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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Weg zurück in die Questura, um weiter im Mordfall des Mannes zu ermitteln, der bloß ein vucumprà gewesen war.
    Der Tod des Afrikaners, oder zumindest die Todesursache, war in dem ausgedruckten Autopsiebericht festgehalten, den Brunetti auf seinem Schreibtisch vorfand. Überrascht, daß es diesmal so schnell gegangen war, blätterte Brunetti an den Schluß, um zu sehen, ob Rizzardi einen Grund für die zügige Bearbeitung angegeben hatte. Sein Erstaunen wuchs, als er anstelle der Angaben zur Person des amtierenden Pathologen nur ein leeres Feld vorfand. Allein, er wollte keine Zeit damit vergeuden auszuknobeln, warum Rizzardi diese Zeilen nicht ausgefüllt hatte, sondern blätterte zurück zum Anfang und begann zu lesen.
    Das Opfer war schätzungsweise Ende Zwanzig und, obwohl allem Anschein nach ein starker Raucher, organisch kerngesund. Der Mann war eins zweiundachtzig groß und wog achtundsechzig Kilo. Ein Satz seiner Fingerabdrücke war zu Identifizierungszwecken nach Lyon geschickt worden.
    Insgesamt fünf Kugeln hatten ihn getroffen, was genau mit der Zahl der dumpfen Geräusche übereinstimmte, die die Amerikaner gehört hatten. Schon zwei davon hätten jeweils ausgereicht, um den Mann zu töten: Eine hatte die Wirbelsäule durchtrennt, die andere war in die linke Herzkammer eingedrungen. Die übrigen hatten den Torso getroffen; ein Steckschuß in der Leber, zwei Fleischwunden. Daß alle fünf Schüsse getroffen hatten, führte Brunetti sowohl auf die kurze Distanz wie auf die Zielsicherheit der Schützen zurück, denn nach Aussage der Amerikaner hatten die Mörder kaum mehr als einen Meter von ihrem Opfer entfernt gestanden. Die jeweiligen Einschußwinkel ließen auf zwei Täter von unterschiedlicher Körpergröße schließen; der Umstand, daß die Geschosse nicht wieder aus dem Körper ausgetreten waren, deutete auf kleinkalibrige Waffen hin. Die Kugeln waren bei der Obduktion entfernt und zur Bestimmung ins Labor geschickt worden, doch der Laie - so hieß es in dem Bericht weiter - würde auf eine 22er Pistole tippen; eine Waffe, die unter Auftragskillern nicht unbekannt war.
    »Der Laie«, sagte Brunetti laut vor sich hin und schob den Bericht zur Seite. Rizzardi, der vor zehn Jahren in Neapel stationiert gewesen war, hatte dort vermutlich mehr Mordopfer gesehen als irgend jemand aus dem friedlichen Venedig. Folglich würde er sich in einem Obduktionsbericht wohl kaum als Laien bezeichnen.
    Der Bericht war per E-Mail gekommen, also würden die dazugehörigen Fotos auf Signorina Elettras Computer abrufbar sein. Doch Brunetti hatte kein Verlangen danach: Der Anblick tödlicher Wunden hatte ihm immer schon Schmerz und Ekel verursacht. Ihn interessierten allein die Motive, die zu dem Mord geführt hatten. Von Afrika wußte er zugegebenermaßen recht wenig; für ihn war der schwarze Kontinent eine vage amorphe Landmasse, wo Dinge falsch liefen und Menschen darbten, wenn nicht gar verhungerten, obwohl sie in einem an Bodenschätzen reichen und auch sonst von der Natur gesegneten Erdteil lebten.
    Er hatte zwar einiges über die Kolonialzeit Afrikas gelesen, doch je mehr sich die Geschichte der Gegenwart annäherte, desto weniger faszinierte sie ihn. Was, wie er sich eingestehen mußte, ganz allgemein für sein Geschichtsinteresse galt.
    Brunetti schaute aus dem Fenster und auf den Kran, der nun schon jahrelang über der casa di riposo von San Lorenzo in den Himmel ragte. Ein Mann, der sich mit dem Verkauf gefälschter Markentaschen seinen Lebensunterhalt verdiente. Ein Mann, der von zwei Profikillern hingerichtet worden war. Ersteres traf auf jeden vucumprà zu: Sie alle verkauften Taschen. Letzteres war hingegen entschieden untypisch: Bei keinem der Mordfälle unter den extracomunitari waren, soweit er sich erinnern konnte, Afrikaner beteiligt gewesen, weder als Opfer noch als Täter.
    Brunetti versuchte sich vorzustellen, welche Faktoren für den Mord verantwortlich sein könnten; aber alles, was ihm einfiel, waren die Herkunft des Mannes, frühere Affären oder auch solche, in die er gegenwärtig verstrickt gewesen sein mochte. Was seine Vergangenheit betraf, so tappte Brunetti völlig im dunkeln, ja er wußte nicht einmal, aus welchem Land der Tote stammte, wenngleich vieles für den Senegal sprach. Und in bezug auf die Gegenwart spekulierte er zwar mancherlei, was er indes gleich wieder verwarf: Eifersüchtige Ehemänner schickten in der Regel keine Killer aus, um ihre Ehre zu verteidigen. Und die

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