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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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hat mir gesagt, dass die DVDs drei und sieben für unsere Zwecke besonders interessant sind. Also fangen wir mit denen an.«
    »Wir hätten gern Kaffee«, sagte Krause in ein verdeckt angebrachtes Mikrofon. »Wir gehen in Raum sechs.«
    »Ein paar Teilchen auch?«, kam die Gegenfrage.
    »Oh ja. Das wäre gut. Vielleicht mit Pudding. Und dann machen Sie Schluss für heute.«
    »In Ordnung«, bestätigte die Sekretärin.
    Sie zogen in den anderen Raum um und setzten sich dort an einen lang gestreckten ovalen Tisch, der auf einen großen Flachbildschirm ausgerichtet war. Kaffee und Kuchenteilchen wurden erfreulich schnell serviert, und es würde zu dieser späten Stunde zweifellos eine entspannte Abwechslung vom Alltagsbetrieb werden. Dennoch war allen klar, dass die Chance, beim Betrachten dieser Aufnahmen endlich auf eine Lösung hinsichtlich des Bombentransports zu stoßen, einem Sechser im Lotto gleichkäme.
    Nach anderthalb Stunden durchbrach Moshes Stimme die Stille. »Ich muss los, Freunde«, sagte er. »Ich melde mich, sobald wir etwas haben.«
    Es gab eine kurze, sehr herzliche Verabschiedung, und Moshe flüsterte in Krauses Halsbeuge: »Grüß mir ganz herzlich deine Wally, und gute Tage!« Dann war er auch schon zur Tür hinaus.
    »Ich habe auch keine Zeit mehr für angewandte Erdkunde«, bemerkte Krause. »Ich bin tatsächlich der Meinung, dass sie die Bombe auch auf einem Eselskarren aus dem Land geschafft haben könnten. Wenn sie geschickt waren, und das mussten sie zweifellos sein.« Damit ging er hinaus, kehrte aber nach Sekunden wieder zurück, schloss die Tür sehr sorgfältig hinter sich und bemerkte: »Svenja war eine Ablenkung, das haben wir begriffen. Sie hat eine sehr gute Operation hingelegt, ich denke, da sind wir uns einig. Kann nicht beabsichtigt gewesen sein, dass die Nordkoreaner sie stellen und als eine perfide imperialistische Agentin beschreiben, die dem nordkoreanischen Volk einen Dolchstoß in den Rücken versetzen wollte? Kann das nicht so geplant worden sein? Wäre das nicht eine sehr wirkungsvolle Ablenkung gewesen? Aber was macht unsere Svenja? Sie tötet einen General, nimmt sein Auto und entkommt auf eine Art und Weise, mit der niemand rechnen konnte.«
    Sowinski und Esser sahen ihn an, sagten aber kein Wort. Zuweilen dachte Krause um so viele Ecken, dass ihm zu folgen äußerst schwierig war.

ELFTES KAPITEL
     
    Müller dachte in heller Verzweiflung: Wo ist Kim?, und ging einen merkwürdigen Korridor entlang. Das Licht war blau-silbern, eine Lichtquelle gab es nicht. Oben, in etwa vier oder fünf Metern Höhe, war es heller als unten, wo er sich verzweifelt bemühte, durch dicken Schlamm vorwärtszukommen. Der Schlamm reichte ihm bis an die Waden. Die Wände links und rechts waren nichts anderes als grobes Sackleinen, und der Gang war nicht breiter als einen Meter. Erschöpft blieb er stehen, um herauszufinden, weshalb der Schlamm ihn aufhielt. Dann entdeckte er die Maden. Sie waren etwa dreißig Zentimeter lang, grellweiß, und irgendetwas ließ sie fluoreszieren. Sie saugten sich an seinen Beinen fest, was laute, schmatzende Geräusche erzeugte. Merkwürdigerweise fürchtete er sich nicht, empfand auch keinen Ekel. Er wollte wissen, was sich hinter den Sackleinenwänden verbarg, und schlug eine von ihnen zurück. Da lag Kim mit weit aufgerissenen Augen auf dem Rücken. Er war tot. Kim war hinter jedem Stück Sackleinen, es war eine unendliche Kette von Bahren, auf denen unendlich viele tote Kims lagen.
    Dann vernahm er eine Stimme, die anfangs von weit her zu sprechen schien. Ganz langsam wurde sie deutlicher, und er konnte einzelne Worte unterscheiden und begreifen.
    Jemand, eine Frau, sagte: »Aha, da taucht er ja wieder auf, unser trefflicher Krieger, unser Dr. Dieckmann mit der universitären Bildung.« Die dunkle Stimme klang sehr sympathisch, aber auch sehr ironisch.
    »Wieso denn Krieger?«, nuschelte er.
    »Spielzeugpistolen waren es ja nicht gerade, Herr Dr. Dieckmann«, sagte die Frau. »Mein Name ist Gender. Dr. Maria Gender. Und mein Name ist echt, wovon ich bei dem Ihren nicht ausgehe. Verstehen Sie mich?«
    »Ja, natürlich.«
    Sie lachte. »So natürlich ist das gar nicht. Na ja, lassen wir das. Sie sind hier in der Deutschen Botschaft in Seoul, und ich bin Ihr persönlicher Engel. Sie haben von dem Streifschuss eine sehr tiefe Rinne im rechten Oberarm gehabt. Sie hatten verdammt viel Glück, dass der Knochen nicht zerschmettert wurde. Ich bin kein Fachmann,

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