Caroline
alles nur ein Zufall«, sagte ich.
»Und ich würde Ihnen raten, es dabei zu belassen«, erwiderte er.
»Wie bitte?«
»Ich würde keinen Moment zögern, rechtliche Schritte gegen Sie zu unternehmen, falls Sie den guten Namen meiner Klientin in Misskredit bringen oder ihre Integrität als Autorin öffentlich anzweifeln.«
Das ließ ich mir kurz auf der Zunge zergehen. »Haben Sie das schriftlich vorliegen?«, fragte ich. »Oder formulieren Sie solche Sätze aus dem Stegreif?«
Er hatte ein dickes Fell. »Ich will Sie nur warnen!«
»Was Sie in der aktuellen Situation mit dem guten Namen ihrer Autorin meinen, ist mir zwar ein Rätsel, aber wenn ich Sie wäre, würde ich mich wirklich einmal mit ihr unterhalten. Richten Sie ihr ruhig aus, dass auch meine Geduld ihre Grenzen hat.«
15
In Baarn fiel Schneeregen, sodass ich hin und wieder die Scheibenwischer einschalten musste, um die weiße Villa beobachten zu können. Um elf Uhr hielten einige Autos auf dem nassen Kies direkt vor dem Seiteneingang. Es hatte ein Eilverfahren gegeben und ich vermutete, dass es sich um den Staatsanwalt, Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft und vielleicht auch einige Kriminalbeamte handelte. Heute war die Tür des Mirabel Verlags geschlossen und die Leute mussten klingeln. Ich sah nicht, wer öffnete. Die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft trugen zusammengefaltete Kartons hinein. Eine halbe Stunde später wurden die Kartons auseinander gefaltet und mit beschlagnahmtem Material hinausgetragen und in einen Lieferwagen geladen, der als Erster losfuhr. Es waren nicht viele Kartons; ich ging davon aus, dass sich der größte Teil der Auflage von Traum eines Mädchens in der Druckerei und im Zentrallager befand.
Über der Villa hing eine bedrückte Atmosphäre, doch vielleicht lag das auch nur an dem widerlichen Wetter. Durch den Haupteingang zu den übrigen Geschäftsräumen herrschte das übliche Kommen und Gehen und um halb zwölf traf ein Übertragungswagen mit einem Fernsehteam ein, das Aufnahmen von der verregneten Villa machte und versuchte zur Seitentür hineinzukommen. Die Kamera war auf die Tür gerichtet, als jemand vom Verlag sie öffnete und fünf Sekunden später wieder schloss. Das Fernsehteam zog ab.
Um zwölf Uhr kamen nach und nach die Mitarbeiter der anderen Firmen heraus. Die Kripo war immer noch bei Mirabel, als ich die leicht gebeugte Gestalt von Gerard Vreemoed in einem Regenmantel aus der Seitentür herauskommen sah, gefolgt von Katrien van Dop, die einen roten Regenschirm aufspannte. Bei ihren Autos wurden sie von Kollegen aus den anderen Büros angesprochen. Vreemoed wimmelte alle ab und verschwand rasch in einem dunklen Renault, doch Katrien wechselte ein paar Worte mit einem jungen Mann indonesischer Abstammung, bevor sie in einen kleinen Peugeot stieg.
Ich startete den BMW und folgte ihr. Sie durchquerte das Zentrum von Baarn, parkte vor einer Reihe von Geschäften und rannte ohne Regenschirm in einen Albert-Heijn-Supermarkt hinein. Ich fand einen Parkplatz und wartete. Eine Viertelstunde später kam sie mit einer Einkaufstasche wieder aus dem Laden heraus. Ich spannte meinen Regenschirm auf und fing sie ab, als sie ihr Auto erreichte.
»Tag, Katrien.«
Sie blieb überrascht stehen und sagte dann: »Ach, der Fotograf.«
Ich hielt ihr meinen Schirm über den Kopf. »Ich muss dich einen Augenblick sprechen. Außerdem habe ich etwas gutzumachen. Hast du Zeit, mit mir zu Mittag zu essen?«
»Nein, tut mir Leid.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss zu meinem Sohn. Normalerweise betreut ihn die Nachbarin über Mittag, aber die ist heute nicht da. Falls es um Hetty Larue geht, kann ich dir sowieso nicht weiterhelfen.« Sie lachte leise. »Wir dürfen nicht mit Medienvertretern reden, sonst droht uns die Entlassung. Per ordre de mufti, Klausman.« Hinter den Regentropfen auf ihren Brillengläsern funkelten ihre Augen irgendwie ein wenig schadenfroh.
»Fünf Minuten?«
Sie schaute auf die Uhr, öffnete die Autotür und stellte ihre Einkäufe auf den Rücksitz. »Aber ich verrate nichts.«
»Es geht auch um etwas anderes.«
Wir rannten unter die schützenden Vordächer der Geschäfte. Ich schüttelte meinen Schirm aus und klappte ihn zu. Katrien nahm ihre beschlagene Brille ab und zog ihr Taschentuch heraus. Ein wenig kurzsichtig schaute sie den Umschlag mit Fotos an, die Nel hatte machen lassen.
»Die hattest du noch gut.« Ich zog den kleinen Stapel halb aus dem Umschlag, sodass sie sehen
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