Bride 02 - Tempel Der Liebe
zutiefst, das war offensichtlich. »Jin verließ Macao nach Montgomerys Tod. Chenqua gab ihm ein Zuhause und nutzte seine Sprachkenntnisse. Er spricht Englisch mit einem netten schottischen Akzent, wenn er nicht gerade so tut, als sei er nur ein einfältiger Dolmetscher.«
»Verdammt. Wenn er einen britischen Vater hatte, muss er ja jedes Wort verstanden haben.« Gavin lächelte nachdenklich. »Chenqua, dieser alte Teufel, hat einen noch besseren Spion, als ich geahnt habe. Zum Glück habe ich nie etwas zu verstecken gehabt.«
»Der junge Jin ist ein ganz außergewöhnlicher Mensch.« Kyle lächelte kurz. »Was ich Ihnen erzähle, ist streng vertraulich. Aber ich wollte, dass Sie Bescheid wissen, falls mir etwas zustößt und er Ihre Hilfe braucht.«
»Selbstverständlich. Ich hätte ihm gern schon früher geholfen, wenn ich gewusst hätte, dass er schottischer Abstammung ist.« Gavin blickte Kyle hoffnungsvoll an. »Würde er diesen törichten Plan aufgeben, Sie ins Landesinnere zu begleiten, wenn ich ihn nach England schicke?«
»Nein. Ich habe ihm das gleiche Angebot gemacht. Er hat abgelehnt. Auch Jin Kang hat seinen Stolz.«
»Wenn er halb Schotte und halb Chinese ist, darin ist er bestimmt teuflisch stolz.« Gavin lachte leise. »Auf jeden Fall ist es ihm gelungen, mich jahrelang an der Nase herumzuführen. Da ich vorhabe, in London eine Niederlassung zu eröffnen, werde ich ihm eine Stelle anbieten. Seine Sprachkenntnisse und seine Erfahrung könnten sich als nützlich erweisen.«
Würde er ihm das gleiche Angebot machen, wenn er wüsste, dass Jin Kang eine schöne junge Frau war? Möglich - er hatte genug Zeit in den Vereinigten Staaten verbracht, um von gewissen radikalen Ansichten, wie zum Beispiel der Gleichberechtigung der Frau, beeinflusst zu sein. Kyle hoffte, dass er dabei sein würde, um Gavins Gesicht zu sehen, wenn Troth ihm die Wahrheit verriet.
Während der vergangenen Wochen hatten sie sich heimlich im Hong getroffen und die Pläne ausgearbeitet. Für alle Einzelheiten hatte sich wie von selbst eine Lösung gefunden, nachdem die Entscheidung gefallen war, die Reise nach Hoshan anzutreten. Er aß nur noch chinesische Speisen, und abends zog er in seinem Zimmer die chinesischen Sachen an, die Troth ihm gegeben hatte. Sie fühlten sich jetzt ganz normal für ihn an und waren viel bequemer als seine europäische Kleidung.
Auch Troth war sehr beschäftigt gewesen. Es gab viele Vorbereitungen zu treffen, bevor sie ihr Leben in Kanton aufgab. Sie hatte die Route nach Hoshan in Erfahrung gebracht, die Ausrüstung für ihre Reise besorgt und einen Bootsmann ausfindig gemacht, der sie später von Kanton nach Macao bringen würde. In Macao würde es leicht sein, ein Schiff zu finden, auf dem sie nach England reisen konnten. Dann wäre Kyles letztes Abenteuer vorüber.
»Wann reisen Sie ab?«
»Nächste Woche, an dem gleichen Tag, an dem Sie und die anderen Mitarbeiter von Elliott House nach Kanton reisen. Ich werde mich als Invalide verkleiden und meinen Kopf bandagieren.«
»Das ist klug.« Gavin lächelte. »Ich muss zugeben, dass ich Sie ein wenig beneide. In all den Jahren habe auch ich zuweilen mit dem Gedanken gespielt, eine solche Reise zu machen. Aber wenn man mich erwischte, würde man mich aus Kanton hinauswerfen. Und das kann ich mir nicht leisten.«
»China wird sich in Zukunft Ausländern gegenüber stärker öffnen müssen. Dann werden auch Sie dorthin reisen können. Aber ich werde wahrscheinlich keine weitere Gelegenheit mehr bekommen.« Kyle dachte mit Wehmut an seine Rückkehr nach England. Zum Glück würden er und Troth monatelang auf demselben Schiff unterwegs sein. Er würde ausreichend Zeit haben, von ihr mehr über China zu erfahren. Sie würde ihm ein wenig Chinesisch beibringen und ihm Kalligraphie-Unterricht geben. So würde die lange Reise schneller vorübergehen.
Es war wirklich lästig, dass er sie so attraktiv fand. Gewöhnlich verflog die Anziehungskraft einer hübschen Frau schnell. Aber er lernte Troth nun besser kennen, und sie war keine Frau, die man schnell vergaß. Ihr Geist war so flink wie ihr durchtrainierter Körper, ihr Wissen umfassend und praktisch und ihr Humor trocken. Sie steckte voller Überraschungen. Obwohl sie zuließ, dass er beide Seiten ihres Wesens kennen lernte, war sie doch immer noch voller Geheimnisse, die er erkunden wollte.
Wie hatte sie sich gefühlt, als sie ihrem europäischen Zuhause entrissen wurde und plötzlich in einer rein
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