Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
ganz toll.« Nachdem sie George einen merkwürdigen Blick zugeworfen hatte (der folgenlos an ihm abprallte), setzte Emma Jan ihre Aufzählung fort. »… und Wayne Williams waren Schwarze, die Schwarze ermordet haben.«
»Ja – und?«
»Wir gehen davon aus, dass JB ein Weißer sein muss, weil wir auf Serientäter Rassenpräferenzen und abgedroschene Klischees anwenden. Was aber, wenn JB gar kein Weißer ist? Vielleicht ist es das, was uns Dreierpack mitteilen wollte?«
Michaela zog die Brauen so hoch, dass sie unter ihren silbernen Ponyfransen verschwanden. »Hmmmm.« Sie sägte noch eine Scheibe Brot ab. »Hmmmm.«
George hatte sich aufgerichtet. »Also, das ist ja mal interessant. JB killt weiße Halbwüchsige. Vielleicht sollten wir nach schwarzen Typen Ausschau halten. Oder Mädels, wie unser New Girl sagt.«
Wenn das stimmte, würden unsere Ermittlungen eine komplett neue Richtung nehmen. Da wir in der alten Richtung komplett gar nichts ermittelt hatten, war ich sehr dafür.
Ich wusste allerdings nicht, was ich von der Tatsache halten sollte, dass Tracy und Jeremy uns behilflich waren. Wie beschämend!
Dann fiel mir BOFFO s Motto wieder ein: Setze einen Dieb auf einen Dieb an, setze einen Verrückten auf einen Irren an. Und wer sollte einen Verrückten besser verstehen als zwei Verrückte?
Manchmal hasste ich meine Arbeit.
41
Also wieder alles auf Anfang. Jippie. Doch dieses Mal spannten wir das Netz ein wenig weiter und jagten nicht nur den Weißen Mann. Wir nahmen Dreierpacks Rat an und konzentrierten uns auf Afroamerikaner, sowohl Männer als auch Frauen. Das ist mitnichten rassistisches Profiling! Und wenn, dann muss ich eben noch ein paar Kurse mehr besuchen!
Ähem. Wie auch immer. Unser neues Softwareprogramm HOAP – Homicide Apprehension und Prevention – begann sich durch den Datenberg zu fressen, und ich war nicht die Einzige, die dem Drang nachgab, die Daumen zu drücken.
HOAP war brandneu, es durchlief bei BOFFO eine Testphase. Ich wusste nicht einmal, ob Michaelas Vorgesetzte eingeweiht waren.
HOAP war von unserem Kollegen Paul Torn entwickelt worden. Keiner hatte einen Schimmer, wie er das gemacht hatte. Keiner wusste auch, warum er es gemacht hatte. Und keiner wusste, warum es funktionierte oder ob es überhaupt verlässlich funktionieren würde. Wenn sich Paul in ein solches Projekt verbiss, ließen wir ihm seinen Willen und gingen ihm so gut wie möglich aus dem Weg.
Michaela hatte veranlasst, dass ein paar Mathematik- und Softwaregenies Pauls … Algorithmen überprüften. Nennt man das so? Mathe und Naturwissenschaften sind noch nie meine Stärken gewesen. Wenn Sie sich aber eine Kreuzstichstickerei auf einem Gästehandtuch wünschen, dann bin ich genau die Richtige.
Jedenfalls zeigte Michaela diesen sogenannten Genies Pauls Arbeit, und – ehrlich gesagt, diese Eierköpfe wären besser beraten gewesen, Klingonisch zu übersetzen. Jeder von ihnen verließ die BOFFO -Zentrale mit starken Spannungskopfschmerzen. (Hm-hm. Vielleicht liegt es doch am Neonlicht: Das schießt Strahlen in unsere Gehirne, um uns zu kontrollieren.)
»Oh Gott!«, stieß George hervor. Er, ich und Emma Jan hatten uns wieder in unseren stillen Winkel zurückgezogen und zwecks besserer Zusammenarbeit unsere Schreibtische zusammengeschoben. »Da kommt Rain Man !«
»Wirst du das wohl bleiben lassen!«, zischte ich. Wie die meisten seiner Beleidigungen war Rain Man ebenso grausam wie treffend.
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht.« Paul Torn, bei BOFFO beschäftigter wahnsinniger Wissenschaftler, wanderte ziellos auf und ab. Wir sahen ihn immer nur dann, wenn er wieder aus der Küche auftauchte. Verschwinden und Auftauchen, Verschwinden, Auftauchen. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht, die Zahlen haben die falsche Farbe, schmeckt jemand Blau?«
»Paul?«
»Ach hallo, Cadence, wie geht’s?« Pauls Miene hellte sich auf, dann kam er auf uns zu. Mit den Fingern schnippte er einen komplizierten, stets wechselnden Rhythmus, und zwar so schnell, dass seine Fingerspitzen mit ihren abgebissenen Nägeln wie ein verschwommener Fleck wirkten. »Kannst du Blau schmecken?«
»Nein, Paul. Ich bin ja kein Synästhetiker wie du.« Keiner von uns verfügte über Pauls Fähigkeiten.
»Wie bitte? Synästhetiker?«, schaltete sich Emma Jan ein.
»Warum wollen Sie das wissen?«, wollte George wissen. »Haben Sie Pauls Akte etwa noch nicht gelesen?«
»Wirst du wohl still sein!« Ich wandte mich an Emma
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