Brenda Joyce
Mann, der gerade die Stufen
heraufkam, den Weg zu versperren. »Aus dem Weg!«, schrie Francesca verzweifelt.
Jetzt würde Anthony sie zu fassen bekommen!
Sie stieß mit dem Mann zusammen, und er packte sie an den
Schultern.
»Lassen Sie mich los!«, schrie Francesca, da sie sich bewusst war,
dass Anthony direkt auf dem Treppenabsatz hinter ihr war und sie jeden Moment
ergreifen würde. Dann blickte sie in die dunklen, vertrauten Augen des Mannes,
der sie noch immer an den Schultern festhielt.
»Ich bin es, Francesca!«, rief Calder Hart.
Sie starrte ihn fassungslos an.
»Polizei!«, rief in diesem Moment jemand von unten, und zugleich
hörte man eine Vielzahl eiliger, trampelnder Schritte. Eine Pfeife ertönte.
»Scheiße!«, brüllte Anthony und machte auf dem Absatz kehrt. Hart
drückte sich mit Francesca gegen die Wand, als ein halbes Dutzend Polizisten
von Bragg angeführt die Treppe hinaufstürmten. Im Vorbeieilen warf Bragg
Francesca einen Blick zu, blieb aber nicht stehen.
Anthony war zu einem Fenster gerannt, das sich am Ende des Flures
auf der ersten Etage befand, und riss es auf. Offenbar hatte er die Absicht
hinauszuspringen, obwohl er riskierte, sich dabei die Beine – oder den Hals –
zu brechen. Bragg packte ihn am Kragen.
Anthony richtete sich umgehend auf und streckte beide Hände in
die Luft. »Ich gebe auf«, sagte er.
»Das ist auch gut so«, gab Bragg zurück und
drückte ihn mit dem Gesicht gegen die Wand. »Durchsuchen!«, befahl er seinen
Männern. »Und dann legt ihm Handschellen an, verfrachtet ihn ins Fuhrwerk und
buchtet ihn wegen Mordverdachts ein.«
Francesca ließ sich erleichtert gegen die Wand sinken. Erst da
bemerkte sie, dass Hart ihr den Arm um die Taille gelegt hatte und sie
festhielt. Sie löste ihren Blick von Bragg und Anthony und sah Hart an. Er
schaute forschend in ihr Gesicht.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er.
Sie nickte. Doch dann spürte sie, wie ihre Knie nachgaben. Sofort
verstärkte sich sein Griff. Er zog sie hoch und drückte sie an seine Seite.
»Woher wussten Sie ...?«, hob sie an und
verstummte.
»Ich bin Ihnen gefolgt.« Er schenkte ihr ein kleines Lächeln. »Als
ich Ihr Haus verließ, war ich überaus misstrauisch. Und neugierig, das muss ich
zugeben. Als ich Sie mit diesem Mann wegfahren sah, wurde ich – nun ja, sagen
wir einmal, noch ein wenig neugieriger. Als Sie dann das Hotel mit ihm
betraten, habe ich bei dem Kerl vorn am
Empfang seinen Namen erfahren.« Er schüttelte den Kopf. »Francesca, Randall
hat mir an jenem Abend, als wir uns im Republican Club trafen, erzählt, dass
er erpresst wurde, und ich habe natürlich keine Ruhe gegeben, bis er mir
Anthonys Namen genannt hat. Als ich nun erfuhr, mit wem Sie da zusammen waren,
bin ich sofort um die Ecke zum örtlichen Polizeirevier gelaufen und habe eine
Nachricht an Bragg telegrafieren lassen.« Sein Gesicht verzog sich zu einem
Lächeln, das seine Augen zum Strahlen brachte. »Der Zeitpunkt war ziemlich gut
gewählt, nicht wahr?«
Sie nickte. »Ich danke Ihnen«, sagte sie. Doch
dann erstarrte sie.
Bragg war neben sie getreten und schaute sie
mit seinen bernsteinfarbenen Augen fragend an. Sein Blick schien nicht nur
ihre Augen zu durchbohren, sondern bis in die Tiefen ihres Herzens und ihrer
Seele vorzudringen. Ihr Herz vollführte einen Hüpfer und begann wie wild zu
pochen. Francesca wusste, dass sie diesen Mann niemals würde hassen können.
Während ihr Blick über seine Züge glitt, wusste sie, dass sie für
alle Zeiten mit ihm verbunden sein würde.
»Geht es Ihnen gut? Ist alles in Ordnung?«,
fragte er leise, und ihr war klar, dass er damit nicht nur auf ihre körperliche
Verfassung anspielte. Schließlich hatten sie sich nach seiner
niederschmetternden Enthüllung nicht mehr gesprochen. Sie brachte mit Mühe ein
Nicken zustande.
»Ich gebe mir Mühe ... Es ist nicht leicht.«
Er schien ihre Hand ergreifen zu wollen – eine
Geste, die ihr bereits vertraut war –, doch dann zögerte er, und ihre Blicke
senkten sich erneut ineinander. Wie schon so oft erkannte sie seine Stärke und
Willenskraft in seinen Augen. Aber sie erkannte auch die Resignation.
Bragg ließ seine Hand sinken, ohne Francesca zu berühren. »Ich muss mich mit
Ihnen unterhalten, Francesca. Rein beruflich, natürlich.«
Francesca nickte. Wieso bloß tat es bloß immer noch so weh? Würde
dieser Schmerz denn niemals vergehen?
»Sie hat viel mitgemacht und ist müde. Lass
sie doch nach Hause gehen,
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