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Brezeltango

Brezeltango

Titel: Brezeltango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Kabatek
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ich.
    »Klaus-Pedr, hiiiiiiier!«
    Das Gebell kam immer näher. Irgendjemand, vermutlich ich selber, stieß kurze, spitze Schreie aus. Wie viel Abstand noch? Ich drehte mich nach dem Hund um. In der nächsten Sekunde stolperte ich über ein Hindernis und schlug der Länge nach auf den Rücken. Zwei riesige Pfoten stemmten sich gegen meine Brust, über meinem Gesicht war ein geiferndes Hundemaul mit einem gewaltigen Gebiss und geschätzte zwei Liter Sabber tropften von den Lefzen auf mich herab. Ich schnappte nach Luft. Das war kein Hund, das war ein den Harry-Potter-Buchseiten entsprungenes, leibhaftiges Monster!
    »Der dud nix! Der will bloß schbiela«, brüllte die Frau.
    Lüge! Gleich würde das Vieh meine Kehle durchbeißen. Mein letztes Stündlein hatte geschlagen! Leb wohl, Leon, unser Glück währte nur kurz, leider habe ich nicht viel zu vererben, warum zog mein Leben nicht blitzschnell an mir vorüber? Stattdessen leckte eine riesige feuchte Zunge über mein Gesicht. Igittigittigitt! Das war ja widerlich! Und wie die Töle stank! Sekunden später hatte die Frau Klaus-Peter am Halsband gepackt, die Leine klickte ein und sie zog ihn von mir herunter. Ich blieb liegen, schnappte nach Luft und freute mich, dass ich doch noch keine schöne Leich werden würde.
    »Des hot der no nie gmacht, ich schwör’s Ihne! Mir gangad jeden Samschdich uff de Ibongsblatz! Aber Sie hättad au net wegrenna dirfa! Noo isch klar, noo moint der, Sie wärad a Wildsau!«
    »Entschuldigen Sie, aber joggen besteht nun mal aus rennen«, keuchte ich und stützte mich auf. »Was hätte ich denn sonst tun sollen?«
    »Sich net stressa lassa! Des riechd der! Sie hättad stehe bleiba missa on so doo, als ob Sie am Boda schnifflad, isch doch klar!«
    Mittlerweile war auch der andere Hundehalter mit einem Mops an der Leine eingetroffen. Er reichte mir die Hand und half mir auf. »Hen Sie sich wehdoo?«, fragte er.
    Vorsichtig klopfte ich meinen Rücken ab. Ich war zwar dreckig, aber ich war auf dem Waldweg zum Glück relativ weich gefallen und würde mit ein paar blauen Flecken davonkommen. »Nein, ich glaube nicht.«
    »Mei Tyson däd so ebbes nie macha«, sagte der Mann stolz und deutete auf den dicken Mops, dessen Stirn- und Halsfalten denen seines Herrchens sehr ähnelten.
    Ich sah an mir herunter. Ade, Aura. »Schauen Sie sich nur mein T-Shirt an!«, sagte ich anklagend. Leons T-Shirt, besser gesagt. »Und wie das stinkt!«
    Klaus-Peters Sabber hatte die toten Mücken auf meiner Brust eingespeichelt, zudem sah man deutlich die Abdrücke seiner dreckigen Hundepfoten. Das Bosch-T-Shirt sah jetzt mehr nach Jack Wolfskin aus.
    »Des isch jetz domm gloffa, weil den Hond han i erschd geschdern Obend mit Fichdenadla-Schaumbad baded, aber er hot sich halt grad vorher gwälzt.«
    »In was?«, fragte ich alarmiert.
    Die Frau sah mich an, antwortete nicht und blickte so unbeteiligt wie Klaus-Peter, der sich mittlerweile sehr gelangweilt auf sein Hinterteil gesetzt hatte und in die Luft starrte, so, als ginge ihn die ganze Aufregung überhaupt nichts an.
    »Du musch der Frau a Entschädigong gäba«, sagte der Mann mit dem Mops.
    »Abr sui hot doch net uffbassd!«
    »Hannelore«, sagte der Mann tadelnd. »Wenn du mei Frau wärsch! I däd dr ebbes verzehla!«
    »Des isch net mei Frau«, sagte er, an mich gewandt. »Ihr Maa isch dod. Des war dr Klaus-Pedr. Jetz hoißd halt dr Hond so.«
    »I han koi Geld net drbei«, sagte die Frau. »Wenn Sie mir Ihr Adress gäbad … I han abr au nix zom Schreiba drbei …«
    Der Mops-Besitzer sah sie an, schüttelte tadelnd den Kopf und zog einen Geldbeutel aus der Gesäßtasche. Er drückte mir einen Zwanzig-Euro-Schein in die Hand. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich herablassend ablehnen sollte. Dann dachte ich an meinen Kontostand und schob den Schein in meine rechte Socke.
    »Bittschee. Kaufad Se sich a neis Tischörtle. Em Hösle isch ja nix bassierd. On des Geld krig i fei wieder«, sagte er an die Frau und Klaus-Peter gewandt.
    Klaus-Peter gab sich weiterhin distanziert, während die Frau keifte: »Zwanzich Euro! Doo hätts doch au a bissle wenicher fir d’ Reinigong doo!«
    Ich verabschiedete mich hastig und überließ die beiden ihrer Streiterei. Am liebsten hätte ich mir das stinkende Hemd vom Leib gerissen, aber ich trug nicht einmal einen BH darunter. So rasch ich konnte, lief ich über den Blauen Weg zurück. Nicht darüber nachdenken, worin sich der Hund gewälzt hatte, nicht darüber

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