dass MacDougal etwas mit der Sache zu tun hatte – aber
sie fürchtete, dass er von einer solchen Folgerung noch weit entfernt war. Und
was war mit Joel?
Sie blickte zu dem Jungen hinüber, der sich immer noch nicht
rührte. Er war schrecklich bleich, und sie sah, dass sich unter seinem Kopf
eine kleine Blutlache bildete.
»Haben Sie ihn umgebracht?«, fragte sie
ängstlich.
»Keine Ahnung.« MacDougal fesselte ihre
Knöchel an die Beine des Hockers und zog den Knoten ein letztes Mal fest. Dann
griff er nach dem Revolver, richtete sich auf und steckte ihn zurück in seine
Anzugjacke.
»Sie können so laut schreien wie Sie wollen. Hier unten wird Sie
niemand hören«, sagte er.
»Bitte tun Sie das nicht!«, flehte Francesca. »Ich sehe doch, dass
Sie kein böser Mensch sind ...«
»Halten Sie die Klappe!« Er warf ihr einen so
wütenden Blick zu, dass sie bestürzt und voller Angst verstummte. Dann beugte
er sich über Joel, und Francesca sah, dass er nach dem Puls des Jungen tastete.
Nach einer Weile legte er Joels Hände auf seinen mageren Körper und band sie
zusammen.
»Er lebt also noch?«, fragte sie
hoffnungsvoll.
»Kann schon sein.« MacDougal richtete sich
auf. Sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert. »Es tut mir Leid, dass Sie in
diese Angelegenheit hineingeraten sind, Miss Cahill. Eine so bezaubernde Frau
wie Sie ... Es tut mir
Weitere Kostenlose Bücher