Café Luna: Verbotenes Glück
bewundere Sie“, erklärte der gut aussehende Mann mit den grauen Schläfen und hielt ihr die Tür auf. „Sie sind wirklich eisern!“
„Ich habe in ein paar Tagen ein Fest, zu dem ich den Rollstuhl gerne nur als Sicherheit mitnehmen würde“, erklärte sie ihm lächelnd. Eines war gewiss, sie wollte aufrecht in Begleitung von Johann Rieger und ihrer Enkelin auf dem Fest der von Heidenthals erscheinen. Und wenn sie dafür noch mehr üben musste als bisher – dann würde sie das tun. Trotzdem war sie erleichtert, als sie sich fürs Erste mit ein paar dringenden Unterlagen in das Kaminzimmer setzen konnte. Doch von Konzentration konnte nicht die Rede sein, die Bridgedamen waren voll in ihrem Element. Sie schnatterten, was das Zeug hielt, nur Frau von Seebergen wirkte eher in sich gekehrt und abwesend, denn ihre Partnerin musste sie mehr als einmal daran erinnern, dass sie an der Reihe waren. So bald wie möglich stahl Frau von Seebergen sich davon und setzte sich zu Eleonore. Eleonore lächelte sie mitleidig an. Ob die Arme bereits Bescheid wusste? Zumindest hatte sie Baudouin das Versprechen abgenommen, Frau von Seebergen die Wahrheit zu sagen.
„Und, haben Sie zwei sich inzwischen unterhalten?“, fragte Eleonore schließlich, um die Stille zu unterbrechen. Frau von Seebergen schüttelte den Kopf. Doch bevor Eleonore auf ihren feigen alten Bekannten wütend werden oder aber Frau von Seebergen gerechterweise in Kenntnis von Baudouins Familienstand setzen konnte, wurde die Tür aufgerissen, und auf der Schwelle stand eine Erscheinung.
In ein schickes, modisches Kostüm gekleidet, verharrte eine Ehrfurcht gebietende Figur einen Moment im Türrahmen und blickte sich suchend um. Nachdem sie jedoch nicht gefunden hatte, was oder wen sie suchte, räusperte sie sich vernehmlich und wandte sich ausgerechnet an Eleonore und ihre Begleiterin.
„Ich bin auf der Suche nach meinem Mann“, erklärte sie unumwunden, „Baudouin von Lüdow!“
Plötzlich wurde es totenstill im Raum. Die Bridgedamen ließen das Bridgespiel sein und starrten die hoch aufgerichtete, selbstbewusste Dame überrascht an. Frau von Seebergen atmete scharf ein und lächelte dann etwas traurig, als hätte sie mit so etwas schon gerechnet. Eleonore warf ihr einen aufmunternden Blick zu. Doch wer noch viel mehr zur Wiederherstellung ihres Selbstwertgefühls beitrug, war Baudouin von Lüdow selbst, der gerade in diesem Moment das Zimmer betrat.
„Ruth, was machst du denn hier?“, stammelte er überrascht und starrte mit schlechtem Gewissen um sich. Die Bridgedamen drehten sich kopfschüttelnd weg. Eleonore und Frau von Seebergen dagegen beobachteten das Schauspiel sehr genau.
„Wie, was ich hier mache?“, gab Ruth von Lüdow zurück und lachte auf. „Was denkst du wohl: Das, was ich immer tue, seit rund fünfzig Jahren!“
Baudouin wand sich und sah aus, als ob er sich am liebsten in Luft aufgelöst hätte. Doch die Gesetze der Natur taten ihm diesen Gefallen nicht, und auch die nächsten Worte seiner Gattin waren für alle gut zu verstehen.
„Ich habe keine Ahnung, warum ausgerechnet du eigentlich in einem Reha-Zentrum bist. Wovon musst du dich denn erholen? Ich bin es schließlich, die deine Schulden zahlt und dich aushält. Also, hopp, hopp, pack deine Sachen, wir gehen!“
Völlig geplättet sahen die Damen zu, wie Baudouin von Lüdow, seines Zeichens größter Charmeur vor dem Herrn, servil nickend den Raum verließ und nur wenig später mit einem kleinen Koffer wiederkam. Das Ehepaar von Lüdow stieg in einen Jaguar, den sie lenkte, und brauste mit quietschenden Reifen davon.
Eleonore und Frau von Seebergen blickten sich an. Dann siegte ihr Humor, und sie grinsten.
„Tja, man wird nie zu alt für neue Erfahrungen“, fasste Frau von Seebergen schließlich mit einem ironischen Lächeln zusammen. Eleonore nickte. Ihr imponierte die etwa Gleichalte.
„Wenigstens“, versuchte sie die Stimmung weiter aufzulockern, „haben Sie nicht um Geld gespielt.“
„Bridge?“ Die Witwe grinste breit. „Das hätte er sich nie getraut, denn niemand betrügt bei diesem Spiel so gut wie ich!“
Katharina angelte sich geschickt die letzte Venusmuschel aus der Schüssel und schloss genießerisch die Augen. „Hoffentlich verschonen sie uns noch ein paar Wochen mit der Hochzeit“, murmelte sie dann. „Sommerhochzeiten sind immer so anstrengend.“
„Sind sie doch immer, ganz egal in welcher Jahreszeit“, entgegnete Daniel uninteressiert und
Weitere Kostenlose Bücher