Byrne & Balzano 02 - Mefisto
über Sie ein. Wir werden mit Ihren Freunden, Ihrer Familie, Ihren Kollegen sprechen. Wollen Sie das?«
Es war unglaublich, doch statt nun zusammenzubrechen, richtete Adam Kaslov seinen Blick auf Jessica. Sie hatte den Eindruck, als würde er unmerklich die Augen zusammenkneifen, was vermuten ließ, dass er doch kein so unbeschriebenes Blatt war, wie sie zunächst geglaubt hatten. Möglicherweise war sogar die Andeutung eines Lächelns auf seinem Gesicht zu erkennen. »Jetzt brauche ich einen Anwalt, nicht wahr?«, fragte Adam.
»Tut mir leid, Adam, aber was das angeht, können wir Ihnen keine Ratschläge erteilen«, sagte Jessica. »Aber wenn Sie nichts zu verheimlichen haben, haben Sie nichts zu befürchten.«
Wenn Adam Kaslov so ein Film- und Fernsehnarr war, wie sie vermuteten, hatte er mit Sicherheit genug Szenen wie diese gesehen, um zu wissen, dass er das Recht hatte, aufzustehen und das Gebäude zu verlassen, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
»Kann ich jetzt gehen?«, fragte Adam.
Danke, Law & Order, dachte Jessica.
***
Jessica dachte über Little Jakes Beschreibung nach: Flyers-Cap, Sonnenbrille, vielleicht eine dunkelblaue Jacke. Ein uniformierter Polizist hatte einen Blick durch das Fenster von Adam Kaslovs Wagen geworfen, während Adam verhört wurde. Er hatte weder diese Accessoires noch eine graue Perücke, ein Hauskleid oder eine dunkle Strickjacke im Wagen liegen sehen.
Zwischen Adam Kaslov und dem Mordvideo bestand eine direkte Verbindung. Er war am Tatort gewesen und hatte die Polizei belogen. Reichte das zur Erteilung eines Durchsuchungsbeschlusses?
»Ich glaube nicht«, meinte Paul DiCarlo. Als Adam gesagt hatte, sein Vater habe mit Immobilien zu tun, hatte er nicht erwähnt, dass sein Vater Lawrence Kaslov war. Lawrence Kaslov war einer der größten Städteplaner im Osten Pennsylvanias. Wenn sie seinen Sohn vorschnell in Gewahrsam nahmen, würde es im Roundhouse eine Sekunde später von Anwälten in maßgeschneiderten Anzügen wimmeln.
»Vielleicht bringt uns das hier weiter«, sagte Cahill, als er den Raum betrat. Er hatte ein Fax in der Hand.
»Was ist das?«, fragte Byrne.
»Der junge Mr. Kaslov ist vorbestraft«, sagte Cahill.
Byrne und Jessica wechselten einen Blick. »Ich habe ihn überprüft. Er war sauber.«
»Nicht ganz.«
Sie starrten alle auf das Fax. Gegen Adam Kaslov war im Alter von vierzehn Jahren Anzeige erstattet worden, weil er die halbwüchsige Tochter des Nachbarn durch ihr Kinderzimmerfenster gefilmt hatte. Er wurde zu einer Therapie und mehreren Stunden Sozialarbeit verdonnert. In eine Jugendstrafanstalt wurde er nicht eingewiesen.
»Das können wir nicht verwenden«, sagte Jessica.
Cahill zuckte mit den Schultern. Er wusste wie alle anderen im Raum, dass Jugendstrafen unter Verschluss gehalten werden mussten.
»Das dürfen wir nicht einmal wissen«, fügte Jessica hinzu.
»Was wissen?«, fragte Cahill mit einem Augenzwinkern.
»Voyeurismus eines Jugendlichen ist meilenweit von dem entfernt, was dieser Frau angetan wurde«, sagte Buchanan.
Sie alle wussten, dass er recht hatte. Und doch half ihnen jede Information, egal auf welchem Weg sie sich diese beschafft hatten. Sie mussten nur aufpassen, dass sie den offiziellen Weg einhielten. Selbst ein Jurastudent im ersten Studienjahr könnte ihnen einen Strick daraus drehen, wenn sie auf illegale Weise beschafftes Beweismaterial verwendeten.
Paul DiCarlo, der wegzuhören versuchte, fuhr fort: »Okay. Wenn Sie das Opfer identifiziert haben und mir Beweise bringen, dass Adam etwas mit der Toten zu tun hat, könnte es mir gelingen, einem Richter einen Durchsuchungsbeschluss zu entlocken. Vorher nicht.«
»Sollen wir ihn beschatten?«, fragte Jessica.
Adam saß noch immer im Verhörraum A. Aber nicht mehr lange. Er hatte schon gefragt, ob er gehen könne, und wenn er noch länger hinter der verschlossenen Tür saß, könnten die Detectives ernsthafte Probleme bekommen.
»Ich könnte das für ein paar Stunden übernehmen«, bot Cahill an.
Buchanan schöpfte neuen Mut. Das hieß, dass das FBI die Kosten für die Überstunden eines Sondereinsatzes übernahm, der vermutlich keine neuen Erkenntnisse bringen würde.
»Sicher?«, fragte Buchanan.
»Kein Problem.«
Ein paar Minuten später sprang Cahill zu Jessica in den Aufzug. »Ich glaube nicht, dass dieser Junge viel damit zu tun hat, wenn überhaupt etwas. Aber ich habe mir ein paar Gedanken über den Fall gemacht. Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen nach
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