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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Sierra Leone eintragen ließ. Am selben Abend setzte der Pfarrer sich hin und schrieb an seinen Bischof: Er sehe keinen anderen Ausweg als den, sein Priesteramt niederzulegen, da andernfalls, wenn er es seiner Überzeugung gemäß weiterführe, ständige Konflikte mit den Vorgesetzten unvermeidlich seien. Abschließend fügte er, in höchst respektvoller Weise, hinzu, daß er im übrigen die Gesellschaft von Menschen, die zu Steinen beteten, jenen vorzöge, die sie anstelle eines Herzens in der Brust trügen.
    Die vielen Freunde, die er im Laufe der Jahre gewonnen hatte, setzten sich tatkräftig für ihn ein, und binnen Wochen erhielt Don Alvise eine Stelle als Sozialhelfer in seiner Vaterstadt Venedig, wo er fortan ein Heim für politisch Verfolgte leitete, die in Italien Asyl suchten. Obwohl er nun Beamter und kein Mitglied des Klerus mehr war, blieben die Leute, mit denen er zusammenarbeitete, dabei, ihn mit seinem geistlichen Titel anzureden, so daß von ihm nie als »Signor Perale«, sondern stets als »Don Alvise« die Rede war. Er konnte Jeans tragen, sich einen Schnurrbart stehenlassen, um den so mancher Macho ihn beneidet hätte, er konnte sich sogar in Damengesellschaft zeigen: Nichts würde ihm den Ehrentitel rauben. Er war und blieb Don Alvise.
    Brunetti hatte den ehemaligen Priester vor einigen Jahren kennengelernt, als er in einem Drogenfall gegen einen mutmaßlichen Kurier ermittelte, eine Frau aus dem Kosovo, die spurlos verschwunden war. Die Frau wurde nie gefunden, aber Brunetti und Don Alvise standen seitdem in freundschaftlichem Kontakt und erwiesen einander ab und an Gefälligkeiten oder tauschten wechselseitig Informationen aus, die ihnen bei der Verfolgung ihrer unterschiedlichen Ziele dienlich waren.
    Natürlich hätte Brunetti auch auf dem Behördenweg Informationen über die extracomunitari einholen können; allein die Questura hatte mit Sicherheit reichlich Material über sie gesammelt. Aber der Commissario wußte, daß Don Alvises Informationen, obwohl in keiner Weise amtlich bestätigt, weitaus erhellender sein würden. Was daran liegen mochte, daß die Verwaltungsbehörden die Betroffenen als Problem behandelten, wohingegen Don Alvise in ihnen Menschen mit Problemen sah.
    Während das Boot langsam den Canal Grande hinauffuhr, erklärte Brunetti seinem Ispettore, warum er den ehemaligen Priester sprechen wolle. »Die Leute vertrauen ihm«, sagte er abschließend, »und ich weiß, daß er vielen Illegalen bei der Wohnungssuche behilflich ist.«
    »Auch den Senegalesen?« fragte Vianello. »Ich dachte immer, das sei so eine Art geschlossener Verein. Außerdem sind sie, glaube ich, in der Mehrzahl Moslems.«
    Das hatte auch Brunetti gehört, dennoch war Don Alvise der einzige, von dem er sich im Augenblick Hilfe versprach, und er wußte, daß der ehemalige Priester sich wenig darum kümmerte, zu welchem Gott seine Schützlinge beteten. »Mag schon sein«, räumte er ein, »trotzdem könnte ich mir vorstellen, daß er zumindest einige von ihnen kennt.« Und als Vianello ihm nicht beipflichtete, fragte er: »Oder fällt Ihnen jemand anders ein?«
    Vianello antwortete nicht.
    Die Barkasse bog nach links in den Rio di San Zan Degolà ein. Brunetti stand auf, duckte sich, als er die niedrige Kabine verließ, und ging hinauf an Deck. »Halten Sie dort vorn, vor der Brücke«, wies er den Bootsmann an, der daraufhin das Ufer ansteuerte, in den Rückwärtsgang schaltete und beinahe lautlos neben der bemoosten Treppe anlegte. Skeptisch musterte Brunetti die schlüpfrigen Stufen, doch bevor er sich entscheiden konnte, ob er es wagen sollte, aus dem schaukelnden Boot zu springen, war der Fährmann hinter ihm vorbeigeschlüpft, mit der Leine in der Hand auf die riva gehechtet und zog nun den Bug hart an die Kaimauer. Nachdem er die Leine an einem im Pflaster eingelassenen Metallring festgezurrt hatte, beugte er sich zum Deck hinüber und half erst Brunetti, dann Vianello von Bord.
    Brunetti erklärte ihm, sie würden nicht mehr als eine halbe Stunde brauchen, und schlug vor, der Bootsmann solle in der Zwischenzeit einen Kaffee trinken gehen. Daraufhin steuerte der Mann nach rechts auf eine Bar zu, während Brunetti seinen Ispettore in entgegengesetzter Richtung, an der Kirche vorbei, in eine schmale calle führte.
    »Calle dei Preti«, las der stets aufmerksame Vianello vom Straßenschild ab. »Scheint ja die passende Adresse für Don Alvise.«
    Brunetti, der am Ende der Gasse abermals links abbog und

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