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Buch des Flüsterns

Buch des Flüsterns

Titel: Buch des Flüsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Varujan Vosganian
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letzten Reiter auf den Rücken, schlug ihm mit dem Gewehrkolben auf den Kopf und schleifte ihn in das Höhlenversteck, in dem er vergeblich auf Enver Pascha gewartet hatte. Niemand war umgekehrt, um jenen Türken zu suchen, der, wie sich durch seinen Rang herausstellte, nicht eben irgendeiner war. Die Geschichte verzeichnet auch seinen Namen: Ismail Bey. Von ihm erfuhr Misak, dass Wali Djemal Azmi für die Massaker in Trapezunt verantwortlich war. Damals vernahm Misak zum ersten Mal auch den Namen des Aserbaidschaners Bahbud Khan Djivanșir. Wochenlang überquerte Misak dann auf der Suche nach seinen Partisanen die Berge, hinter Ismail, den er nachts fesselte, um sicherzugehen, dass er nicht floh.
    Bald schon hatte Misak Torlakians Gruppe die Stärke von ein paar hundert Partisanen erreicht. Im illusorischen Versuch, die von Armeniern bewohnten Gebiete zu befreien, verbanden sie sich mit der russischen Armee. Die zaristische Armee, geschwächt durch die Verluste im Inneren des Reiches, an Munitions- und Nahrungsmittelknappheit leidend sowie unter der stets revolutionärer werdenden Geisteshaltung der Soldaten, hörte auf, ein vielversprechender Verbündeter zu sein, und mit der Installierung der Kerenski-Regierung begann der Rückzug an allen Fronten. Misak folgte ihnen mit seinen Leuten, und von dem gleichen Hafen in Trapezunt aus, den die türkischen Truppen unverzüglich zurückerobern sollten, überquerte er das Meer bis nach Batumi und danach, auf einem Weg, den er schon einmal zurückgelegt hatte, nach Tiflis. Hier stellte er eine richtige Division von etwa tausend Soldaten zusammen, mit der er sich in Jerewan der Armee der jungen Republik anschloss. Wieder kämpfte er gegen die osmanische Armee, diesmal unter dem Kommando des Generals Dro bei Kars, Alexandropol und Echmiadzin. Er geriet mit sieben seiner Soldaten in einen Hinterhalt und widerstand verletzt, bis die Truppen des Generals ihre Stellungen zurückerobert hatten.
    Dro bat ihn, weiterhin in den Reihen der armenischen Armee zu verbleiben. Aber der Weltkrieg war zu Ende, und Misak Torlakian meinte, in Armenien würden jetzt vor allem Verwaltungskräfte und erfahrene Diplomaten gebraucht und nicht so sehr Krieger; dass das junge Armenien ganz besonders unter dem Fehlen von Verwaltungsfachleuten leide, beweise die Art und Weise, wie das Land organisiert gewesen sei. Und was die Diplomatie betrifft, so reicht es, wenn wir beschreiben, wie die in zwei Lager gespaltenen Armenier sich bei den Gesprächen über den Friedensvertrag präsentierten und ihre Ansprüche auf ein wiederherzustellendes Groß-Armenien vortrugen, das etwa den Umfang des Bagratidenreiches von vor tausend Jahren umfassen sollte, um zu begreifen, weshalb die Republik sich so geringer Unterstützung seitens der verbündeten Nationen erfreute. Die armenischen Krieger haben genug geleistet, um ihre ruhmreichen Namen zu bewahren, aber sie stellten sich als zu wenige heraus, als dass sie die Walzen der beiden Reiche hätten anhalten können, des zaristischen und des osmanischen Reiches, die beide durch die sozialistischen und republikanischen Bewegungen zu neuen Lebenskräften gelangt waren und den ohnehin zarten Leib Armeniens durch ihre Rotation zermalmten.
    Misak Torlakian hatte im Garten seines zerstörten Hauses ein Rachegelübde abgelegt. Unter den Seinen konnte sein Gelübde nicht eingelöst werden. Mithin brach er, eben von den Wunden der Frühjahrskämpfe von 1918 genesen, auf nach Konstantinopel. In den Häfen der Krim legte er einen Zwischenaufenthalt von ein paar Monaten ein, wo er vom Tabakhandel bis zu Devisengeschäften alles ihm zu Gebote stehende unternahm, um Geld zu verdienen.
    In der Zwischenzeit war der Krieg beendet. Auf den Straßen von Konstantinopel verkehrten die Patrouillen der fremden Armeen. Unter dem Druck der Alliierten strengten die neuen türkischen Autoritäten im Jahre 1919 vor dem Militärgerichtshof den Prozess gegen die der Massaker an den Armeniern Beschuldigten an. Jedoch erst dann, als die Angeklagten heimlich außer Landes gebracht worden waren. In der Nacht vom 1. auf den 2. November des Jahres 1918 nahmen die Führer der Ittihada an Bord des unter deutscher Flagge stehenden Schiffes »Lorelei« Kurs auf Malta. Und von dort aus ging es in verschiedene europäische Städte, vor allem nach Deutschland, Österreich und Italien.
    Am 5. Juli 1919 befanden die fünf Richter des Militärgerichts die Anführer der Ittihada, das »Komitee für Einheit und

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