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Brixton Hill: Roman (German Edition)

Brixton Hill: Roman (German Edition)

Titel: Brixton Hill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Beck
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Häuserblöcken einer Sozialbausiedlung, kam an mindestens drei Kirchen vorbei (vielleicht war es auch immer dieselbe, sie war sich nicht ganz sicher), stolperte über öffentliche Grünflächen. Irgendwann fiel ihr auf, dass sie keine Bettlaken und Pappschilder mit dem Protest gegen Braidlux mehr an den Häusern sah. Dafür fand sie sich hübschen Reihenhäuschen mit adretten Vorgärten und akkurat gehängten Gardinen gegenüber. Keine Neubauten, aber Neubezüge, das konnte man sehen. Die Vorgärten verrieten: junge Familien. Die Autos verrieten: junge Familien mit geregeltem Einkommen. Brixton war längst im Wandel.
    Sie führte ihr Zickzack durch die Straßen fort, entwickelte Spaß daran, sich treiben zu lassen. Als sie endgültig nicht mehr wusste, wie sie zurückkam, und schon befürchtete, in Clapham oder Stockwell oder Herne Hill oder einem der anderen angrenzenden Stadtteile gelandet zu sein, schaltete sie die Navigations-App auf ihrem Smartphone ein und sah, dass sie gar nicht so weit von der Brixton Academy entfernt war.
    Ein ungewöhnlich schönes Gebäude, das man in Brixton nicht erwartete. Die Art-Deco-Fassade war in den Neunzigern wiederhergestellt worden, als ein Investor das Gebäude aufgekauft hatte. Ursprünglich war es Ende der Zwanzigerjahre als Kino erbaut worden und öffnete 1929 unter dem Namen The Astoria, bis es 1972 schließen musste. Es folgten fast zehn Jahre, in denen sich gescheiterte Musikprojekte, Leerstand und zweckfremde Nutzung abwechselten. Seit den frühen Achtzigern aber hatte es sich als Ort für Musiker etabliert: Große Bands hatten hier immer wieder geprobt, gespielt und Videos gedreht. Von Reggae bis Rock war alles vertreten. Heute hieß die Brixton Academy offiziell O 2 Academy, Brixton. Kein Mensch benutzte den offiziellen Namen, wenn es sich vermeiden ließ.
    Die frühen Morgenstunden brachen bereits an, und es war nichts mehr los. Em sah nur ein paar Männer, die noch die letzten Reste abbauten und in einen Lkw luden. Em wusste wieder genau, wo sie war, und konnte sich allein orientieren. Sie wusste allerdings nicht, was sie als Nächstes tun sollte. Zurück zu Jays Haus? Oder lieber in die U-Bahn und ganz woandershin? Sie setzte sich auf die Stufen vor der Brixton Academy und stützte den Kopf in die Hände.
    »Alles okay?«, fragte einer der Männer, der eine Zigarettenpause machte und sich zu ihr setzte. Sie sah ihn an. Er war Mitte vierzig und hatte die langen, bereits angegrauten Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Unter seinem T-Shirt krochen an Hals und Armen kunstvolle Tätowierungen hervor.
    »Ich komme von einer Trauerfeier«, sagte sie.
    »Oh. Klar. Auch eine?«
    Sie nahm eine Zigarette von ihm und ließ sich Feuer geben.
    »Naher Verwandter?«
    »Zwillingsbruder.«
    »Scheiße.«
    Sie nickte. »Ihr hattet aber ’nen langen Abend.«
    »Ja, normalerweise wären wir längst fertig. Nahm aber heute kein Ende.«
    »Wer hat denn gespielt?«
    »Primal Scream.«
    »Die gibt’s noch?«
    »Klar. Erfolgreicher denn je. Neues Album kommt im Mai, sie haben’s schon vorgestellt. War knallvoll. Riesenparty.«
    »Hab ich ja richtig was verpasst.«
    »Lustiger als ’ne Trauerfeier war’s mit Sicherheit«, sagte der Mann. »Und was hast du jetzt vor? Wohnst du hier?«
    Sie hob die Schultern. »Im Moment ist alles ein bisschen durcheinander.«
    Er trat seine Kippe aus, stand auf und nickte ihr zu. »Pass auf dich auf. Wenn wir dir ein Taxi rufen sollen oder so …«
    »Danke. Ich komm klar.« Sie freute sich, dass er so nett zu ihr war, ohne etwas dafür zu verlangen. Er hatte nicht mal versucht, sie anzumachen. Sie dachte kurz darüber nach, was die Trauer eines Menschen bei anderen auslöste. Man versuchte, Halt und Wärme zu geben, und ging gleichzeitig auf Distanz. Mitleid gepaart mit der unangenehmen eigenen Angst vorm Tod.
    Der Mann stieg zu seinen Kollegen in den Lkw, und sie fuhren weg. Er winkte ihr noch kurz zu.
    Der Spaziergang hatte ihr gutgetan. Ihr Kopf war etwas klarer. Sie fragte sich, ob es nicht eine idiotische Idee gewesen war, wegzulaufen. Was hatte sie denn zu verbergen? Sie hatte mit Alans Tod nichts zu tun. Hätte sie nicht so viel getrunken, sie hätte überlegter reagiert. Andererseits: Wieso stellten sie ihr jemanden wie Cox vor die Zimmertür? Welchen Grund hatte die Polizei anzunehmen, dass sie etwas mit Alans Tod zu tun hatte? Abgesehen von einem Motiv. Aber Beweise? Ein Motiv allein reichte doch nicht, sie

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