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Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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auf den Teller des Conte deutete.
    »Ist das eine ernst gemeinte Frage, oder eine Kritik am Koch?« wollte sein Schwiegervater wissen.
    »Nur eine Frage«, antwortete Brunetti.
    Der Conte nahm Messer und Gabel und zerteilte den Fisch, um zu sehen, ob er durch war. Nachdem er sich vergewissert hatte, sagte er:
    »Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als man in jeder Trattoria oder Osteria dieser Stadt für ein paar tausend Lire ein anständiges Essen bekam.«
    »Risotto, Fisch, einen Salat und guten Wein. Nichts Aufwendiges, nur das gute Essen, das die Wirtsleute wahrscheinlich auch selbst auf dem Tisch hatten. Aber da war Venedig noch eine lebendige Stadt mit einer funktionierenden Industrie und Handwerkerschaft. Jetzt haben wir nur noch die Touristen, und die Betuchten unter ihnen sind eben an solchen Firlefanz gewöhnt. Als Zugeständnis an deren Geschmack bekommen wir dann Mahlzeiten vorgesetzt, die dekorativ aussehen.« Er nahm einen Bissen von seinem Fisch. »Wenigstens ist das hier ebenso gut wie dekorativ. Und dein Steinbutt?«
    »Sehr gut«, antwortete Brunetti. Er legte eine Gräte auf den Tellerrand und sagte: »Du wolltest etwas mit mir bereden?«
    Das Gesicht über seinen Fisch gesenkt, sagte der Conte: »Es geht um Paola.«
    »Paola?«
    »Ja, Paola. Meine Tochter. Deine Frau.«
    Brunetti ärgerte sich über den herablassenden Ton des Conte, aber er hielt sich im Zaum, und seine Stimme ahmte nur die feine Ironie nach, als er erwiderte: »Und die Mutter meiner Kinder, deiner Enkel. Vergiss das nicht.«
    Der Conte legte Messer und Gabel auf seinen Teller und schob ihn von sich. »Guido, ich wollte dich um Himmels willen nicht kränken...«
    Brunetti unterbrach ihn: »Dann sprich nicht in diesem gönnerhaften Ton mit mir.«
    Der Conte griff zur Karaffe und goss die Hälfte des restlichen Weins in Brunettis Glas, die andere in sein eigenes.
    »Sie ist nicht glücklich.« Er hielt inne und blickte zu Brunetti hinüber, um zu sehen, wie er das aufnahm, und als dieser schwieg, fuhr er fort: »Sie ist mein einziges Kind, und sie ist nicht glücklich.«
    »Warum?«
    Der Conte hob die Hand, an der er den Ring mit dem Familienwappen der Faliers trug. Bei dem Anblick musste Brunetti sofort an die Leiche auf dem Acker denken, und' ob sie sich wohl als dar junge Lorenzoni entpuppen würde. Wenn ja, wen würde er als nächstes befragen müssen, den Vater, den Vetter, oder gar die Mutter? Wie konnte er sie in ihrer Trauer stören, die durch die Entdeckung der Leiche wieder aufleben würde?
    »Hörst du mir zu?«
    »Natürlich höre ich zu«, antwortete Brunetti, nur halb bei der Sache. »Du hast gesagt, Paola sei nicht glücklich, und ich habe gefragt, warum.«
    »Und ich habe dir darauf geantwortet, Guido, aber du warst irgendwo bei der Familie Lorenzoni und der Leiche, die man gefunden hat, und hast überlegt, wie du für Gerechtigkeit sorgen kannst.« Er wartete kurz, ob Brunetti etwas sagen würde. »Genau das ist einer der Gründe, die ich dir erklären wollte - dass dein Streben nach Gerechtigkeit, oder was du darunter verstehst, zu viel...« hier machte er eine Pause und schob sein leeres Weinglas, das er zwischen Zeige- und Mittelfinger hielt, auf dem Tisch hin und her. Dann sah er zu Brunetti auf und lächelte, wenngleich der Anblick seines Lächelns Brunetti eher traurig stimmte. »Es nimmt dir zu viel von deinem Lebensgefühl, Guido, und ich glaube, darunter leidet Paola.«
    »Du meinst, es nimmt meine Zeit zu sehr in Anspruch?«
    »Nein. Ich meine, was ich gesagt habe. Du beschäftigst dich zu sehr mit diesen Verbrechen und den Menschen, die sie begehen und erleiden, und darüber vergisst du Paola und die Kinder.«
    »Das stimmt nicht. Ich bin sehr selten nicht da, wenn ich da sein sollte. Wir unternehmen vieles gemeinsam.«
    »Bitte, Guido«, sagte der Conte in milderem Ton. »Du bist zu intelligent, um zu glauben, oder mich glauben machen zu wollen, mit der körperlichen Anwesenheit sei man schon da. Ich war doch schon dabei, wenn du an einer Sache gearbeitet hast, und weiß daher, wie du dann bist. Dein Inneres ist abwesend. Du sprichst und hörst zu, unternimmst etwas mit den Kindern, aber du bist nicht wirklich da.« Der Conte goss sich ein Glas Mineralwasser ein und trank. »In gewisser Weise bist du dann wie Roberto Lorenzoni, als ich ihn zuletzt sah: geistesabwesend und eigentlich gar nicht vorhanden.« »Hat Paola dir das gesagt?« Der Conte warf ihm einen fast überraschten Blick zu. »Guido, ob

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