Cambion Chronicles 1
Haarentfernung glaubten. Eine Percussion-Band in der Ecke untermalte die herzzerreißenden Werke, die auf der Bühne abgesondert wurden. Wenn ein Künstler fertig war, applaudierten die Zuhörer mit dem Schnipsen aus der Titelmelodie der Addams Family . Inmitten dieses prätentiösen Gewabers saßen wir drei.
Nadine hatte erzählt, dass jede Veranstaltung ein anderes Thema hatte, von einer Session des Plattenlabels Def Jam bis zu Edgar Allan Poes besten Werken. Heute Abend ging es um die Beatnik-Ära. Dabei musste ich an einen Pariser Jazz club denken, damals, a ls Visionäre über Philosophie diskutierten und mit dem Leben experimentierten. Ihrem Andenken zu Ehren trug ich ein enges, blau-weiß gestreiftes Shirt, eine schwarze Baskenmütze und einen Schal. Caleb war ganz in Schwarz mit Sonnenbrille gekommen, und Nadine sah aus, als sei sie bei Cabaret rausgeflogen, einschließlich der Melone.
Ein großer Mann in einem bunten afrikanischen Gewand betrat die Bühne. »Der Wind fließt … durch mich hindurch … deine Lippen rufen … mich. Ich spüre die Befreiung, die Summierung und die freudige Er…wartung.« Dann erfüllten Bongotrommelklänge den überfüllten Saal.
»Ogottogott.« Ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte fallen. »Warum, Nadine? Warum?«
Nadine tätschelte mir den Kopf. »Entspann dich. Ich bin gleich dran, dann können wir gehen.«
Caleb massierte seine Schläfen. »Ich versteh das nicht. Warum reden alle Dichter wie William Shatner?«
»Das ist … der Flow.« Nadine machte eine schlängelnde Bewegung mit ihrer Hand.
Ich äffte die Bewegung nach. »Das ist … zurückgeblieben.«
Eine dicke Frau mit Meckifrisur ergriff das Mikro. »Er … die Geißel von Meer … und Land. Er, bekannt als Mensch … hält die Welt in der Hand. Seine Macht ist Gift für alle, die aus seinem Becher trinken. Ungeheuer! Die Menschen werden brennen im See … aus Feuer. Tod dem Schinder … und dem Sünder gegen Mutter Erde. Vielen Dank.« Sie verbeugte sich, und die Zuhörer schnipsten.
»Und da fragt sie sich, warum sie keinen Freund hat.« Ich schüttelte mitleidig den Kopf.
Während die Frau die Bühne verließ, kündigte der Moderator Nadines Auftritt an.
Nadine schob sich unter frenetischem Fingerschnippen und Pfeifen durch die Menge. Caleb und ich reckten die Daumen hoch und feuerten sie an. Vor allem wollten wir hier schnell wieder raus.
Als sie die Bühne erreichte, faltete sie ihr Gedicht auseinander und räusperte sich. »Zeit … der menschengemachte Apparat, der verhindert, dass alles gleichzeitig geschieht. Der Mensch will den umstrittenen Ingenieur übertrumpfen, der Tag und Nacht trennte. Zeit … die symbolische Vorrichtung, die wir zerpflücken und dann wegwerfen, wenn ihre Geheimnisse gelüftet sind, weil … weil wir es können. Weil … weil es kein ›gut genug‹ gibt. Es kann immer verbessert werden, weil … der Mensch Gottes Rohfassung bearbeiten will. Die Besessenheit von der Zeit ist eine irdische Eigenschaft. Die despotische Herrschaft der Momente. Aber wenn alles gleichzeitig geschähe, gäbe es niemals Langeweile, oder? Vielen Dank.« Nadine verbeugte sich und verließ die Bühne.
Ich schnippte dreimal in die Luft und drehte mich zu Caleb. »Na, wenigstens reimt es sich nicht.«
»Sie braucht echt einen Hund oder so«, fügte er hinzu.
Als Nadine unseren Tisch erreichte, fragte sie: »Und, hat es euch gefallen?«
»Äh, na ja, nein.« Ich stand auf und griff nach meiner Tasche.
»Sam!«, schimpfte Caleb.
»Tut mir leid, Nadine. Ich bin nicht so tiefsinnig. Das ist einfach so an mir vorbeigerauscht. Außerdem ist es egal, was ich sage. Sieh dich um. Die fanden es toll.«
Nadine ließ den Blick über die Zuschauer schweifen, die ihr stehend Beifall zollten. Sie verbeugte sich und sah mich an. »Sam, mir ist es aber wichtig, was du denkst.«
»Das sollte es wirklich nicht. Ich bin weder kreativ noch emotional stabil.« Ich machte eine Kopfbewegung in Richtung Caleb, um meine Aussage zu unterstreichen. »Na, egal, können wir jetzt gehen?«
Nadine schob die Unterlippe vor. »Ja, klar.«
Caleb stand auf. »Super, wir treffen uns vor der Tür. Ich gehe noch kurz aufs Klo.«
Nadine und ich stellten uns schweigend gut zwei Meter voneinander entfernt mit verschränkten Armen vor den Eingang und sahen in entgegengesetzte Richtungen. Nadine war immer noch sauer, aber ich bemühte mich eben stets, nicht zu lügen, wenn ich nicht musste.
»Es tut mir leid, Nadine«, sagte
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