Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
machte sie sich wieder einmal zu viele Gedanken.
„Wenn ich etwas zu eichen hätte, würde ich es selbstverständlich auch von dir tun lassen“, erklärte Helena loyal und wandte sich dann an ihren Vater. „Steht in der Zeitung etwas über die Hochzeitsfeier?“
„Ja.“ Er schob ihr einen gefalteten Teil der „Post“ hin. „Ein langer Artikel von Timothy Doyle. Lies einmal den letzten Abschnitt. Darin wirst du ein paar Mal erwähnt.“
„Ich kann kein einziges Wort lesen, ohne zuvor Kaffee getrunken zu haben.“ Helena rührte einen Löffel voll Zucker in ihre Tasse und schob die Zeitung zu der Schwester hinüber. „Lies mir bitte das Wichtigste vor.“
Abigail faltete die Seiten auseinander. Dies war ein weiterer Grund, weshalb sie ihrer Schwester nie böse sein konnte: Helena war zu sehr von ihr abhängig. Auf eine weniger offensichtliche Art war sie ebenso behindert wie Abigail.
„Ah, hier steht es. ,Miss Helena Cabot glänzte in einem Gewand vom La Maison d’Or, New York. Zweimal tanzte sie mit Mr. Troy Barnes, einmal mit Leutnant Boyd Butler.'“ Als Abigail diesen Namen vorlas, klang ihre Stimme belegt, und sie hoffte, dass ihr Vater und ihre Schwester nichts davon gemerkt hatten.
„Ich freue mich, wie gut du dich gestern Abend gehalten hast, meine Liebe. Sowohl Barnes als auch Butler sind sehr geeignet.“ Cabot schob seine Kaffeetasse beiseite und schenkte Helena seine volle Aufmerksamkeit, unter der sie förmlich aufblühte. „Wie du weißt, liegt mir deine Zukunft sehr am Herzen. Insbesondere Leutnant Butler wäre eine bemerkenswerte Partie. Ich hätte durchaus nichts dagegen, wenn du sein Werben ermutigtest.“
„Dann werde ich es natürlich auch tun.“ Helena zuckte die Schultern. „Wenn Leutnant Barnes ...“
„Butler“, berichtigte er.
„Wenn Leutnant Butler deine Zustimmung findet, Vater, dann bin ich mir sicher, dass er geeignet ist“, meinte Helena.
Mit besonderer Sorgfalt maß Abigail Zucker für ihren Tee ab. Sie schätzte das Gewicht der Zuckerkristalle auf sechs Gramm, womit sie vermutlich auch richtig lag. Dennoch vermochte sie nicht, sich dadurch von der Unterhaltung abzulenken. Sie konnte es nicht glauben, was sie da hörte - von allen Männern, die ihrer Schwester den Hof machten, suchte Vater ihr ausgerechnet Leutnant Boyd Butler aus!
Für den Bruchteil einer Sekunde erwog Abigail, Einspruch zu erheben, doch sofort verwarf sie diesen Gedanken wieder. Gäbe sie ihre Gefühle für den Leutnant preis, würde das eine einfache Sache nur komplizieren. Und diese Angelegenheit war wirklich sehr einfach. Butlers Herz gehörte Helena, und ihr Vater hoffte auf eine angemessene Heirat. Bisher hatte Senator Cabot am Ende stets das erreicht, was er wollte.
„Dann geht es wahrscheinlich um wichtige Angelegenheiten mit dem Vizepräsidenten.“ Abigails Stimme klang neutral.
Ihr Vater drückte die Hände auf die Tischplatte. „Ich nehme meine Vorteile wahr. Meine Liebe, ich war schon Senator, bevor ihr beide auf der "Welt wart. Ich liebe mein Land und will es zu der größten Nation der Erde machen. Dies ist mein vordringlichster Wunsch. Gegenwärtig gibt es eine Bewegung, die hier in Virginia die Expansion der Eisenbahn behindern will. Meine Aufgabe ist es, die Unterstützung des Vizepräsidenten zu gewinnen.“
Abigail fragte sich unwillkürlich, was ihrem Vater eigentlich mehr am Herzen lag - Helenas Glück oder sein Bedürfnis nach einer politischen Allianz.
„Ist das möglich, ohne Helena mit einem Mann zu verheiraten, den sie gerade erst getroffen hat und den sie kaum kennt?“ „Möglich ist alles.“
„Willst du denn nicht, dass ich heirate, Abigail?“ Helena schob die Zwiebackkrümel auf ihrem Teller zusammen.
Abigail maß ihre Antwort mit derselben Präzision ab wie vor wenigen Augenblicken den Zucker. „Ich will, dass du das tust, was dich glücklich macht.“
„Papa zu gefallen, das macht mich glücklich.“ Helena strich Konfitüre auf einen Zwieback und reichte ihn dem Senator.
„Der junge Butler ist in sie verliebt, Abigail.“ Ihr Vater nahm den Zwieback entgegen. „Das haben gestern Abend alle gesehen. Außerdem braucht deine Schwester einen Ehemann. Weshalb sollte man da nicht beides miteinander verbinden?“
Weil ich Leutnant Butler liebe, dachte Abigail und biss sich auf die Lippe, um dies nicht laut zu äußern.
Sie überflog den Rest des Zeitungsartikels und stellte fest, dass dem verruchten James Calhoun mehrere Zeilen gewidmet
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