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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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gleich bei meinem ersten Auftrag niemand Geringeren als den Hauptkommissar Paolo D’Intrò kennengelernt, den Chefermittler der Operation Antigone. Zweiundsechzig Festnahmen in einer Nacht unter den Clans Scurante und Incantalupo, ich weiß nicht mehr, wie viele Kilo beschlagnahmtes Heroin, das Viertel 167 bis zum Morgengrauen belagert, der Supermarkt der Drogen durch eine Blitzaktion geschlossen. Wenigstens für ein paar Tage.
    Zweiundsechzig Festnahmen, darunter Daniele Mastronero, genannt Cocíss, der Typ, um den ich mich kümmern
muss. Sie haben sich zu dritt aufgemacht, um mir seine Ankunft anzukündigen und mir zu erzählen, was für eine Bestie er ist. Und ich wollte Nein sagen, Entschuldigung, aber das schaffe ich nicht. So einer, für mich? Ich bin gerade mit dem Lehrgang fertig, und bis vor einem halben Jahr war ich bei der Verkehrspolizei. Was soll das denn? Das ist doch verrückt.
    Das Auto fährt zwischen den Reihen der Rebstöcke entlang. Man könnte meinen, dass an einem Ort wie diesem nie irgendwas passiert. Weit gefehlt.
    Viertel vor sechs. Was mache ich noch hier? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich mich lieber zwischen den Wirbelsäulen aus Kalk und den polierten Lackschaukästen einschließen lassen möchte, als meinen ersten Auftrag anzugehen. Scheiße, muss das denn ausgerechnet mir passieren?
    Ich betrachte den kleinen rekonstruierten Dinosaurier, sein Skelett im Lauf für immer festgehalten. Ich beuge mich vor, um noch einmal zu lesen, was auf dem Schild steht. Nur so, um mich abzulenken.
    Eoraptor . Das heißt Jäger der Morgenröte. Ich lese, dass mit ihm die Dinosaurier auftreten, denn in einem gewissen Sinn ist er eine Art Prototyp. Sein Gebiss ist zum Teil noch das eines Pflanzenfressers. Ein kleines, schnelles, primitives Tier, erschienen und ausgestorben in der Oberen Trias. Das heißt: vor ungefähr 230 Millionen Jahren.
    Ich lasse das Halbdunkel, die Stoßzähne und den Staub hinter mir. Schließe die Tür des Raums, und der Jäger der Morgenröte rennt wieder durchs Dunkel (warum nur hat die Natur immer wieder das Bedürfnis, neue Jäger zu schaffen?).
    Vor 230 Millionen Jahren.
    Ich gehe die Treppe hinunter. Was ist da schon eine Woche.
     
    Ich gehöre zu den Jägern des Abendrots.
    Davon existieren verschiedene Subspezies: junge Berufstätige, Karrierefrauen, Singles, Geschiedene und kinderlose
Paare. Wir ziehen erst nach sieben Uhr abends im Supermarkt unsere Kreise. Wir bevorzugen Einkaufswagen. Wir kommen an die Kasse, wenn der Parkplatz sich schon geleert hat.
    Wir kommen an die Kasse, und unser Handy klingelt. Immer.
    Es ist meine Mutter, und sie legt sofort los. Mein Vater schließt sich jetzt jedes Mal, wenn das Telefon klingelt oder es an der Tür läutet, in den Keller ein. Er hat Angst vor nicht näher bezeichneten Gläubigern. Er sieht ein Dutzend Mal am Vormittag im Briefkasten nach, weil er zu Protest gegangene Wechsel oder bedrohliche Anwaltspost erwartet. Den Nachmittag dagegen verbringt er mit der Kontrolle von Kontoauszügen und Belegen jeder Anschaffung der letzten fünf Jahre, die, nach Monaten abgeheftet, aufs Sorgfältigste in einer Schublade verwahrt werden. Er ist davon überzeugt, dass die Bank ihm Geld abgenommen hat, was nicht stimmt (jedenfalls nicht in dem Maße , wie er es behauptet). Meine Mutter wollte alles wegwerfen, doch er hat die Schublade rausgezogen und sich damit in der Abstellkammer eingeschlossen. Dort drinnen ist er eine Stunde geblieben.
    Sie sagt, dass sie noch vor ihm im Irrenhaus landet.
    Ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll, auch weil sich die Kassiererin inzwischen mit meiner EC-Karte herumschlägt. Zahlung nicht möglich . Wieso denn das?
    Im Hintergrund höre ich meinen Vater schreien. So, wie es klingt, kapiere ich, dass er wirklich im Keller ist. »Du bist eine Lügnerin! Warum erzählen Frauen bloß all diese Lügen?«
    Die Leute in der Schlange an der Kasse sehen mich inzwischen alle böse an. Die Jäger des Abendrots sind keine geduldige Spezies.
    Das Gehalt müssten sie mir schon überwiesen haben. Doch jeden Monat machen sie das gleiche Spielchen mit der Wertstellung.
    »Dann nehmen wir die Kreditkarte, entschuldigen Sie.«
    Ich stopfe die Sachen irgendwie kreuz und quer in die Tüte
und sage zu meiner Mutter ganz unschuldig, dass Papa mit den Banken nicht so ganz unrecht hat.
     
    »… Daniele Mastronero fand sich seit mehr als einem Monat fast täglich vor der Schule ein und bot sich an, Loredana Chiarella mit

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