Camorrista
was ansehen.«
Er springt auf der anderen Seite herunter (na also), und ich (das wusste ich) kann nur das Gleiche tun.
Zur Hölle mit meinem ersten Auftrag, mit ihm, mit der Drecksstadt, die ihn bis hierher gespuckt hat, und all dem Abschaum, der darin planscht.
Ich kann es auf Padre Jacopo schieben, ich kann sagen, dass ich dachte, der Besitz wäre eingefriedet. Aber sie werden mir sagen, dass ich eben vorher hätte nachschauen müssen.
Ich folge dem Weg, der wieder ansteigt, hangle mich an Büschen und Zweigen nach oben, doch ich sehe ihn nicht mehr, höre nicht mal mehr seine Schritte. Wer sagt mir, dass er überhaupt hierher gegangen ist? Man kann keinen bewachen, der eigentlich im Gefängnis sein sollte, man kann keinen überwachen, der kooperiert, aber sein Leben nicht ändern will. Das kann man nicht. Das hat keinen Sinn (warum ausgerechnet ich?). Reja und all den anderen möchte ich das sagen. Meine Lungen füllen sich mit Luft, und mein Kopf füllt sich mit Rechtfertigungen (sinnlos, wenn der kleine Bastard abhaut, reißen sie mir den Arsch auf).
Auf einem Weg mit spitzen Steinen fange ich an zu laufen. Die Erde ist trocken, die Atemnot und der Staub kratzen mir im Hals.
Ich finde Cocíss auf einem offenen Platz wieder, er kauert im Gras wie ein Pilzsucher. Ich erspare es mir, ihm zu sagen, dass er mich jetzt ernsthaft wütend gemacht hat, dass ich alles in den Bericht schreiben werde. Es ist ihm sowieso egal, und ich bin noch zu sehr außer Atem.
»Es war jemand hier«, sagt er. Seine Sonnenbrille hat er auf die Stirn geschoben. Mit seinen glänzenden, geröteten Wangen erinnert sein Gesicht an das mancher abgehalfterter Schauspieler, die verzweifelt ihre Falten glätten, um noch jung zu erscheinen. Mit dem Unterschied, dass er jung ist.
»Die haben da sogar gepisst, riech mal.«
Ich merke es, als ich wieder durch die Nase atmen kann. Mir fällt der Spanner ein, den Morano und ich ausgerechnet in der Nacht, als Cocíss angekommen ist, entdeckt haben. In Luftlinie sind die Weinreben nicht weit weg. Von hier aus sehe ich auch ein hellgraues Stück der Provinzstraße. Eine Stelle, von der aus man einen Panoramablick hat, vielleicht gar nichts für Spanner. Und um uns herum sind keine freien Plätze, die man mit dem Auto erreichen könnte. Schwer vorstellbar, dass sich Pärchen nach hier oben zurückziehen.
Über uns der runde Gipfel der Anhöhe, kahl und trocken, vielleicht hat es dort kürzlich gebrannt. Cocíss steht auf, tritt ins Gras, und eine Dose springt heraus. Nicht weit davon entdecke ich eine zusammengeknüllte Zigarettenschachtel und ein Taschentuch. Auf einem weißen Stein fallen zwei Kippen und Asche ins Auge.
»Ich habe sie gestern gesehen, als ich auf dem Dach war.«
»Wen?«
»Sie waren zu zweit. Sie hatten Ferngläser.«
»Ja und?«
»Sie haben Ausschau gehalten.«
»Man sieht, dass ihnen das Panorama gefallen hat. Und du, was hast du auf dem Dach gemacht?«
»Die Satellitenschüssel justiert.«
»Was?«
»Ich habe sie gedreht, um den türkischen Kanal zu finden, wo sie die Fußballspiele übertragen.«
»Die Fußballspiele? Aber Fußball interessiert dich doch nicht.«
»Die Transe will die Spiele sehen. Hat mich um den Gefallen gebeten.«
(Na bravo.) Cocíss steht auf und nickt träge.
»Die haben mich gesucht. Schreib das in deinem Bericht.«
»Was ich schreibe, geht dich nichts an.«
»Was soll das heißen? Müsst ihr mich jetzt beschützen oder nicht?«
»Hier bist du sicher, wenn du dich an die Regeln hältst.«
»Du nervst mich total mit deinen Regeln.«
Er knirscht mit den Zähnen, und in seinen Augen sehe ich eine ganze Nacht, in der er sich mit seiner Angst herumgeschlagen hat ( ein ausgesprochen asozialer Charakter mit paranoiden Zügen ).
»Zunächst einmal: Du durftest nicht aufs Dach steigen.«
»Was soll das jetzt? Siehst du dieses Zeug hier oder nicht? Jemand ist bis hierhergekommen. Sie wissen, wo ich bin!«
»Niemand weiß, wo du bist.«
»Sie sind hergekommen! Die wollen mich umbringen. Ich will mit dem Dottore reden.«
»Du hast schon mit ihm geredet.«
»Ich will noch mal mit ihm reden. Ich sollte euch anderen nicht vertrauen. Scheißdrecksbullen .«
Er schiebt die Brille wieder runter und geht mir voran, abwärts, mit langsamen Schritten, die Hände in den Taschen.
»Ihr haltet mich da fest zwischen den Nutten, den Negern und den Irren«, beschuldigt er mich, »und wartet, dass sie mich umbringen, verdammte Scheiße.«
Er macht
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