Burke 3 - Bluebelle
mit jedem andern männlichen Hund in der Nähe kämpfen. Sind sie wild, laufen sie im Rudel. Das Rudel überlebt solange, wie es nur die stärksten Rüden mit den Fähen vereinigen läßt. Damit auch die Würfe stark werden. Wer der stärkste Hund ist, stellen sie fest, indem sie es auskämpfen.«
Sie legte den Kopf an meine Schulter. »Vielleicht haben sie recht.«
»Als Hunde haben sie recht. Für Menschen gilt das nicht. Ich bin so aufgewachsen. Es hat mich etliche Jahre und etliche Narben gekostet, bevor ich schnallte, daß dich eine gute Frau nicht ihretwegen kämpfen läßt.«
»Ich hab mit solchen Mädels gearbeitet. Feuerteufel. Blut läßt sie kommen.«
Sie wackelte mich an, brachte mich mitten auf dem Pier zum Stehen. »Hast du deshalb ein Hundemädchen? Damit sie nicht mit anderen Hunden kämpft und so?«
»Männchen taugen bloß nichts. Jede Art Männchen. Ein Mann fickt ’nen Maschendrahtzaun.«
Sie klopfte mir die Taschen ab, nahm eine Zigarette raus. Ich schirmte für sie ein Streichholz gegen den Wind ab. Sie setzte sich auf eine Bank. Pansy sprang neben sie. Ich setzte mich auf die andere Seite.
Belle schaute aufs Wasser. »Der Mann, der gesagt hat, ’ne Hündin würde den Arsch umdrehen. Genau das wollte er von mir. Ich hatte nie viel, das mir gehört hat. Sachen die du dir kaufst ... das sind nicht wirklich deine. Aber mir gehört, was ich mache. Er ist auch draufgekommen.«
»Was ist passiert?«
»Ich hab ihn geschnitten. Tüchtig geschnitten.«
Wir liefen zurück zum Plymouth. »Möchtest du im Büro auf mich warten?«
»Ich und Pansy«, sagte sie.
Im Büro zurück, schaute Belle zu den in der Ecke aufgerollten Straßenkarten. »Kann ich sie an die Wand heften?«
»Sicher. Ich hatte es sowieso vor. Warum?«
»Ich möchte die Stadt kennenlernen.«
»Okay. Ich bin in ein paar Stunden zurück, vielleicht später.«
Ich marschierte zur Tür.
»Liebster?«
»Was?«
»Komm ’ne Minute her. Setz dich zu mir.«
Ich setzte mich auf die Couch. Sie legte mir den Kopf in den Schoß, schaute zu mir hoch. »Kann ich dich etwas fragen?«
»Sicher.«
»Was ich dir erzählt habe, über meine Mutter und meinen Vater und alles? Ist das das Schlimmste, was du je gehört hast?«
Ich dachte an Baby-Porno. An Kinderhandel am Times Square.
Vergewaltiger. Kinderschänder. Snuff-Filme. Das Band verhedderte sich in meinem Kopf. Ich drückte die Stop-Taste. »Nicht annähernd«, sagte ich ihr. »Jedermanns Schmerz ist für ihn das Schlimmste auf der Welt. Deine Mutter hat dich wirklich geliebt.
Starb für dich – das bleibt dir immer.«
»Glaubst du, ich bin ... krank?«
»Nein. Ich glaube, du bist verletzt. Und eines Tages richten wir das.«
»Ich liebe dich.«
Ich beugte mich vor und küßte sie. »Ich muß gehn«, sagte ich.
Sie drückte ihren Kopf an meinen. »Erzähl mir was Schlimmeres. Erzähl mir Schlimmeres als das, was er getan hat.«
»Für jemand andern würde es schlimmer sein, Baby. Wie ich dir sagte. Jeder hat sein Teil. Gut und schlecht.«
Sie kniete sich neben mich. »Erzähl mir das Schlimmste. Das Allerschlimmste, das du weißt.«
Ich schaute ihr ins Gesicht, redete leise. Ich hatte genug von diesem närrischen Spiel. »Menschen stehlen Babys. Winzig kleine Babys – sie stehlen sie ihren Eltern. Und sie bringen sie nie zurück.«
»Was machen sie mit ihnen?«
»Die meisten verkaufen sie. Einige von den hübschen, weißen Kids verkaufen sie netten, reichen Leuten, die selber ein Baby möchten, Schwarzmarktadoption.«
»Was ist mit den anderen?«
»Weißt du, was eine Ausschlachterei ist?«
»Wo sie Autos klauen, sie in ihre Einzelteile zerlegen?«
»Yeah. Die gibt’s auch für Babys. Die weißen Babys verkaufen sie.
Die ändern, die sind für ’ne Adoption nicht wertvoll genug, also zersäbeln sie sie in ihre Einzelteile.«
»Burke!«
»Braucht ein reiches Baby ein Herztransplantat, eine neue Niere, woher, glaubst du, kommen die Organe?«
»Das glaub ich dir nicht!«
»Die Welt, in der ich lebe, ist um einiges tiefer im Untergrund als jede U-Bahn. Es ist ’ne Welt, in der du ein Babyherz kaufen kannst.«
Ich drückte sie an mich. »Stell nicht so viele Fragen, mein kleines Mädchen. Ich habe nur eklige Antworten.«
Sie machte sich von mir los, trockenen Auges. »Hast du das gesehen! Hast du das selber gesehen?«
»Yeah. Das Balg von ’nem Kerl war im Krankenhaus. Am Sterben. Brauchte ein Transplantat. Es war in der Zeitung, im Fernsehn. Suchten einen
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