Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
du Miststück! Elias riss den Bauernkleiderschrank auf, den Olly ihm zur Verfügung gestellt hatte, zog sich zur Zimmertür zurück, erwiderte King Kongs Attacke mit einer windmühlenartigen Bewegung seiner Arme – und drängte das verdammte Federvieh zwischen seine Jeans und den Stapel mit den Unterhosen. Himmel, mein Lieber, war das Biest blöd! Die Schranktür flog zu, und King Kong saß fest. Elias ging vor dem Schrank in die Knie und beantwortete das »Kikeriki!«aus dem Inneren mit einem höhnischen Bellen.
Als Olly kam, hatte er schon wieder alles in Ordnung gebracht. Die Kratzer im Gesicht waren verarztet, das Bettzeug abgezogen, ausgewaschen und zwecks gründlicher Reinigung zu Ollys Waschmaschine getragen, sein kaputtes Hemd durch ein heiles ersetzt. Er hatte im Internet nach Tollwutund Hahngegoogelt, aber nichts gefunden.
»Und? Habt ihr irgendwas aus Gitta rausbekommen?«, fragte Olly, während sie hundemüde in ihren Lieblingssessel plumpste und die Füße mit den engen Stiefeln auf den Wohnzimmertisch legte.
Elias erstattete Bericht.
Olly rieb sich die Augen und gähnte. Sie musste ihre Haare frisch gefärbt haben, denn die Strähnen sahen jetzt eher grünlich aus. »Wo steckt denn King Kong?«, fragte sie, weil ihr natürlich aufgefallen war, dass Elias’ Gesicht von mehreren Pflastern geschmückt wurde.
»Denkst du, sein Harem hat sich vielleicht vorsätzlich vor den Laster gestürzt? In einem kollektiven Anfall von Lebensüberdruss?«
»Hm.« Olly schloss die Augen, öffnete sie wieder und murmelte: »Ich wüsste jetzt aber wirklich gern, wo King Kong abgeblieben ist.«
»Wenn’s dich beruhigt, sehe ich mich vor dem Schlafengehen noch mal nach ihm um«, versprach Elias.
Es ätzte ihn an, dass er seinen fedrigen Erzfeind wieder freilassen musste. Bevor er ihn, bewaffnet mit einem Badetuch, aus dem Schrank holte und in den Garten zurücktrug, schilderte er ihm noch ausführlich das Schicksal eines Brathähnchens.
King Kong schleuderte ihm rasend vor Zorn sein Kikeriki hinterher, nachdem er ihn in die Hundehütte gesperrt hatte, die Olly ihrem Haustier spendiert hatte. Elias zeigte ihm den Stinkefinger.
Anschließend war erst einmal Katastrophe angesagt. Nicht wegen King Kong, sondern in der PI . Losgetreten wurde die Sache von Sven, den seine Drillinge die vierte Nacht in Folge wach gehalten hatten und der wohl auch den Kreuzbandriss noch nicht verkraftet hatte, denn er kam mit einem dicken, frischen Verband zur Arbeit. Weil es bei Harm so schwierig war, schlechte Laune loszuwerden, humpelte er rüber zu Ulf und Elias ins Büro.
»Kennt ihr den? Trifft ein Ostfriese seinen Nachbarn und sagt: Ich hab mein Fahrrad jetzt mit einem Zahlenschloss gesichert. Viermal eine Sieben. Aber ich sag euch nicht, in welcher Reihenfolge.«
Elias lachte pflichtschuldig, Ulf nicht. Sein Kollege bekam einen knallroten Kopf und rannte aus dem Zimmer. »Ist das vielleicht ein Döskopp?«, meinte Sven und kehrte mit einem zufriedenen Grinsen und in viel besserer Stimmung in sein eigenes Büro zurück, während Elias beschloss, in Ulfs Gegenwart auf keinen Fall Ostfriesenwitze zu erzählen. Er kannte allerdings auch keine.
So weit, so gut. Die Katastrophe, wenn man sie mit einer Lawine vergleichen wollte, war zwar losgetreten worden, aber noch rutschten nur einige Schneeflocken über einen weißen Abhang.
Ulf kehrte zurück. Er machte seinen Kram und erkundigte sich dabei geistesabwesend nach den Kratzern in Elias’ Gesicht.
»Mir ist ein Hahn reingeflogen«, erklärte Elias. Ulf schaute ein bisschen sparsam, hielt aber ansonsten den Mund. Und Elias war blind dafür, dass sich die Schneeflocken zu apfelsinengroßen Bällen verdichteten und an Geschwindigkeit zunahmen.
Kurz darauf war Teamsitzung. Sie besprachen die Sache mit Sören van Doom, maßen ihr jedoch keinerlei Bedeutung zu, denn Gitta war bekanntermaßen ein Ökofreak. »Da musst du auch mal weghören können«, meinte Harm.
»Dass dieser Sören groß in die Biogasanlagengeschichte einsteigen will, stimmt aber«, erzählte ihnen Koort-Eike, dessen Onkel eine junge Frau aus Neermoor geheiratet hatte. Einen Fermenter hatte der Coordes-Nachbar schon in der Nähe von Wiefelstede stehen, nun wollte er auch noch auf dem ererbten Boden einen hinsetzen. Und bis auf Gitta fand man das in der Gegend auch in Ordnung, denn die Bauern mussten schließlich mit der Zeit gehen, besonders wo der Milchpreis jetzt so niedrig war. »Da rennt Gitta schon lange gegen
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