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Buch des Flüsterns

Buch des Flüsterns

Titel: Buch des Flüsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Varujan Vosganian
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Gefäße verstecken, mischte sich Pfarrer Varjabedian ein.
    Verstecken wir uns im Keller, riet Vrej Papazian.
    Lasst uns in die Berge abhauen, bis sich die Dinge beruhigen, fügte Agop Aslanian hinzu.
    Lasst uns die Waffen von General Dro suchen, sagte Sahag Șeitanian.
    Dann trat Stille ein. Sie schauten sich verlegen an.
    Schwenk das Weihrauchfass, Pfarrer, schlug Anton Merzian vor und vergaß zum ersten Mal die Frage, die ihm auf den Lippen lag.
    Sie schwiegen und warteten. Pfarrer Varjabedian kam zurück und hängte das Weihrauchfass an den für die Ikone vorgesehenen Nagel.
    Nichts, nur Krähen, sagte er. Ab und zu hört man, wie die Nüsse und Kastanien zu Boden fallen.
    Die Waffen von General Dro gibt es nicht mehr, flüsterte Großvater.
    Irgendwo müssen sie sein, widersprach Krikor. Du weißt doch, dass er ’44 geflohen ist, da konnte er doch die Gewehre nicht mitnehmen.
    Und was fangen wir mit den Gewehren an?, fragte Anton Merzian. Sollen wir damit auf die Straße gehen? Oder Schwarze Bauernhemden 4 spielen? Möchtest du dir vielleicht noch eine Kette mit Goldmünzen um den Hals legen, damit sie beim Hüpftanz schön klimpern?
    Umsonst redet ihr so daher, fuhr Sahag dazwischen, schließlich war er der Einzige, der während des Krieges eine Zeitlang beim Militär war. Es war schon ganz gut, dass auch wir ein paar Gewehre hatten.
    Du kommst gar nicht dazu, sie zu benutzen, denn noch bevor die Amerikaner hier sind, hat man sie dir in den Rachen gesteckt, schnitt ihm Agop Aslanian das Wort ab. Schließlich haben die Amerikaner anderes zu tun, als sich mit unseren Kommunisten anzulegen, die haben jetzt gegen ihre eigenen Kommunisten zu kämpfen. Außerdem haben sie mit ihren Negern genug zu tun und mit den Vietnamesen ...
    Was sind das nun für welche, diese Vietnamesen?, fragte Vrej Papazian.
    Auch so eine Art Neger, nur eben gelbe, klärte ihn Agop auf.
    Wie spät ist es?, fragte Garabet, mein Großvater, der diesmal maßvoll sprach.
    Wer sonst, wenn nicht Dicran Bedrosian hätte nun antworten sollen? Obwohl auch Vrej und Măgârdici Uhrmacher waren, galt allein Dicran als der Uhrmacher, dem Großvater es zweimal im Jahr erlaubte, jeweils zur Fastenzeit vor Ostern und vor Weihnachten, den Mechanismus der Kirchenuhr zu ölen.
    Fünf vor vier, antwortete dieser, nachdem er die Uhr, die er an einer Kette trug, konsultiert hatte. Wie gesagt, trug er keine Armbanduhr mehr, er hatte nur noch ein Lederarmband am Handgelenk, das aus Jerusalem stammte – jedenfalls bildete er sich ein, es komme von dort.
    Moskauer Uhrzeit, grinste Sahag geringschätzig.
    Dicran setzte zu einer Antwort an, aber Großvater ging dazwischen.
    Wir haben keine Zeit für Mätzchen. Măgârdici, hol den Telefunken raus. Und Ihr, Vater, schwenkt nochmal das Weihrauchfässchen.
    Der Varjabedian nahm das Weihrauchfass und ging hinaus, sich umzusehen. Măgârdici schob die Grabplatte beiseite, holte den Sack heraus und schnürte ihn auf. Er stellte das Radio in die Mitte. Sie benötigten nun keine Akkumulatoren mehr. Als die Friedhofskapelle einen Stromanschluss bekam, haben sie die Leitung bis in die Gruft hinein verlängert. Vrej rückte die verfaulten Blumenkränze beiseite, die absichtlich vor die Steckdose gelegt worden waren. Beide beugten sie sich über den Apparat. Die Kiste begann zu krächzen. Der Varjabedian kam zurück.
    Wie steht’s?, fragte Großvater.
    Bloß Calustians Vartuhi bei ihren Eltern. Sie ist ein anständiges Mädchen. Ohne Glück.
    Und was hat sie gesagt, da sie dich so alleine das Weihrauchfass schwenken sah?
    Der arme Seferian, was sollte sie sonst sagen. Schön von Ihnen, Herr Pfarrer, der hat ja sonst niemanden, der ihm mal eine Kerze anzündet.
    So ist’s, Pfarrer, wirklich schön von dir. Aber noch schöner wäre es, wenn du das hier drin nicht weiter schwenktest, denn die Luft wird ganz stickig und unsere Nasen immer länger.
    Agop hatte tatsächlich eine beeindruckende Nase. Als er noch klein war und noch kein Ekelempfinden hatte, so seine Mutter, die Pfarrersfrau Mariam, Gattin des verstorbenen Der Dagead, habe er sich die Nase heimlich mit der Zunge geputzt.
    Ruhe jetzt!, gebot Vrej.
    Wie schön das klingt ..., begeisterte sich Măgârdici, da er die Glockenschläge von Big Ben vom Parlamentsturm in London hörte.
    Das sind Glocken, kein Witz! Arșag wischte sich gerührt eine weiche Altherrenträne aus dem Augenwinkel und wies auf seine Brust. Hier, seht, hier spüre ich sie ...
    Die ersten Worte waren

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